Gemeinderatsprotokolle seit 2002
Jahr: 2013
/ Ausgabe: 09-Juli-geschwaerzt.pdf
- S.30
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fundierte Ausbildung für die Betreuung Jugendlicher waren kein Thema.
Allerdings war Hermann Pepeunig nicht der
einzige ehemals hohe NS-Funktionär, der
im öffentlichen Dienst Karriere gemacht hat.
Er war auch nicht der Einzige, der nicht verschweigen musste, was er in der Vergangenheit getan hatte.
Was bis heute ebenfalls nicht öffentlich
thematisiert wurde, sind Hermann Pepeunigs Verurteilungen wegen Körperverletzung, begangen an zwei ihm anvertrauten
Jugendlichen. Im Juni 1956 verurteilte ihn
das Bezirksgericht Innsbruck wegen schwerer Körperverletzung bedingt zu einem Monat Arrest. Im Jänner 1965 verurteilte ihn
dasselbe Gericht wegen leichter Körperverletzung zu einer Geldstrafe. In beiden Fällen
war die Personalabteilung des Landes Tirol
darüber informiert. In einem Aktenvermerk
hielt sie fest, dass von einer Kündigung keine Rede sein könne. Gewaltakte und die
"g"sunde Watsch"n" waren gesellschaftlich
breit anerkannte Erziehungsmaßnahmen.
Sowohl seine NS-Vergangenheit als auch
seine Verurteilungen durften der Stadt Innsbruck bekannt gewesen sein, als diese entschied, Hermann Pepeunig das Ehrenzeichen der Stadt Innsbruck zu verleihen. Allerdings waren zu Beginn der 1980er Jahre
nicht wenige ehemalige NationalsozialistInnen an einflussreichen Stellen in Politik und
Verwaltung tätig. Als Geschäftsführer des
"Aufbauwerks der Jugend" war Hermann
Pepeunig die Schaffung einer geachteten
und bürgerlichen Existenz gelungen. Dank
der Vorstandsmitglieder im "Aufbauwerk", in
ihrer Mehrheit Mitglieder der Tiroler Landesregierung und Angestellte des Landes Tirol,
sowie seiner internationalen Kontakte war
er bestens vernetzt und beschützt.
Hermann Pepeunig starb hochgeachtet und
geehrt im Oktober 1990.
Bgm.in Mag.a Oppitz-Plörer: Vielen Dank.
Für Fragen, Bewertungen und Einschätzungen stehen uns nun die drei ExpertInnen
zur Verfügung.
GR Mag. Abwerzger: Mag.a Dr.in Pitscheider, Sie haben die Sozialisation Hermann
Pepeunigs angesprochen, wie sie bis 1945
erfolgte. Gibt es Hinweise, dass er nach
Kriegsende seine nationalsozialistische Gesinnung weitergeführt hat? Mich würde auch
GR-Sitzung 11.7.2013
noch interessieren, ob es Anhaltspunkte
gibt, dass er an Kriegsverbrechen beteiligt
war. Waren Ihre Ausführungen in dieser
Hinsicht vollständig? Sie haben zwei strafbare Handlungen aufgezählt, die Vergehen
an Jugendlichen betreffen. Gibt es weitere
konkrete Hinweise, dass Hermann Pepeunig Gewalt gegenüber Jugendlichen eingesetzt hat?
Mag.a Dr.in Pitscheider: Das Thema
Kriegsverbrechen ist ein weites Feld. Das
Kriegsverbrechergesetz nennt verschiedenste Delikte. Die Bundespolizeidirektion ermittelte gegen Hermann Pepeunig
nicht nur wegen Hochverrats, sondern auch
wegen des Verdachts von Kriegsverbrechen. Das betraf vor allem die beiden aktenkundigen Fälle mit den Hitlerjungen. Eine
Auseinandersetzung mit den höheren Chargen der NationalsozialistInnen konnte in der
damaligen Zeit das Leben negativ beeinflussen.
Soweit wir das wissen, dürfte Hermann
Pepeunig ab 1945 nach außen hin keine
nationalsozialistische Gesinnung getragen
haben. Schriftliche Beweise oder Dokumente dafür dürfte es nach unserer Einschätzung nicht geben. Die zwei strafrechtlichen
Verurteilungen wegen Körperverletzung
sind deshalb aktenkundig, weil beide Jugendliche im Krankenhaus behandelt werden mussten. So wurde automatisch Strafanzeige erstattet.
Ob es darüber hinaus noch weitere Misshandlungen von Jugendlichen gegeben hat,
die nicht aktenkundig wurden, weil sie eben
nicht ärztlich behandelt werden mussten,
dafür haben wir nur ganz wenige Hinweise
erhalten. Vielleicht kann das im weiteren
Verlauf der Studie noch erhellt werden.
Univ.-Doz. Mag. Dr. Schreiber: Hinsichtlich
des Themas Gewalt nach 1945 möchte ich
noch Folgendes ergänzen: Sie müssen sich
vorstellen, dass schon einiges passieren
musste in der damaligen Zeit, damit eine
gewalttätige Handlung gegenüber einer
oder einem Jugendlichen aktenkundig wurde. Damals gab es eine viel größere Toleranz betreffend Gewalt an Kindern, nicht zu
vergleichen mit heutigen Standards.
Dass zwei Fälle gerichtsanhängig wurden,
bedeutet, dass Hermann Pepeunig schon
gehörig hingelangt haben muss, auch nach
dem Jahr 1945.