Gemeinderatsprotokolle seit 2002
Jahr: 2010
/ Ausgabe: 14-Dezember-Budget-Teil2.pdf
- S.22
Suchen und Blättern in über 500 PDFs und 44.000 Seiten.
Gesamter Text dieser Seite:
- 842 -
GR Ing. Krulis hat bereits angesprochen,
dass man in einem größeren Rahmenplanungsverband auf der schlichten Ebene
der Konkurrenz denken muss. Der
Gedanke, möglichst viel EinwohnerInnen
bei uns zu haben und die anderen sollen
nichts erhalten, wird nicht gehen.
Die letzte "offene Baustelle" ist jene des
wachsenden Wohnflächenbedarfes pro
Kopf. Es ist eine erfreuliche Entwicklung,
dass man heute pro Kopf mehr Wohnfläche hat als im frühen 19. Jahrhundert, als
im gründerzeitlichen Proletarierviertel die
Leute "zusammengepfercht" wurden.
Die zweite "offene Baustelle" betrifft die
Frage der Dichte. Städtische Dichte ist
einerseits etwas Tolles. Es stellt sich
jedoch immer die Frage, wie lange es für
die Menschen, die diese Dichte als
Zumutung empfinden, noch erträglich und
menschenwürdig ist.
Irgendwo muss es, auch wegen der
demografischen Entwicklung, eine Grenze
von verbrauchbarer Wohnfläche pro Kopf
geben. Wir haben viel mehr SingleHaushalte. Hier sehe ich auch nur eine
Baustelle und keine Antwort. Kann es auf
Dauer sein, dass jeder Single 50 m2
Wohnfläche inklusive aller Nebenräume,
wie Küche, Nassräume, Balkon usw.,
verbraucht? Aus ökonomischen Gründen
werden die Wohnungen immer kleiner
gebaut. LH-Stellv. Gschwentner hat es
beim Wohnbausymposium angesprochen
und sieht es als erschreckend, dass man
Familien mit einem Kind Wohnungen mit
knapp unter 70 m2 von der Wohnbauförderung her zumutet.
Der Traum vieler Menschen ist natürlich
immer noch das Einfamilienhaus im Grünen. Ich sage jedoch immer, dass, - wenn
man noch so viele Solarzellen, Technologie und Passivhaus anbringt - in Wahrheit
jeder städtische Wohnblock, ganz ohne
Technologie, von der Gesamtenergieeffizienz her, viel besser ist.
Hier stellt sich erneut eine Frage. Beim
Wohnbausymposium wurde es angesprochen. Wie schaffen wir in einem dichten
Geschosswohnbau ein Feeling, das die
Bedürfnisse befriedigt, welche im Einfamilien- oder Reihenhaus die Leute befriedigt? Das ist ein schlichtes technologisches Problem und mittlerweile ein sehr
leicht lösbares. Das können alle besseren
Bauträger und besseren Architekten. Auf
diesem Wohnbausymposium hat es
Ansätze gegeben. Einzelne Projekte,
welche in diese Richtung gingen, wurden
vorgestellt.
Auf dieser Ebene werden wir nachdenken
müssen. Wenn wir sagen, Städtebau ist
auch Naturschutz in dem Sinne, dass
überall, wo es städtische Dichte gibt,
Freiräume bleiben, dann hat es viele
soziale und kulturelle Konsequenzen. Hier
muss überlegt werden, wie man allenfalls
die Grenze der zumutbaren Dichte sowohl
baulicher als auch kultureller Maßnahmen
etwas steigern kann. Es stellt sich auch
die Frage, wo die Grenze ist, dass die
Menschen die städtische Dichte nicht
mehr als Bereicherung, sondern als
"hühnerstallmäßig" (Massentierhaltungsboxen) empfinden. Ich möchte das
keinem unserer Bauträger unterstellen,
aber es gibt irgendwo eine Grenze,
welche ausgelotet werden muss.
Das Problem sind nicht die Familien mit
Kindern, welche 70 m2 verbrauchen,
sondern unzählige Single-Haushalte,
welche 50 m2 Wohnfläche verbrauchen.
Im alten Örtlichen Raumordnungskonzept
(ÖROKO) war davon die Rede, dass man
bei einer stagnierenden Bevölkerungszahl
immer noch einen Wohnflächenbedarf,
aufgrund der demografischen Entwicklung
und der Zunahme von Single-Haushalten,
hat. Hier stoßen wir an eine Grenze des
Wachstums, wo kein Wohlstand mehr ist,
über den wir froh sein können, weil jetzt
jeder für sich mehr Wohnfläche als im
19. Jahrhundert zur Verfügung hat. Hier
grenzen wir bereits an einen Missstand.
Kann das für die Stadtentwicklung ein
zukunftsfähiges Modell für die Stadtentwicklung sein?
Ich sehe eine Reihe "offener Baustellen"
und habe keine fixen Antworten. Ich hoffe,
dass wir das in den nächsten Jahren
diskutieren und zusammen Modelle
finden, welche man ausprobieren kann.
(Beifall)
GR Mag. Denz: Es gibt natürlich sehr
vieles, was man in der Wohnungsproblematik sagen müsste. Eine der Baustellen
ist die, dass unsere Mieten zu Beginn
noch relativ erträglich sind, jedoch viel zu
GR-(Budget-)Sitzung 10.12.2010 (Fortsetzung der am 9.12.2010 vertagten Sitzung)