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Jahr: 2015

/ Ausgabe: 10-Protokoll_05.11.2015.pdf

- S.21

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- 668 -

Die Europäische Union (EU) hat zwei Gesetzgeber. Der eine ist der Rat. Wer ist
das? Das sind die Regierungen der Mitgliedstaaten. Der andere ist das Europäische Parlament, die Bürgerinnen- bzw. Bürgerkammer. Europapolitik ist daher Innenpolitik und keine Außenpolitik. Wir sind Teil
und daher mitverantwortlich. Jede/r sagt,
dass der bzw. die andere schuld ist. Wenn
jemand sagt, dass sie bzw. er nicht mitverantwortlich ist, sagt diese/r nicht die Wahrheit.
Jede Forderung an die Gemeinschaft muss
zur Aktion von uns in der Gemeinschaft führen. Jede/r von uns hat sicher genügend
Beispiele, wo die Forderungen an jemanden
anders lauten als die Taten. Das ist schade.
In einem Brief, den ich bekommen habe,
wird der Präsident des Europäischen Parlaments an dem Tag zitiert, an dem er den
Internationalen Karlspreis zu Aachen bekommen hat.
"Hört damit auf, alle Misserfolge und ungelösten Probleme Brüssel in die Schuhe zu
schieben, die Erfolge aber auf die nationale,
regionale, lokale Fahne zu schreiben."
Das stimmt. Für mich gibt es einen anderen
Satz: Aber dafür tragen wir die Verantwortung. Die/der eine mehr oder die/der weniger. Wie gehen wir miteinander und mit der
Europäischen Union (EU) um? 60 % - fast
eine 2/3-Mehrheit - der nationalen Gesetze
haben einen europapolitischen Rahmen. Ich
meine, dass 100 % der Gesetzgebung einen europapolitischen Rahmen hat. Gesetze, die den Grundfreiheiten der Europäischen Union (EU) widersprechen, richten
sich gegen unsere Verfassung.
Gesetze, die diskriminieren, widersprechen
unserer Verfassung. Das Diskriminierungsverbot sowie die Freizügigkeit des Waren-,
Personen- und Kapitalverkehrs sind europäische Grundwerte. Die europäische Verfassung hat nationalen Verfassungsrang. Die
Bürgerinnen bzw. Bürger können nicht nur
zum Verfassungsgerichtshof (VfGH), sondern auch zum Europäischen Gerichtshof
(EuGH) gehen. Menschenrechte sind bei
uns politische Grundrechte, die ineinander
greifen, sind daher verwoben.
Ich bin immer dafür, dass man nicht übereinander, sondern miteinander spricht. Wir
sollten nicht Schuld zuweisen, sondern uns
GR-Sitzung 05.11.2015

mitverantwortlich fühlen. Wir sollten uns
nicht am Problem, sondern an der gemeinsamen Lösung profilieren. Nicht der Egoismus und der Nationalismus sind zu huldigen, sondern der Solidarität und der Rücksichtnahme aufeinander sind das Wort zu
reden.
Es gibt einen sehr schönen Satz, der glaube
ich, für jede/n von uns gilt. In der Gründungserklärung der Europäischen Union
(EU) hat Robert Schumann Folgendes gesagt: Die Europäische Union (EU) entsteht
nicht mit einem Schlag. Sie ist nicht einfach
eine Zusammenfassung, sondern sie wird
durch Ereignisse entstehen, die eine Tat der
Solidarität schaffen.
Solche Ereignisse, die eine Tat der Solidarität schaffen, werden mehr. Die Staatsschuldenkrise, die größte Wirtschafts- und Finanzkrise seit 100 Jahren, die Währungsunion haben seit dem Jahr 2008 nach Taten
der Solidarität geschrien, denn sonst hätten
wir sie nicht bewältigt.
Die Flüchtlingsfrage schreit nach Taten der
Solidarität. Was ist damit gemeint? Das
gemeinsame Handeln der Mitgliedsstaaten.
Gestern war ich in New York und morgen
bin ich in Rom beim World Food Programm
und zwischendurch wäre ich, wenn ich nicht
hier stehen würde, in Brüssel. Unsere Ausschüsse tagen von Montag bis Donnerstag.
Jede Woche von 08:00 Uhr früh bis Mitternacht. Wir müssen die unterschiedlichen Interessen und Ideologien zu einer gemeinsamen Mehrheit zusammenfügen. In Europa hat niemand eine Mehrheit, keine Partei,
kein Staat und keine Person. Jede/r muss
sich um seine Mehrheit bemühen, dies quer
durch die Fraktionen und Nationen. Das
heißt, man muss einander kennenlernen
wollen, um aufeinander zugehen zu können
und miteinander Mehrheiten bewältigen zu
können.
Das ist ein wenig anders als in den Mitgliedstaaten, wo wir in Regierung und Opposition viel mehr eingeteilt sind als auf der
europäischen Ebene. Natürlich ist das Problem vor Ort das wichtigste. Trotzdem lösen
wir manche Probleme leichter, wenn wir einen Überblick haben.
Wussten Sie, dass weltweit 59,5 Mio. Menschen auf der Flucht sind? Davon sind
38,2 Mio. in ihrem eigenen Land auf der
Flucht. 21,3 Mio. Flüchtlinge bzw. Asylwer-