Gemeinderatsprotokolle seit 2002
Jahr: 2013
/ Ausgabe: 09-Juli-geschwaerzt.pdf
- S.26
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1971 bekam er schon die Verdienstmedaille
des Landes Tirol und 1980 das Verdienstkreuz des Landes Tirol.
Wir haben die Erfahrungen von Betroffenen
ausgewertet. Es handelt sich um Interviews
mit rund 25 Personen, die in der "Bubenburg" waren. Daneben untersuchten wir
polizeiliche Zeugenprotokolle, klinischpsychologische Berichte und den Personalakt aus dem Archiv des Kapuzinerordens.
Mit einbezogen wurden auch die Berichte
von 86 Betroffenen, die sich bis zu den Jahren 2010/2011 beim "Seraphischen Liebeswerk (SLW)" oder der "Bubenburg" gemeldet hatten.
Nach Auswertung dieser Quellen kann man
Folgendes sagen:
Erstens gab es in der "Bubenburg" sexuelle
Gewalt. Ende der 1960er Jahre bis Ende
der 1970er Jahre arbeiteten dort zwei Alleinerzieher, deren häufige sexuelle Gewalt
gegen Kinder und Jugendliche schließlich
aufgeflogen ist. Pater Magnus Kerner
OFMCap., als Präses des "Seraphischen
Liebeswerkes (SLW)" und Leiter der "Bubenburg", hat es unterlassen, eine Anzeige
zu erstatten. Damit wurde eine strafrechtliche Verfolgung verhindert und das Jugendamt nicht eingeschaltet.
Zumindest einem der beiden Täter wurde
ein positives Arbeitszeugnis ausgestellt,
sodass er in diesem Feld der Jugendbetreuung weiter arbeiten konnte. Die Opfer
erhielten keine therapeutische Betreuung,
sondern die Angelegenheit wurde aktiv vertuscht. Größerer Wert wurde auf eine Geheimhaltung nach außen gelegt, um weiterhin ungestört Spenden lukrieren zu können.
Nach einer Reihe von Zeugenaussagen
erfolgte sexuelle Gewalt auch durch Pater
Magnus Kerner OFMCap. selbst.
Das Charakteristische der Vorgänge in der
"Bubenburg" ist das systematische Quälen,
Demütigen und Prügeln der Kinder und Jugendlichen. Es handelt sich dabei nicht um
einzelne Ausrutscher, sondern der wesentliche Punkt ist, dass dies alles jahrzehntelang mit System erfolgte. Pater Magnus
Kerner OFMCap. hat das nicht nur geduldet, sondern er war selbst einer der Aktivsten in dieser Richtung. Er muss als eine der
Hauptinstanzen der Erniedrigung bezeichnet werden.
GR-Sitzung 11.7.2013
Es gab in der "Bubenburg" ein permanentes
Klima der Angst und der Gewalt. Auch hier
ist Pater Magnus als Hauptverantwortlicher
zu bezeichnen. Sie müssen sich vorstellen,
dass die Kinder und Jugendlichen stets auf
der Hut sein mussten, auch wenn sie nichts
getan hatten. Es konnte jederzeit mit ihnen
etwas passieren, auch ohne nachvollziehbaren Grund. In den Sozialwissenschaften
spricht man bei solchen Zuständen von einem Merkmal terroristischer Gewaltherrschaften.
Viele dieser Akten, die Pater Magnus Kerner OFMCap. betreffen, waren auch angesichts der damaligen Gesetzgebung (zwischen 1949, als er die Leitung der "Bubenburg" übernommen hat, bis hin zu seinem
Tod 1990) strafrechtlich relevante Verstöße.
Die Untersuchung des Umgangs mit Patenschaftsgeldern ist nicht Aufgabe unserer
Kommission gewesen. Einige Auffälligkeiten
sind hier zu bemerken, aber das bedarf einer eigenen Abklärung. Darauf kann ich
jetzt nicht näher eingehen.
Die formale Verantwortung für diese Exzesse von Gewalt und Demütigung und deren
Vertuschung sowie für die Etablierung eines
Unrechtssystems, die hatte Pater Magnus
Kerner OFMCap. als Leiter und Vorgesetzter. Gleichzeitig war er auch persönlich involviert und ist sogar als einer der Haupttäter zu benennen.
In diesem Zusammenhang möchte ich auf
eine vor längerer Zeit erfolgte Stellungnahme des "Seraphischen Liebeswerkes (SLW)" selbst aufmerksam machen. Sie
stammt von Bruder Radoslaw Celewicz,
dem ehemaligen Provinzial der Kapuziner in
Österreich. Die Erklärung wurde zu der Zeit
abgegeben, als sich rund 90 Menschen bei
der "Bubenburg" gemeldet hatten. Der Provinzial hat öffentlich und unmissverständlich
festgestellt, dass es sich in der "Bubenburg"
nicht nur um Verfehlungen Einzelner gehandelt hat, sondern er spricht im Originalton von einem "System Bubenburg", das die
menschliche Würde verletzte und teils sogar
zerstörte. Diesem Wortlaut schließt sich
unsere Studie vollinhaltlich an.
Wenn abschließend die Frage gestellt werden soll, ob es zum Zeitpunkt der Verleihung des Sozialehrenzeichens der Stadt
Innsbruck ein Wissen über die geschilderten