Gemeinderatsprotokolle seit 2002
Jahr: 2022
/ Ausgabe: 2022-12-15-GR-Protokoll_.pdf
- S.49
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dem Kopf gegen die Wand zu donnern und
zu hoffen, dass die Wand sich irgendwann
den unverzeihlichen Fehler eingesteht, da
zu stehen, wo sie eben steht. Das Einzige,
das bei einem solchen Vorgehen herauskommt, ist eine veritable Gehirnerschütterung.
Die besagte Wand wird nicht beeindruckt
sein, wenn eine gewisse Person danach beleidigt ist und verkündet, dass sie das alles
nicht mehr interessiert. Damit alle wissen,
wovon ich rede, löse ich die Metapher auf.
Der demokratisch gewählte Gemeinderat
der Landeshauptstadt Innsbruck ist keine
lästige Wand, die irgendjemandem im Weg
steht. Er ist das einzige legitime Gremium,
das über Angelegenheiten wie z. B. eine
Kulturstrategie zu entscheiden hat. Deshalb
ist es hilfreich, wenn man bis 40 zählen
kann.
Ich habe mir bereits früher als Kulturjournalistin eine Haltung angewöhnt, die ich als
Politikerin im Gemeinderat noch strikter befolge. Es ist vollkommen egal, ob mich etwas persönlich interessiert, meinen Geschmack trifft oder mich anspricht. Diese
Haltung ist in dem Moment, in welchem ich
als Journalistin für ein breites Publikum
einen Bericht erstelle, wichtig. Sie ist auch
für mich als Gemeinderätin essentiell, wenn
Steuergeld für Projekte verteilt wird.
Bei solchen Entscheidungen geht es um
zwei Aspekte. Stimmen die Qualität und die
professionelle Ernsthaftigkeit des Gebotenen? Ist das Projekt über den allerengsten
Kreis derer, die es umsetzen, hinaus interessant bzw. relevant?
Als gewählte GemeinderätInnen können wir
nur Dinge beschließen, für die wir tatsächlich zuständig sind, die realistisch in unserem Budget darstellbar sind und für die wir
eine demokratische Mehrheit finden.
Wir stimmen heute weder über die Kulturstrategie von StRin Mag.a Schwarzl noch
über meine ab. Es ist ein politisch umsetzbares Destillat aus vielen Anregungen,
Wünschen und Forderungen, die im Partizipationsprozess zusammengetragen wurden.
StRin Mag.a Schwarzl hat den Prozess detailliert dargelegt. Alle Beteiligten haben sich
durch intensive Arbeit und leidenschaftliche
Diskussionen über zwei lange Jahre hinweg
GR-Sitzung 15.12.2022
mit der Thematik beschäftigt. Dafür möchte
ich allen einen riesigen Dank aussprechen!
Da ich mich in dieser Wortmeldung hauptsächlich auf die Politik fokussiere, möchte
ich vor allem meinen KollegInnen im Kulturausschuss danken. Es hat sich bei der Kulturstrategie Innsbruck 2030 gezeigt, was wir
im Ausschuss grundsätzlich pflegen. Über
Parteigrenzen hinweg wird eine ernsthafte,
konstruktive und vertrauensvolle Arbeit geleistet. Es ist mir wirklich eine Ehre und
Freude mit Euch zu arbeiten.
Ich komme wieder auf die Strategie zu sprechen. Es steckt viel Sinnvolles darin. Naturgemäß sind nicht jede einzelne Forderung
und jeder Wunsch aus dem Beteiligungsprozess darin enthalten. Ich fürchte, in der
Kommunikation wurden von einzelnen AkteurInnen fahrlässig Erwartungen geweckt,
die niemals erfüllbar waren. Ein Forderungskatalog ist etwas völlig anderes als ein
Strategiepapier. Ein Beteiligungsprozess
kann niemals dazu führen, dass sich die Politik selbst aufgibt und sich aus ihrer Entscheidungsverantwortung schleicht.
Es stimmt, wir hätten es uns leichter machen können. Wir hätten einen langen Forderungskatalog beschließen, mit salbungsvollen Worten garnieren und dann mangels
Umsetzbarkeit still und heimlich schubladisieren können. Nichts wäre einfacher gewesen. Allerdings wäre auch nichts unredlicher
gewesen. Ein solches Vorgehen wäre tatsächlich eine böse und üble Missachtung
der Arbeit, Leidenschaft und Expertise, die
viele Menschen in diesen Prozess gesteckt
haben.
Zum Abschluss erlaube ich mir eine allgemeine Bemerkung. Betrachtet man die Gesamtlage, muss man zugeben, der Legitimationsdruck auf Kunst und Kultur wächst
ständig. Als jemand, der Kunst und Kultur
als wertvoll und unabdingbar für alles, was
uns als Spezies auszeichnet, erachtet, bedauere ich das sehr.
Ich muss trotzdem etwas anmerken. Die
Anforderung, dass Menschen aus dem Kulturbereich ihre Arbeit rechtfertigen und erklären müssen, um Geld aus öffentlicher
Hand zu erhalten, ist nicht ganz unverständlich. Die öffentliche Hand muss in vielen Bereichen helfen und kommt nicht mehr hinterher. Bedürfnisse wie Wohnen, Heizen und
Pflege müssen gestillt werden.