Gemeinderatsprotokolle seit 2002
Jahr: 2020
/ Ausgabe: 2020-12-10-GR-Protokoll.pdf
- S.83
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jedem/jeder unbenommen ist, das Gutachten A oder B für schlüssiger zu halten, sind
es Meinungen, die im Raum stehen. Auf der
Grundlage einer Meinung, dass die Rechtsmeinung von Professor A schlüssiger ist als
jene von Professor B, einer Bürgermeisterstellvertreterin einen Rechtsbruch zu unterstellen, ist eigentlich in einem demokratischen Rechtsstaat eine Verleumdung. Gerade wenn darüber nicht in Form der Meinung gesprochen wird, sondern in Form der
Tatsachenfeststellung, dass sie das Recht
gebrochen hat. (Beifall)
Ich komme zur Delegationsvereinbarung.
Man muss sich schon etwas an die Vorgeschichte und den Sinn dahinter erinnern! Es
wurde dazu heute schon zweimal zitiert.
Man wollte kleinere Dinge aus dem mühsamen Aktenlauf heraushalten und dem Gemeinderat die großen Grundsatzentscheidungen vorbehalten. Das ist in dieser Frage
ja auch passiert.
Seit wir die Delegationsvereinbarung haben,
hat der Gemeinderat kleinere Verordnungen, temporäre Verkehrsumleitungen, Verkehrsregelungen anlässlich von Straßenfesten oder Ähnliches dem Bürgermeister als
zuständigen Verordnungsgeber überlassen,
um die Verwaltung zu entlasten. Und damit
kann sich die Politik auf Grundsätzliches
konzentrieren.
Das ist der eigentliche Hintergrund. Man
kann unterschiedlicher Meinung sein, ob die
temporäre Verordnung einer Begegnungszone anlässlich der Europäischen Mobilitätswoche, nämlich für genau drei Wochen
mit Vor- und Nachlauf, vom Gemeinderat im
Jahr 2012 mitgemeint war. Darüber kann
man sich legitimerweise streiten!
Aber die Meinung von em.O.Univ.-Prof.
Dr. Weber, die Delegationsvereinbarung sei
als ein dynamischer Verweis zu sehen, die
ist genauso berechtigt, wie die Meinung von
em.o.Univ.-Prof. DDr. Mayer. Übrigens, sein
Lehrbuch über Verfassungsrecht steht auch
in meinem Bücherschrank. Ich schätze ihn
sehr. Ich weiß aber auch, dass er innerhalb
der Zunft der österreichischen VerfassungsrechtlerInnen in der Frage der Zulässigkeit
von dynamischen Verweisen in Gesetzestexten eine sehr harte Position hat.
Es gibt KollegInnen, die das viel lockerer
und weiter auslegen. Gerade die StVO, wie
wir alle wissen, wird ein- bis zweimal pro
GR-Sitzung 10.12.2020
Jahr novelliert. Ich glaube, die Absicht des
Gemeinderates war es, kleine Entscheidungen dem Amt und dem Bürgermeister als
Verordnungsgeber zu überlassen und selbst
über die großen Themen zu entscheiden.
Im Zusammenspiel dieser beiden Faktoren,
glaube ich, lässt sich die dynamische Sichtweise des Gutachtens von em.O.Univ.-Prof.
Dr. Weber durchaus rechtfertigen. Ich akzeptiere, dass jemand anderer Meinung ist.
Aber aus der anderen Meinung zu schließen, die Bürgermeisterstellvertreterin habe
wissentlich, vorsätzlich, mit dem Ziel des
Ausschaltens des Gemeinderates das
Recht gebrochen, das ist ein sehr weiter
Weg, den ich nicht bereit bin, mitzugehen.
(Beifall)
Herr Bürgermeister hat schon Recht, wir
hätten in Zeiten einer Gesundheitskrise,
einer Pandemie, in Zeiten der größten Wirtschaftskrise und übrigens auch in Zeiten der
Klimakrise, Dringenderes zu tun, als über
die Zulässigkeit der Verordnung einer dreiwöchigen Begegnungszone zu streiten, die
im Nachhinein vom Gemeinderat mit großer
Mehrheit als dauerhafte Zone verordnet
wurde.
Der Verweis auf die Verhältnismäßigkeit hat
jetzt nichts damit zu tun, wie es GR Lassenberger angesprochen hat, dass die Coronaverordnungen vorsehen würden, dass die
Opposition nicht mehr Opposition sein darf.
Nein, es liegt mir fern, so etwas auch nur
anzudenken. Die Opposition darf und soll
Oppositionsarbeit machen, soviel sie kann
und so viel sie will. Das ist eine wichtige
Aufgabe in der Demokratie.
Der Appell des Herrn Bürgermeisters es unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit zwischen großen Krisen und kleinen, eigentlich nichtigen Aufregungen zu sehen,
der richtet sich ja gar nicht an die Opposition. Die darf Opposition sein, so viel sie will
und so viel sie kann. Herr Bürgermeister
richtete sich damit ja an die Mehrheit dieses
Hauses, an die KollegInnen der Regierungskoalition.
Das ist auch mein Anliegen. Nochmals, wir
haben keinen festgestellten Rechtsbruch,
wir haben ein Gutachten das eine begründete Rechtsmeinung vertritt und wir haben
eine andere Rechtsmeinung, die unsere
Ämter vertreten haben und die von