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Jahr: 2015

/ Ausgabe: 10-Protokoll_05.11.2015.pdf

- S.23

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- 670 -

gewesen ist, eine/n Abgeordnete/n des Europäischen Parlaments für einen Vortrag zu
gewinnen. Wir haben nun auch noch die
Gelegenheit, kritische Fragen oder Lob loszuwerden.
(MEP Mag. Karas, M.B.L.-HSG: Bleiben wir
bei den Fragen.)
Einige Mitglieder des Innsbrucker Gemeinderates hatten die Möglichkeit, das EUParlament zu besuchen. Mir sind dabei zwei
Dinge aufgefallen, mit denen ich überhaupt
nicht einverstanden war. Wobei Ihre Ausführungen heute vieles klargestellt haben
und uns ermahnen, die Kritik nicht immer
nur gegen Wien oder Brüssel zu wenden,
sondern auch an uns selbst zu üben. Kritische Fragen müssen aber zulässig sein.
Mein Verständnis der EU impliziert, dass sie
sich laufend weiterentwickelt.
Zwei kritische Bemerkungen möchte ich nun
loswerden. Der freie Warenverkehr ist eine
der Grundfesten der EU. Ich sehe dieses
Thema nicht so positiv, weil der freie Warenverkehr meistens zu Lasten der Menschen geht. Als Stichwort sage ich nur fahrende Lager, Umweltschutz usw. Das Zweite betrifft einen Punkt, der mir in Brüssel
besonders aufgefallen ist. Die Wirtschaftslobby ist dort sehr stark vertreten und nimmt
extremen Einfluss. Das ist meine Einschätzung. Die EU ist nach wie vor eine Wirtschaftsunion und bewegt sich sehr, sehr
schleppend und langsam hin in Richtung einer sozialen Union.
Diese zwei Punkte wollte ich als Negativa
erwähnen.
StR Gruber: Ein persönliches Wort sei mir
als Erstes erlaubt. Ich kenne Othmar natürlich schon seit Jahren und schätze seine
Arbeit sehr. Das tun wir im Übrigen alle.
MEP Mag. Karas, M.B.L.-HSG, Du hast in
Deiner Rede darauf hingewiesen, dass wir
alle zusammen die Europäische Union (EU)
bilden. In Deiner Rede ging es um das
"Sein" der regionalen und nationalen Parlamente. Darf ich Dir die zwei Wörter zeigen, die auf den Seitenwänden unseres
Plenarsaales angebracht sind? Hier sind die
Personalformen "Ist" und "Sind" als Kunstwerk verankert. In Deinem Vortrag hast Du
darauf hingewiesen, dass das gemeinschaftliche "Sein" nicht nur für die Kommu-

GR-Sitzung 05.11.2015

nen, sondern letztlich für alle Ebenen der
Politik gilt.
Du hast gut erklärt, warum die Europäische
Union nicht nur unverzichtbar ist, sondern
auch eine Zukunft hat. Dazu möchte ich drei
oder vier - vielleicht saloppe - Gedanken
vorbringen. Ich möchte noch dazusagen,
dass hier in unserem Hohen Haus sogar die
Abgeordneten der Freiheitlichen Partei Österreichs (FPÖ), die sonst ja sehr kritisch
sind, Europa manchmal durchaus positiv
sehen.
Wir schimpfen oft lieber auf das Land Tirol
oder den Bund, bevor wir Europa kritisieren!
In der Stadt Innsbruck gibt es also einen europäischen Geist. Das hat sicher mit der
Genetik zu tun, denn die Stadt Innsbruck
war eine der ersten, die sich das Attribut
Europastadt gegeben hat - und das schon
bald nach dem Zweiten Weltkrieg. Auch
hängt das mit den zwei Olympischen Spielen zusammen, die wir austragen durften
und die viele Akzente in Richtung europäische Integration gesetzt haben.
Als Zweites möchte ich betonen - Frau Bürgermeisterin hat es schon angesprochen -,
wie großartig es ist, dass wir heute den
Reigen mit Besuchen einiger Abgeordneter
zum Europäischen Parlament starten konnten. Ich sage es allen BürgerInnen immer
wieder und kann es jeder/m nur empfehlen:
Fahrt einmal nach Brüssel oder nach Straßburg! Europa lebt! Das ist nicht einfach nur
eine virtuelle Angelegenheit, die abstrakt
über den Bildschirm flimmert.
Wir waren letztes Jahr im Rahmen des Österreichischen Städtebundes dort. Da hat
man gelebte Demokratie und Parlamentarismus wahrnehmen können - mehr als in
manchen nationalen Parlamenten. Und zudem in viel seriöserer Art und Weise.
Vor Jahren, als ich junger Parteisekretär
war, durfte ich unseren Tiroler Landeshauptmann begleiten. Der damalige Generalsekretär der North Atlantik Treaty Organization (NATO), Wesley Clark, KBE, war
zu Besuch. Auf die kritische Frage, wann
Europa nun endlich zusammenwachse, hat
er gesagt: "You are funny guys! Wir AmerikanerInnen versuchen seit über 200 Jahren
zusammenzuwachsen und haben es immer
noch nicht geschafft."