Gemeinderatsprotokolle seit 2002
Jahr: 2014
/ Ausgabe: 02_Feber_2014_gsw.pdf
- S.11
Suchen und Blättern in über 500 PDFs und 44.000 Seiten.
Gesamter Text dieser Seite:
- 71 -
die Selbstbestimmung zu erhalten, muss die
Mitbestimmung gewährleistet sein. Dazu
könnte ich mir in der Stadt Innsbruck gut einen SeniorInnenbeirat vorstellen. Er sollte
erstens einmal weg von der parteipolitischen SeniorInnenarbeit sein. Zweitens sollte es eine sogenannte Peergroup - ein Begriff aus der Jugendkultur - geben, die z. B.
die Neuauflage des Vorsorgeplans begleiten könnte.
Abschließend möchte ich zwei Gruppen von
älteren Menschen nennen, auf die unser
wertschätzender politischer Blick nicht so
leicht und selbstverständlich fällt. Das sind
zum einen die älteren Menschen mit Behinderung. Wie sicher bekannt ist, wird jetzt
zum ersten Mal - nach der Ermordung von
Menschen mit Behinderung, legitimiert
durch die Euthanasieprogramme der NationalsozialistInnen - wieder eine Generation
von Menschen mit Behinderung alt. Das
stellt die betreuenden Einrichtungen vor
große Herausforderungen.
Zum anderen sind es die BettlerInnen, die
heute noch Thema sein werden. BettlerInnen sind oft ältere Menschen und es sind
vor allem Frauen. Sie und ihre Art des erzwungenen Lebenserwerbs sind ebenfalls
ein Teil unserer Stadtkultur. Gerade sie zeigen auf, was passiert, wenn die politische
Wertschätzung in Form des sozialen Netzes
gänzlich fehlt.
Wenn wir durch die Selbst- und Mitbestimmung der älteren Menschen also für Wertschätzung sorgen, dann verhindern wir damit nicht nur ein Ausbrennen und ein Resignieren der älteren Generation, sondern
wir verhindern auch ein Ausbrennen unserer Gesellschaft. Selbstbestimmte und souveräne alte Menschen sind das beste Vorbild für die Jugend.
GR Mag. Jahn: Auch aus Sicht der jungen
Menschen möchte ich ein paar Worte zum
Thema der SeniorInnen sagen.
Ich bin sehr froh, dass schon viel angesprochen wurde. Vor allem haben wir aktuell das
Thema, dass wir, Gott sei Dank, immer älter
werden können und dabei auch bei guter
Gesundheit bleiben. Das ist doch ein Lebensstandard, den man zu schätzen wissen
sollte.
Auf der anderen Seite ist das natürlich auch
eine Herausforderung. Wir haben das ProbGR-Sitzung 27.02.2014
lem, dass wir auf der einen Seite Menschen
haben, die älter werden und dann nicht
mehr wirklich am Gesellschaftsleben teilnehmen. Auf der anderen Seite haben wir
junge Menschen, die heute weniger Halt,
weniger Familienzusammenhang haben.
Die Vorstellung und der Zugang zu dem,
was sie in und aus ihrem Leben machen
könnten, was sie erreichen könnten, wird
dadurch schwieriger. Das ist eine sehr
spannende Materie, die meines Erachtens
jedes Jahr wichtiger wird.
Es hat bereits vor eineinhalb oder zwei Jahren ein Projekt der Europäische Union (EU)
zu diesem Thema gegeben. Der Titel war
"Integration älterer Menschen in die Gesellschaft durch Familientraditionen". Ich hatte
die Möglichkeit, daran teilzunehmen. Wir
haben uns mit VertreterInnen von Ländern
wie der Türkei, Portugal, Frankreich etc.
zum Thema ausgetauscht. Die Frage war,
wie man es schaffen kann, die älteren Menschen stärker in die Gesellschaft zu integrieren.
Ich habe dazu einige Zitate gefunden, die
für mich dieses Feld so spannend aufzeigen
können. Eines davon ist von Jeanne Moreau. Sie sagt: "Alternde Menschen sind wie
Museen: Nicht auf die Fassade kommt es
an, sondern auf die Schätze im Inneren."
Auf der anderen Seite fragt George Bernard
Shaw: "Warum bekommt der Mensch die
Jugend in einem Alter, in dem er nichts davon hat?"
Daran sieht man einerseits den Schatz in
den alten Menschen. Sie wissen aber zum
Teil nicht, was sie damit anfangen können.
Ich denke, diesen Schatz könnte man gut
anzapfen. Wir haben genug junge Leute,
die irgendeine Art von Zuspruch brauchen.
Wir haben alte Menschen, die vielleicht die
Aufgabe im Leben verloren haben. Sie
müssen nicht mehr die Familie betreuen.
Sie müssen auch nicht mehr einem Job
nachgehen, der für viele den größten Stellenwert im Leben hatte. Ich glaube, dass es
da sehr viele Möglichkeiten und Projekte
gäbe, die der Stadt Innsbruck wirklich sehr
gut tun würden. Ich hoffe, dass es da auch
viel Zuspruch gibt.
Es gibt ja bereits das Projekt "Lesepaten",
das sicher vielen von Euch schon bekannt
ist. Es funktioniert heute in der Volksschule (VS) Wilten ganz gut. Ich bin selbst mit