Gemeinderatsprotokolle seit 2002
Jahr: 2011
/ Ausgabe: 2011_05-Maerz-Sonder.pdf
- S.11
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eine Stadt, die als erste Landeshauptstadt
in der Geschichte Österreichs eine Bürgermeisterin hatte, jetzt zum zweiten Mal
eine Bürgermeisterin und eine Mehrheit
von Frauen im Stadtsenat hat, ihre
Gesetze immer noch wie folgt formulieren
muss:
"Der Bürgermeister, der Bürgermeister …
und ganz verschämt im letzten Absatz
"aber es darf schon auch die weibliche
Form verwendet werden, wenn es eine
Frau ist."
Das finde ich nicht nur holprig, sondern
schlimm, aber das wurde uns erklärt.
Ich habe einmal den Vorschlag unterbreitet, überall Bürgermeisterin und im letzten
Absatz "es darf auch die männliche Form
verwendet werden", zu schreiben.
Der Magistratsdirektor hat mich darauf
hingewiesen, dass so etwas die Landeslegistik nie genehmigen würde. Es ist der
Standard der österreichischen Legistik,
dass in einem Gesetz überall die männliche Form, aber am Ende der verschämte
Absatz "die Titel dürfen in weiblicher Form
verwendet werden, falls es zufällig
bedauerlicherweise eine Frau ist, die
dieses Amt ausübt" steht. Das ist derzeit
noch der Stand der österreichischen
Legistik, den wir halt schlucken müssen.
Es soll uns mit dem Stadtrecht der Landeshauptstadt Innsbruck (IStR) nie etwas
Schlimmeres passieren, als dass die
Gendergerechtigkeit leider in den letzten
Absatz des Gesetzes verbannt worden ist
und sich nicht durchzieht. Ein kleiner
Missstand soll jedoch ein großes Vergnügen nicht trüben, denn das werden wir
überleben.
Zu den Kosten sage ich ganz trocken:
Kostenschätzungen umfassen immer
einen Bereich von - bis. Wir könnten jetzt
schon theoretisch neun anstatt sieben
Stadtsenatsmitglieder haben. Kein
Mensch weiß, wie viel Amtsführende
StadträtInnen in der nächsten Legislaturperiode im Stadtsenat vertreten bzw. ob
sie hauptberuflich tätig sein werden. Das
wird man alles sehen und daraus kann
man derzeit keine genauen Kosten
ableiten.
Sonder-GR-Sitzung 18.3.2011
Die Ausstattung von Klubs des Gemeinderates und auch der Arbeitsmöglichkeiten
der einzelnen MandatarInnen mit einem
Minimum an digitaler Technik, welche die
Arbeit erleichtert, sind kein Luxus. Sowohl
bei den Gehältern der PolitikerInnen als
auch bei den Ausstattungen der Klubs,
liegt Innsbruck im Vergleich zu anderen
Städten im unteren Mittelfeld. Luxuriös
ausgestattet und luxuriös bezahlt sind wir
nicht. Demokratie darf und soll uns auch
etwas kosten, denn keine Demokratie
würde uns viel mehr kosten. Danke!
(Beifall)
Bgm.-Stellv. Gruber: Es wurde heute der
Satz "nahezu historisch" schon geprägt.
GR Mag. Fritz hat ganz charmant den
Bogen vom römischen Recht bis zur
derzeitigen Gender-Logistik, die sicherlich
veränderungswürdig ist, gespannt. Deshalb möchte ich, bevor ich zum inhaltlichen komme, auf eine historische Komponente eingehen.
Als ich ein junger Parteisekretär war, habe
ich aus einem Cafehausgespräch mit AltStR Dr. Steidl mitgenommen, dass sich
schon Generationen vor uns darum
bemüht haben, ein neues Stadtrecht
einzuführen. Nicht unbedingt immer im
Geiste dessen, dass es eine direkte
Demokratie und eine Stärkung der
BürgerInnen-Beteiligung geben muss vielleicht auch nicht im Geiste, dass es
eine BürgermeisterIn-Direktwahl geben
soll. Dies aber doch in dem Glauben, dass
eine Stadtverfassung, die in ihrem Prinzip
sehr hierarchisch gegliedert ist, in Richtung mehr Demokratie im Gremium
aufgeweicht bzw. aufgeweitert werden
muss. Ich glaube, dass wir mit dem
Entwurf, welcher heute zur Abstimmung
vorliegt, noch viel mehr erreicht haben.
Einen Dank möchte ich aussprechen. Die
Entscheidung über die Einführung der
BürgermeisterIn-Direktwahl und Novellierung des Stadtrechtes der Landeshauptstadt Innsbruck (IStR) ist nicht nur in der
letzten und vorletzten Legislaturperiode
immer wieder in Koalitionsübereinkommen
niedergeschrieben worden, sondern vor
allem im Koalitionsübereinkommen 2006
zwischen der Liste "Für Innsbruck", SPÖ
und ÖVP. Dort ist gestanden, dass wir uns
in Richtung modernes, demokratisches