Gemeinderatsprotokolle seit 2002
Jahr: 2008
/ Ausgabe: 12-Dezember-Budget-Teil2.pdf
- S.9
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man alles in Einrichtungen organisiert,
egal ob es die Betreuung von älteren oder
Menschen mit Behinderungen ist, dann
werden wir in absehbarer Zeit an sehr
große finanzielle Grenzen und Probleme
stoßen.
Man kann die Betreuung von alten
Menschen, die in unserer Gesellschaft im
Verhältnis zu jungen und im Arbeitsleben
stehenden Menschen immer mehr
werden, natürlich weiterhin durch ehrenamtliche Arbeit ergänzen und versuchen,
alles, was man glaubt nicht finanzieren zu
können, damit ausgleichen. Ich glaube
aber auch, dass es einen anderen Weg
gibt.
Ein Weg der heißt, dass in dieser Gesellschaft Platz für alle sein muss. Zum
Beispiel Platz für Menschen mit Behinderungen. Bgm.-Stellv. Dipl.-Ing. Sprenger
hat gesagt, dass für eine einzelne
ambulante Betreuung bis zu € 10.000,-bezahlt werden muss. Das sind wirklich
Extrembeispiele, die es sehr selten gibt.
Man bezahlt aber - das gilt für sehr viele
Menschen mit Behinderungen -, wenn
man sie in einer ganz normalen Wohngemeinschaft betreut, pro Monat € 6.000,-. Gelingt es, aber dazu muss man an
mehreren Schrauben drehen, dass dieser
Mensch nicht in einer Vollzeit begleiteten
Wohngemeinschaft, sondern zu Hause
lebt und ambulant begleitet wird, dann
kostet das in der Regel wesentlich
weniger.
Was muss man tun? Das beginnt eigentlich schon bei der Geburt, nämlich man
muss den Eltern mit auf den Weg geben,
dass es nicht nur um fördern, sondern
auch um fordern geht. Man kann auch
von Menschen mit Behinderungen viel an
Eigenständigkeit und Eigenverantwortlichkeit fordern.
Das ist kein ganz leichter Weg, wobei
man in dieser Gesellschaft sehr oft den
leichteren Weg geht, dass die Kinder gut
gefördert, gut betreut und gut beschützt
werden sollen. Das sage ich als Mutter
einer Tochter mit Behinderung sehr
bewusst, weil ich selbst weiß, was es
bedeutet, so jemanden aus dem eigenen
Schutz zu entlassen und es zustande zu
bringen, ganz viele Erfahrungen machen
zu müssen, die viel mit Angst zu tun
haben.
Meine Tina ist oft verloren gegangen, ich
habe sie oft gesucht und bei der Polizei
abgeholt, aber ich habe sie immer wieder
alleine auf den Weg geschickt. Ich habe
mir gedacht, dass sie allein mit den
öffentlichen Verkehrsmitteln fahren,
alleine zurechtkommen kann und es
Menschen gibt, die ihr helfen. Ich habe
die positiven Erfahrungen gemacht, dass
ihr viele Menschen geholfen haben, wenn
sie irgendwo angestanden ist. (Beifall)
Das gilt für alle Bereiche und das kann
man auch für den Bereich der älteren
Menschen umlegen. Wir können in der
Gesellschaft Strukturen schaffen, sodass
Menschen länger zu Hause leben können.
Ich glaube aber, wir müssen noch etwas
tun, was wir bis jetzt noch nicht getan
haben, Bgm.-Stellv. Dipl.-Ing. Sprenger.
Wir unternehmen zwar viel, aber ich hätte
Vorschläge, was man noch machen
könnte, damit es besser funktioniert. Das
wäre nicht nur stadtteilbezogen, sondern
quartierbezogen, da es engere Räume
abdecken muss. Wir brauchen Zentren,
wo sich das allgemeine Leben abspielt,
wo sich die Vereine treffen, Bildung
stattfindet, wo vielleicht Behinderte, die
sonst keinen Arbeitsplatz bekommen, ein
Cafe betreiben, in dem sich ältere
Menschen treffen können.
Es geht nicht nur um die Pflege, sondern
auch um den sozialen Kontakt sowie um
Kultur und Bildungsangebote. Ich bin der
Meinung, dass man viele Synergien
nutzen könnte, indem man die eine
Gruppe, die ein Bedürfnis hat, sinnvoll
beschäftigt. Man sollte in der Behindertenwerkstätte nicht nur irgendetwas
basteln, sondern den Leuten eine sinnvolle Arbeit in der Mitte der Gesellschaft und
nicht irgendwo abgesondert in einer
Einrichtung geben. Auf der anderen Seite
könnten Menschen dieses Angebot
dringend brauchen, weil sie nicht alleine
in ihrer Wohnung sitzen und dort vereinsamen sollen.
Insofern plädiere ich dafür, dass man bei
jeder Schraube, an der man drehen kann,
ein Stück in jene Richtung dreht, um diese
Menschen nicht zu schnell in stationäre
bzw. derartige Einrichtungen zu bringen.
GR-(Budget-)Sitzung 12.12.2008 (Fortsetzung der am 11.12.2008 vertagten Sitzung)