Gemeinderatsprotokolle seit 2002
Jahr: 2013
/ Ausgabe: 09-Juli-geschwaerzt.pdf
- S.39
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befürchten müssen, dass 20 Jahre nach
ihrem Tod hier im Gemeinderat über sie
gerichtet wird. Das sage ich nur als Beispiel,
ohne jede Wertung. Ich bin weder Ankläger
noch Verteidiger.
GRin Dr.in Pokorny-Reitter: Ich habe jetzt
den Eindruck, dass die Diskussion verwässert. Es wird so getan, als ob man alles aufrühren müsste. Dadurch wird fast schon
wieder die Legitimation gefunden, in den
gravierenden Fällen nicht so klare Schritte
zu setzen. Das kann es nicht sein.
GR Kritzinger meint, es solle nicht zur Regel
werden, auf die Menschen zu zeigen, die
eine berufliche Anstellung von gewissen
Personen veranlasst und dafür gesorgt haben, dass sie eine Auszeichnung erhielten.
Man muss aber schon mitbedenken, dass
es zum damaligen Zeitpunkt bereits klar
war, dass Hermann Pepeunig zwei Mal
strafrechtlich wegen Körperverletzung verurteilt worden war. Das war bekannt. Man
darf sich fragen, warum das dann damals
so gemacht wurde bzw. warum der Gemeinderat das so beschlossen hat. Im
Rückblick ist es schon erlaubt zu sagen,
dass das ein Fehler war.
GR Kritzinger, ich hoffe und gehe davon
aus, dass es für unseren Gemeinderat zur
Regel wird, laut und deutlich gegen Gewalt
und Missbrauch an jungen Menschen aufzutreten. Dass dieser Gemeinderat auch in
Zukunft aufdecken wird, sich entschuldigt
und Maßnahmen für eine Wiedergutmachung, soweit dies möglich ist, ergreift, das,
hoffe ich, wird zur Regel werden!
GR Kritzinger: Zur tatsächlichen Berichtigung! Ich muss mich jetzt melden, wenn
man mir das Wort im Mund verdreht. Ich will
sagen, dass es nicht zur Regel werden soll,
Ehrenzeichen, die ein gewisses Gremium
verleiht, ohne ExpertInnenkommission abzuerkennen.
Bgm.-Stellv.in Mag.a Pitscheider: Ein Gemeinderat, welcher Gemeinde auch immer,
so auch der der Stadt Innsbruck, wird es
sich bei Aberkennungen nie leicht machen
und immer Expertisen hinzuziehen.
StR Gruber: Wir sollten anknüpfend an
GRin Dr.in Pokorny-Reitter darauf schauen,
die Diskussion nicht zu verwässern. Das ist
eine zu ernste Angelegenheit. Ich bitte auch
GR-Sitzung 11.7.2013
darum, nicht zu versuchen, ideologisches
oder politisches Kleingeld zu verdienen.
GRin Mag.a Schwarzl, ich will überhaupt
nicht relativieren. Ganz im Gegenteil. Die
zwei Fälle liegen am Tisch, sie sind klar.
Wenn eine Relativierung stattfindet, dann in
dem Sinn, dass ich mich nicht als Richter
sehe. StR Mag. Fritz hat es richtig gesagt:
Auch für mich ist das kollektive schuldhafte
Verhalten aus einem System heraus, das
vor 20 bis 30 Jahren etabliert war, nicht
nachvollziehbar.
Ich möchte aber die einzelnen Personen
nicht im Kollektiv verurteilen. Ich weiß nicht,
ob die Gründe dafür ausschlaggebend waren, die Du genannt hast - das damalige
Geschichtsbewusstsein bzw. die Geschichtsverdrängung. Ich weiß auch nicht,
ob alle Bescheid gewusst haben oder wie
man die Sachlage interpretiert hat. Aus der
heutigen Sicht kann ich das nicht mehr
nachvollziehen.
Etwas Interessantes hat StR Mag. Fritz vorhin gesagt, was auch mich wundert: Bei den
EntscheidungsträgerInnen damals waren
gerade aus dem christdemokratischen Lager, also meiner Partei, viele dabei, die
nicht mit den NationalsozialistInnen ausgekommen sind, unter ihnen gelitten haben
und sogar ins Konzentrationslager (KZ) geschickt wurden - wegen ihres Glaubens und
ihrer Überzeugung. Das waren im Übrigen
auch die Gründerväter der Republik Österreich, die aus schwierigen, persönlichen
Erlebnissen heraus dann mit ihren PeinigerInnen kooperiert haben. Das ist für mich
nicht nachvollziehbar.
Ich möchte überhaupt nicht relativieren,
ganz im Gegenteil. Aber ich bitte auch darum, dass die anderen jetzt nicht mit dem
Relativieren beginnen, sondern alles, was
hier gesagt wurde, ernst nehmen.
GR Kritzinger hat erklärt, wie er seine Aussage gemeint hat. Die Sache ist zu ernst,
als dass man versuchen sollte, historische
Zusammenhänge herauszulösen und vom
Kern abzuweichen. Es geht heute um eine
wissenschaftliche Arbeit über zwei Personen, die in der Jugendarbeit versagt haben
und die Menschenwürde unterminiert haben.
Ich bitte darum, dass die weitere Diskussion, sollte es sie geben, in diesem Geist ge-