Gemeinderatsprotokolle seit 2002
Jahr: 2025
/ Ausgabe: 2025_01_23_gr_protokoll.pdf
- S.31
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stehen wir immer noch vor dieser großen
Aufgabe, das zu bewältigen.
Die Zahl der Wohnungslosen ist in Tirol
bzw. in Innsbruck weiter angestiegen. Medienberichten zufolge müssen mehr als
50 Menschen in Innsbruck dauerhaft im
Freien übernachten -, egal ob im Sommer
oder im Winter bei Minusgraden, Schnee
und Eis.
Es gibt noch eine weitere Entwicklung. Allerdings droht die Politik diese zu verschlafen. Medien haben nämlich auch über berufstätige Wohnungslose berichtet, die sich
nicht nur in Wohnungsloseneinrichtungen
aufhalten, sondern es machen manche von
ihnen auch eine stille Besetzung bei der Rosenberger Raststätte in Ampass. Das heißt,
diese Menschen müssen sich illegal eine
Unterkunft beschaffen, weil sie in Innsbruck,
trotz Berufstätigkeit, kein leistbares Dach
über dem Kopf finden.
Deshalb unsere Warnung. Wir dürfen nicht
in italienische oder spanische Verhältnisse
abrutschen, bei denen Familien oder Personen mit recht akzeptablem Einkommen
Leerstand illegal besetzen müssen, weil sie
sich am Markt keine Wohnung mehr leisten
können. Wir müssen jetzt sofort handeln! Es
besteht dringender Handlungsbedarf!
Wir begrüßen die Unterzeichnung für die Erklärung der Rechte von obdachlosen Menschen und hoffen, dass es nicht wieder nur
ein Lippenbekenntnis ist. Die Wohnungslosigkeit muss endlich angegangen werden!
Ich finde den Aufbau dieser Homeless Bill of
Rights sehr gelungen, weil damit die wichtigsten Aspekte der Wohnungslosigkeit hervorgehoben werden und wir damit quasi
eine To-Do-Liste haben, was wir noch alles
umsetzen müssen.
Mir ist beim Durchlesen gleich aufgefallen,
dass die Stadt Innsbruck bei sechs von elf
Artikeln einen dringenden Handlungsbedarf
hat. Die haben wir noch nicht umgesetzt!
Ich gehe sie jetzt einmal von oben nach unten durch:
Erstens, das Recht auf Wohnen: Dazu haben meine VorrednerInnen bereits sehr gut
ausgeführt. Es gibt weder ein Recht auf
Wohnen für uns noch für wohnungslose
Menschen und daran muss unbedingt gearbeitet werden. Wohnen muss leistbarer und
GR-Sitzung 23.01.2025
der Zugang zu Notunterkünften angemessener werden. Wie vorhin erwähnt, gibt es ja
mindestens 50 Personen, von denen man
weiß, dass sie ständig und dauerhaft im
Freien leben und nächtigen müssen.
Der Artikel 3 besagt, dass Menschen das
Recht haben, den öffentlichen Raum zu nutzen und sich frei darin zu bewegen. Nun,
Innsbruck ist eine Stadt der Verbote. Ich
kenne jetzt nicht genau den aktuellen Stand
der Alkohol- bzw. anderer Verbotszonen.
Eine Alkoholverbotszone ist jedenfalls ein
Ort, an dem sich Menschen - die eine
Suchtproblematik haben und vielleicht wohnungslos sind - nicht aufhalten und frei bewegen können.
Wir müssen dieses Thema angehen, und
zwar nicht nur für die Personengruppe wohnungsloser Menschen, sondern auch für
uns - als Gesellschaft. Ich möchte nämlich
nicht in einer Stadt wohnen, in der alles verboten ist. Das betrifft auch das Nächtigungsverbot in der Innenstadt.
Unter diesem Verbot versteht man nämlich,
dass es Menschen untersagt ist, in der Innen- oder Altstadt zu nächtigen. Vielleicht
sollte man sich einmal die Frage stellen,
warum dieser Personenkreis denn gerade
an sehr belebten Orten schläft? Gründe dafür sind, dass es ihnen Sicherheit gibt und
sie dadurch in der Gesellschaft sind. Wir haben alle das dringende menschliche Bedürfnis nach sozialer Nähe und Gesellschaft.
Das gilt auch für diese Personengruppe! Sie
wollen genauso Teil der Gesellschaft sein.
Lassen wir sie deshalb auch bitte in die
Mitte unserer Gesellschaft zurückkommen.
Der Artikel 6 betrifft das Recht auf grundlegende sanitäre Einrichtungen. Es gibt in der
Stadt Innsbruck nach wie vor zu wenige
kostenlose öffentliche Toiletten. Da müssen
wir unbedingt aufholen. Es gibt bereits wirklich gute Konzepte, wie man solche Einrichtungen recht kostengünstig der Bevölkerung
von Innsbruck zur Verfügung stellen kann.
Auch beim Recht auf Privatsphäre gibt es
Aufholbedarf. Derzeit bestehen kaum Einzelzimmer in den Wohnungsloseneinrichtungen. Ich habe eine Zeitlang ein Praktikum im Alexihaus gemacht und auch nachher noch ein wenig dort gearbeitet und weiß
daher, wie entwürdigend es für Erwachsene
sein kann, wenn man sich zu viert ein Zim-