Gemeinderatsprotokolle seit 2002
Jahr: 2015
/ Ausgabe: 03-Protokoll_19.03.2015_gsw.pdf
- S.103
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schwer hörbehinderter Menschen durchgeführt werden kann. Eine Inklusion in den
Schulen ist nur vorstellbar, wenn alle Personen in ihrem Umfeld die Gebärdensprache äquivalent zur gesprochenen Sprache
verwenden. Das heißt, LehrerInnen, aber
auch die hörenden MitschülerInnen, müssen die Gebärdensprache beherrschen.
Erst dann kann man von Inklusion sprechen.
Um das Leben der gehörlosen Menschen
zu erleichtern, müssen Maßnahmen gesetzt
werden, die Gebärdensprache im Unterricht
zu verwenden. Die bimodale-bilinguale Unterrichtsform in Schulen ist ein erster Schritt
zur vollen Teilhabe der betroffenen SchülerInnen am Unterrichtsgeschehen.
Allgemein sollte jedes gehörlose und hörgeschädigte Kind frühestmöglich bimodalebilinguale Kommunikationsförderung genießen, um einerseits Laut- und Gebärdensprache gleichwertig erlernen bzw. erwerben zu können und andererseits seine Identität zu festigen. Durch bilingualen Spracherwerb werden die Lesekompetenz gesteigert und das Erlernen der Schriftsprache
um ein Vielfaches erleichtert. (United Nations {UN} - Behindertenrechtskonvention,
Artikel 24, Abs. 3, lit. b)
Eine unabdingbare Prämisse der Gehörlosenorganisationen ist die Neustrukturierung
der bisher bestehenden Schulsysteme, in
deren Lehrplänen die Gebärdensprache
keine oder nur unzureichend Erwähnung
findet. In Zukunft soll in entsprechenden
Lehrplänen die Gebärdensprache für gehörlose Personen als verpflichtende Unterrichtssprache eingetragen sein. Weiters sollen geeignete Maßnahmen getroffen werden, die die Einstellung von Lehrkräften,
einschließlich solcher mit Behinderung, die
in Gebärdensprache ausgebildet sind, sicherstellen. (UN- BRK, Artikel 24, Abs. 4)
Als Beispiel ist die Marktgemeinde Rum zu
nennen, die zur Unterstützung von gehörlosen und schwer hörgeschädigten SchülerInnen im Unterricht eine Stelle für eine
Lehrperson, die die Gebärdensprache beherrscht, bereits ausgeschrieben hat.
Unter bimodal-bilingualer Mehrsprachigkeit
versteht man ein mehrsprachiges Aufwachsen in zwei Modalitäten, nämlich Laut- und
Gebärdensprache. Bilingual bezieht sich
dabei auf die Tatsache, dass die Kinder
GR-Sitzung 19.03.2015
zwei Sprachen erwerben und bimodal steht
für das Lernen von zwei Sprachen, von denen eine visuell-räumlich wahrgenommen
wird und die andere aural-oral bzw. in
schriftlicher Form.
Der Gemeinderat möge beschließen:
Im Interesse einer umfassenden, funktionierenden Inklusion mögen Frau Bürgermeisterin sowie Schulreferent StR Pechlaner und
Bgm.-Stellv. Kaufmann die Voraussetzungen dafür schaffen, gehörlose und schwer
hörgeschädigte Kinder sowohl im Kindergarten als auch in der Pflichtschule durch
geeignete Betreuungs- bzw. Lehrpersonen,
die die Gebärdensprache beherrschen, zu
unterrichten und zu fördern. Hinzu ist vorerst jeweils in einem Kindergarten und einer
Pflichtschule in Zusammenarbeit mit dem
Landesverband der Gehörslosenvereine
und Sign Tirol ein Modellprojekt zu entwickeln.
Dieser Antrag resultiert aus folgenden Forderungen des Landesverbands der Gehörlosenvereine mit Verweis auf die bereits im
Jahr 2008 in Kraft getretenen UN Konvention zu den Rechten von Menschen mit Behinderungen, Artikel 24 - Bildung:
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Gleiche Bildungschancen und gleiche
sprachliche Rechte für gehörlose und
hörbehinderte Menschen.
-
Förderung der Gehörlosenkultur und
Gebärdensprache in den Schulen.
-
Aufbau eines bimodalen-bilingualen
pädagogischen Förderzentrums für gehörlose und hörgeschädigte Menschen.
Die Finanzierung möge für das Jahr 2015
aus dem allgemeinen Schulbudget erfolgen.
Für das Jahr 2016 ist im Budget Vorsorge
zu treffen.
DIin Sprenger, eigenhändig