Gemeinderatsprotokolle seit 2002
Jahr: 2012
/ Ausgabe: 2012_02-Feber.pdf
- S.63
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alte Menschen, die in ihren Wohnungen
bleiben möchten.
(GRin Dr.in Waibel: Ich spreche doch nicht
nur von SeniorInnen.)
Es war eines Deiner Argumente, das Du
genannt hast. Darauf antworte ich jetzt.
Nach einer Scheidung sind die meisten
bereits zwischen 50 und 60 Jahre alt. Das
sind vielleicht noch keine SeniorInnen, jedoch auch Menschen, die in dieser Wohnung gewohnt und ihre Kinder groß gezogen haben.
Im Übrigen ist die Mobilität im Alter zwischen 50 und 60 Jahren, wenn die eigenen Kinder ausgezogen sind, von einer
großen in eine kleine Wohnung zu ziehen
wesentlich höher als bei SeniorInnen. Diese wollen in der Wohnung bleiben, bis sie
in ein SeniorInnenwohnheim gehen müssen. Vorher wollen sie nicht mehr umziehen.
Es melden sich bei uns viele Menschen,
die in eine kleinere Wohnung umziehen
möchten. Das Problem ist, dass sie dann
unter Umständen eine teurere, jedoch
kleinere Wohnung erhalten. Das ist der
§ 45 Mietrechtsgesetz (MRG). Wir können
das Mietrechtsgesetz (MRG) leider nicht
ändern. Mir wäre es völlig Recht, wenn wir
das könnten. Ich denke, dass das über
unsere Kompetenzen weit hinausgeht.
Auch der ehemalige Bundeskanzler
Dr. Kreisky hat das nicht geschafft.
Im Jahre 1994 wurde der Richtwertmietzins eingeführt, der tatsächlich zu einer
wesentlichen Verteuerung der Mieten geführt hat. Ich habe nichts dagegen, wenn
wir uns zusammensetzen, um zu überlegen, welche Maßnahmen wir wählen können.
Im Wohnungsgemeinnützigkeitgesetz
(WGG) gibt es zum Beispiel die Möglichkeit eines befristeten Mietvertrages ohne
Abschlag. Im Mietrechtsgesetz (MRG) gibt
es das nicht. Eine Befristung dort bedeutet
25 % Mietzinsabschlag und damit eine
wesentlich niedrigere Miete. Allerdings tun
wir uns als SPÖ auch schwer, dem/der
MieterIn nach zehn Jahren zu sagen, dass
er/sie ausziehen müssten. In der Regel ist
das noch in einer Familienphase, wo die
Menschen die Wohnung noch benötigen.
Es würden die Existenzen zerstört, wenn
GR-Sitzung 23.2.2012
sie ausziehen müssen. Es würde nicht das
Wohlgefallen der meisten Mitglieder im
Gemeinderat finden.
Ich nehme an, dass sich alle mit Zahlen
auf die Wahlauseinandersetzung vorbereiten. Die Einkommen in der Stadt Innsbruck wachsen in zehn Jahren schon lange nicht mehr so, dass man sagen kann,
dass es steigende Löhne und niedrige
Preise gibt. Es ist einfach nicht so und die
Einkommen stehen mit den Preisen - vor
allem am Wohnungsmarkt - in keiner Relation mehr.
Die durchschnittlichen Einkommen der
Personen, welche bei uns für eine Wohnung vorgemerkt sind, sind in der Regel
knapp über der Armutsgrenze. Das muss
man sich auf der Zunge zergehen lassen.
Seht Euch bitte die Zahlen vom Statistischen Zentralamt an. Eine teilzeitbeschäftigte Alleinerzieherin verdient in Innsbruck
durchschnittlich € 1.000,-- und ein Vollzeitbeschäftigter € 1.800,-- (inklusive Sonderzahlungen). Das sind nicht die großen
VerdienerInnen. Zu meinen, man könnte
den großen Wurf machen, indem man
schaut, welche Reichen noch in den Wohnungen wohnen, spielt die Realität nicht
mehr. Der Verwaltungsaufwand wäre riesengroß, wenn man das überprüfen würde.
Wir können uns das gerne noch einmal mit
Zahlen ansehen. Ich glaube jedoch nicht,
dass das etwas bringt, denn es stimmt mit
der Lebensrealität, die es seit Jahren in
der Stadt Innsbruck gibt, nicht mehr überein - niedrige Löhne - hohe Kosten - hohe
Mieten. Das wird sich in den nächsten
Jahren bei diesen Immobilienpreisen nicht
ändern. (Beifall)
GR Haller: StRin Dr.in Pokorny-Reitter, ich
kann dem sehr viel abgewinnen, was Du
sagst. Es stimmt, man kann sich die Mieten nicht mehr leisten. Im Gemeinderat
sind wir "scheinheilig wie ein Einser". Wir
beschließen leider keine Gesetze, doch
wir fahren mit den Baumassendichten so
weit wie möglich herunter, mit den Erschließungsräumen so weit wie möglich
hinauf und fordern Lifte usw. Die Wohnungen dürfen dann nichts kosten. Das wird
sich nicht ausgehen und wir werden eine
Lösung finden müssen.