Gemeinderatsprotokolle seit 2002
Jahr: 2017
/ Ausgabe: 11_Protokoll_05.10.2017.pdf
- S.59
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Die Menschen sind aber hier und wir leben
mit ihnen. Ob obdachlos oder nicht, ich
möchte jeder/m auf Augenhöhe und mit
Respekt begegnen. Das wünsche ich mir
auch von der Stadt Innsbruck. Ein ausschließliches Verbot mit nachfolgendem
Fingerzeig auf jede/n, nur nicht auf sich
selbst, kann nicht die Lösung sein. Ich weiß
nicht, was man sich dabei denkt, das Problem einfach zu verlagern. Das darf es nicht
sein. Das ist keine progressive, zukunftsorientierte Obdachlosenpolitik.
Gerade heute hat man gesehen, dass man
recht schnell in eine missliche Lage geraten
kann. Wir haben hohe Lebenshaltungskosten und ein geringes Lohnniveau. Ich kenne
Menschen, die Vollzeit arbeiten und obdachlos sind. Hin und wieder fahre ich mit
dem VinziBus mit. Es gibt berufstätige Menschen, die auf das Essen, das hier geliefert
wird, angewiesen sind. Solche Realitäten
haben wir in der Stadt Innsbruck. Statt die
Problematik nur aus dem Blickwinkel der
Wirtschaft zu betrachten, sollte man achtsamer sein und die Menschen selbst sehen,
die in dieser Armut sind. Wir sollten trachten, sie von dieser Armutsfalle wegzubringen. Wenn sie es nicht mehr schaffen können, dann sollte man sie nicht einfach abschreiben nach markttechnischen Gesichtspunkten. Vielmehr müssen wir dann dafür
Sorge tragen, sie zu unterstützen. Dafür
haben wir im Gemeinderat Verantwortung
zu übernehmen. Das wünsche ich mir.
Bgm.-Stellv. Kaufmann: So sprach der
Saulus.
GRin Mag.a Schwarzl: Lieber Vorsitzender,
als solcher solltest Du Dich wertender Bemerkungen enthalten.
Bgm.-Stellv. Kaufmann: Ich darf auch als
Vorsitzender Zwischenrufe machen.
GRin Mag.a Schwarzl: Ich möchte noch auf
die rechtliche Situation eingehen. Vielleicht
haben es einige von Euch heute gelesen
bzw. gehört, dass der Verfassungsgerichtshof (VfGH) das Bettelverbot in der Stadt
Bludenz mit der Begründung aufgehoben
hat, es liege kein Missstand vor. Ich habe
unsere vorliegende Verordnung von einem
Juristen begutachten lassen. Er kommt zu
folgendem Schluss: Ein Missstand muss gut
und präzise untermauert werden.
GR-Sitzung 05.10.2017
Sieht man sich die erläuternden Bemerkungen zu diesem Verordnungsentwurf an,
dann erkennt man, dass er von Lücken
strotzt. Es wird automatisch von einer
durchschnittlichen Anzahl von Übernachtungen auf Missstände geschlossen. Es
müsste aber darüber hinaus konkret erhoben werden, wo es welche und wie viele
Verschmutzungen gegeben hat, wann, wo,
wie oft Reinigungsmaschinen an der Arbeit
gehindert wurden bzw. wann, wo und wie
oft Menschen beim Zugang zu Häusern behindert worden sind.
(Bgm.-Stellv. Kaufmann: Täglich!)
Das alles muss präzisiert angegeben werden, um vor dem VfGH Bestand zu haben.
Weiters kommt im Verordnungstext die interessante Passage vor, dass der Geltungsbereich auf die nördliche Maria-TheresienStraße ausgedehnt werden soll, da man
annimmt, dass durch das Verbot in der Altstadt die Obdachlosen dorthin ausweichen
werden. Es liegt da aber momentan kein
konkreter Missstand vor. Vielmehr wird erwartet, dass sich dort einer auftun werden
wird.
Ich gehe also davon aus, dass aus rechtlicher Sicht diese Verordnung vom VfGH
entsprechend seiner aktuellen Judikatur betreffend Bettelverbote - ein solches steht
uns ja laut Vereinbarung zwischen "Für
Innsbruck" (FI), Innsbrucker Volkspartei
(ÖVP), Liste Rudi Federspiel (RUDI) und
Freiheitlicher Partei Österreichs (FPÖ) - bevor -, aufhebt. GR Federspiel hat das heute
in einem Interview mit der Tiroler Tageszeitung (TT) so formuliert. Ich zitiere aus diesem Artikel:
"Seit Montag hat GR Federspiel Gespräche
mit Bgm.in Mag.a Christine Oppitz-Plörer
und StR Franz Gruber geführt."
Ich darf hier erwähnen, dass mit uns keine
Gespräche geführt worden sind, weder seit
Montag noch seit letzter Woche.
"Darin ging es auch um die Frage der Gegengeschäfte. Im Raum stehen bekanntlich
ein Alk-Verbot für die Altstadt sowie ein genereller Leinenzwang für Hunde im Bereich
der Innenstadt."
Nun folgt ein Zitat von GR Federspiel:
"Oppitz-Plörer hat mir zugesagt, dass beides
im November kommen soll."