Gemeinderatsprotokolle seit 2002
Jahr: 2018
/ Ausgabe: 09-Protokoll_11.10.2018.pdf
- S.27
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stellt sich auch hier die Frage, wie es weitergehen soll. Es wird überhaupt erst wahrnehmbar in wie vielerlei Hinsicht die Europäische Union (EU) zum Nutzen für die Bevölkerung in Großbritannien ist und was alles an Befürchtungen sowie negativen Entwicklungen erkennbar wird, wenn man beschließt die Europäische Union (EU) zu verlassen. Ein Austritt ist zweifelsohne möglich,
wenn dies die BürgerInnen eines Landes
wünschen.
Ich vermute, dass es in Großbritannien entweder zu Neuwahlen oder zu einem eigentlichen Referendum kommt, bei dem BürgerInnen darüber abstimmen, was das Verhandlungsergebnis ist, und nicht über die
Frage, ob man vielleicht darüber nachdenken sollte, die gemeinsame Mitgliedschaft in
der Europäischen Union (EU) in Frage zu
stellen.
Was die Engländer sehr beschäftigt, ist die
Frage, ob bei einem eventuellen Austritt aus
der Europäischen Union (EU) unter Umständen nur mehr England selbst übrigbleibt. Die IrInnen in Nordirland könnten innerhalb dieses Rahmens beschließen sich
der Republik Irland anzuschließen. Und die
SchottInnen könnten vielleicht sagen, dass
sie immer unabhängig sein wollten und mit
dem Austritt Englands hätten sie zumindest
eine sehr gute Begründung dafür. Somit
würde unter Umständen nur England per se
übrigbleiben und diese Vorstellung bereitet
den EngländerInnen großes Unbehagen.
Ich sage nicht, dass die Europäische Union
(EU) perfekt ist - sicherlich nicht - genau
gleich wie die Republik Österreich und das
Land Tirol nicht perfekt sind. Hierbei muss
man schon kritisieren dürfen. Man darf und
soll kritisieren, weil es das Wesen der Demokratie ausmacht. Es soll hinterfragt werden, ob alles optimal läuft, und somit kann
man sich weiterentwickeln. Dies ist auch in
der Europäischen Union (EU) so.
Wer tatsächlich in Frage stellt, ob es für ein
Land, das im Herzen Europas liegt, wie Österreich, klug ist, in einer gemeinsamen Europäischen Union (EU) zu verbleiben, der
soll nach Großbritannien hinüberschauen.
Das Vereinigte Königreich ist wesentlich
größer, wenn es um Industrieproduktion
geht, und es hat nach wie vor ein globales
Netzwerk - das British Commonwealth.
Trotzdem ist es selbst für ein Land wie
GR-Sitzung 11.10.2018
Großbritannien sehr schwierig die Vorteile
der Europäischen Union (EU) hinter sich zu
lassen.
Ich möchte nochmals zurück zur Agrarpolitik
kommen. Wir haben also folgende Situation
in Europa: Eine der wesentlichen Herausforderungen ist, wie wir eine landwirtschaftliche Produktion aufrechterhalten können,
bei Preisen, die so gestaltet sind, dass
Bauern und Bäuerinnen zu diesem Handelspreis nicht mehr gewinnbringend produzieren können. Das ist das Hauptproblem
der österreichischen wie auch der tirolerischen Landwirtschaft. Man kann sich die
Frage stellen, warum dies überhaupt so ist.
Wer genauer hinsieht, wird erkennen, dass
die Europäische Union (EU) die letzten 10
bis 15 Jahre eine Kehrtwendung in der Agrarpolitik gemacht und versucht hat am
Weltmarkt eine Rolle zu spielen.
Letztens habe ich eine sehr interessante
Darstellung von einer EU-Kommissarin gehört. Es ging hierbei um Produktion von
Masthühnern. In ihrer Rede hat sie gesagt,
dass die europäischen Masthühner mittlerweile einen beeinflussenden Faktor am
Weltmarkt darstellen. Das ist nicht die kleine
Produktion, wie wir sie hier kennen. Das
sind 20.000 Arbeitsplätze und es sei eine
tolle Sache. An diesem Tag war es
21:30 Uhr. Wir haben oft Parlamentsdebatten, die weit in die Nacht hineingeführt werden können.
Hierbei ist mir der Kragen ein bisschen geplatzt. Dann habe ich die Kommissarin gefragt, ob sie wirklich glaubt, dass es sinnvoll
ist, dass man gentechnisches Soja von Brasilien nach Europa importiert, obwohl dieser
Soja auf abgeholzten Urwaldflächen angebaut wurde, dieses Futter an die Hühner zu
verfüttern, um die Hühner auf dem globalen
Markt zu verkaufen. Der Ammoniak bleibt
bei uns und der Mist bleibt ebenfalls da. Die
Verseuchung des Wassers und der Luft
bleibt hier und dann werden die Hühner
nach China exportiert. Gut, wir haben keine
Exportsubvention mehr, aber mit einer subventionierten Landwirtschaft würde es
gleich funktionieren. Ich habe sie gefragt, ob
sie wirklich überzeugt davon ist, dass dieses Agrarmodell die Zukunft für Europa darstellen soll.
Hier wird eines klar. Die Lebensmittelproduktion in Europa wird mit Steuermitteln fi-