Gemeinderatsprotokolle seit 2002
Jahr: 2020
/ Ausgabe: 03-Protokoll-30-04-2020_fertig.pdf
- S.23
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Vor einigen Tagen wurde im Österreichischen Rundfunk (ORF) der Virologe Prof.
Dr. Drosten im Interview von Armin Wolf gefragt, was man nun im Rückblick auf die
Coronakrise sagen kann. Der Experte hat
richtigerweise festgestellt, dass wir von
einem Rückblick noch weit entfernt sind. Es
gibt noch keinen Rückblick!
Ich würde sagen, wir können die ersten sieben Wochen als eine Zeit sehen, die bei
Kindern, der älteren Generation, bei ArbeitnehmerInnen, aber besonders auch bei den
Unternehmen etwas nie zuvor Gewesenes
bewirkt haben.
Ich bin gelernte Volkwirtin. Als solche beschäftigen wir uns in der Theorie viel mit der
Finanzkrise, mit der Frage, wann eine Inflation kommt oder was die Rahmenbedingungen für eine Deflation sind. Aber dass es
eine Vollbremsung der Wirtschaft durch
eine nicht sichtbare Krankheit gibt, also
keine durch Krieg, bei dem es Bombenschäden gibt, damit hat man wohl kaum gerechnet. Es ist eine Vollbremsung, deren
Rahmen eine Regierung festlegt, um in
einer gesellschaftlichen Verantwortung Leben zu schützen.
Dafür möchte ich mich ganz herzlich bedanken, wie es einige meiner VorrednerInnen
auch schon getan haben. Ich glaube, die
österreichische Bundesregierung hat, auch
aufgrund der internationalen Kontakte, die
vom Bundeskanzler sehr gut genutzt wurden, klare und scharfe Maßnahmen gesetzt.
Es wurde nicht laviert, sondern es wurden
klare Schritte gut und einfach kommuniziert
und so den Menschen das Gefühl von Sicherheit gegeben. Es sind Einschnitte, die
jede/n Einzelne/n betreffen, von den Kindern, die nicht mehr in die Schule gehen
können, bis hin zu den alten Menschen, die
keine Besuche mehr bekommen. Diese Einschnitte sind für das Lösen einer gemeinschaftlichen, großen Aufgabe richtig. Wie
wir um uns herum sehen, ist das nicht in allen Ländern passiert.
Ich denke, wir haben auch hier vor Ort die
scharfen Maßnahmen erlebt - das geht vom
Bund über das Land bis in die Stadt - und
man muss sagen, dass sie uns dazu gebracht haben, mit den anstehenden Lockerungen umgehen zu können. Vor dem Hin-
GR-Sitzung 30.04.2020
tergrund, wie viele Menschen gesundheitlich betroffen sind, steht die Stadt Innsbruck, Gott sei Dank, exzellent da.
Es ist ein großes Glück, aber nicht selbstverständlich. Wenn man daran denkt - viele
von uns sind ja öfter in Oberitalien -, dass
die Situation nur drei Autostunden entfernt
in einem Desaster geendet hat, weil man
dort noch nicht wusste, wie man mit Corona
umgeht, dann glaube ich, dass der Beitrag
jeder/jedes Einzelnen, so hart er auch ist,
ein gut angelegter Beitrag ist.
Mir ist besonders das Thema Wirtschaft
wichtig, das bereits angesprochen wurde.
Mich verwundert teilweise, dass in der Diskussion gefordert wird - die FPÖ voran -,
dass alles gelockert, aufgehoben wird und
jede/r wieder alles tun darf. Ich glaube, das
ist nicht der richtige Weg. Wir befinden uns
nicht im Rückblick, wir sind mitten in der
Krise.
Wenn es um eine Lockerung von Maßnahmen geht, dann ist mir wichtig, dass der Fokus darauf liegt, dass die Wirtschaft gestützt
wird und man mit den Unternehmen, mit
den kleinen Betrieben, mit den ArbeitnehmerInnen wieder vorankommt. Dieser Bereich darf nicht vergessen werden.
Es hatte da einmal ein tolles Motto des Landes Tirol gegeben, das geheißen hat: Im
Zweifel für die Wirtschaft. Ja, ich glaube,
dass wir bei den Öffnungen und Lockerungen nicht primär auf die Freizeit schauen
sollten, sondern im Zweifel die Lockerungen
in die Richtung voranbringen, dass der Wirtschaftsstandort Innsbruck, der Wirtschaftsstandort Tirol und Österreich gestützt wird.
Bei dem großen Schaden, den es in Bezug
auf Arbeitslosigkeit, Umsatzeinbrüche etc.
gegeben hat, müssen wir schauen, dass wir
die Wirtschaft sicher in die Zukunft bringen.
Wir können sie nicht durch zu frühe Lockerungen im Freizeitbereich, so fein und wichtig es für Einzelne ist, gefährden. Eine
zweite Welle wäre auch wirtschaftlich um
ein Vielfaches schlimmer. Das wurde gestern auch von Wirtschaftskammer (WKO)
und Handel gesagt.
Ich möchte mich nicht nur bei allen, die in
dieser Zeit als ArbeitnehmerInnen gearbeitet haben, bedanken, sondern auch bei jenen, die in den Betrieben, in den Geschäf-