Gemeinderatsprotokolle seit 2002

Jahr: 2011

/ Ausgabe: 14-Dezember.pdf

- S.35

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- 793 -

Dr. Brugger: Ich bedanke mich für die
Einladung. Ich werde versuchen, zuerst
nur einen groben Überblick zu geben. Ich
bitte Sie, wenn Sie etwas genauer wissen
wollen, mir entsprechende Fragen zu stellen.
Im Jahre 1942 wurden die Gemeinden Vill
und Igls in die Stadt Innsbruck eingemeindet. Zu dieser Zeit war die Gemeinde Vill
Eigentümerin eines Gemeindewaldes im
Ausmaß von rund 96 Hektar. Die Gemeinde Igls war Eigentümerin eines Waldkomplexes im Ausmaß von 338 Hektar. Mit
dieser Aussage gehe ich sehr großzügig
über die Tatsache hinweg, dass in Igls der
Kampf um das Gemeindegut an sich bereits 1886 begonnen hat. Damals versuchte eine Gruppe von 33 Leuten diesem
Gemeindewald habhaft zu werden.
Grundsätzlich ist das aber bis dorthin nicht
gelungen.
Das heißt, dass die Stadt Innsbruck Eigentümerin dieser Grundstücke geworden ist.
Die Agrarbehörde hat dann mit zwei Bescheiden der Stadt Innsbruck einen wesentlichen, den allergrößten Teil dieses
Grundareals abgenommen, ohne dass die
Stadt Innsbruck dafür eine wie immer geartete Gegenleistung bekommen hätte.
Ich halte diese Entscheidung nach wie vor
für Unrecht, muss aber dazu sagen, dass
ich dieses Wort nicht so auslege und verstehe, wie das Alt-Landesrätin Dr. Hosp in
der letzten Legislaturperiode im Tiroler
Landtag getan hat. Sie führte damals aus,
wenn etwas rechtskräftig ist, ist es automatisch auch Recht. Ich habe einen anderen Begriff von Recht und Unrecht.
Das ist nicht nur ein philosophischer Begriff, weil dieses materielle Recht, wie sich
der Verfassungsgerichtshof (VGH) an
mancher Stelle ausdrückt, unter Umständen sehr wohl durchschlagen und die
Rechtskraft durchbrechen kann.
Es wird immer wieder kolportiert, dass die
Stadt Innsbruck an diesen Bescheiden
mitgewirkt hat, in dem sie - um Schlimmeres zu vermeiden -, wenn man die Akten
durchliest, teilweise auch Einverständniserklärungen abgegeben hat. Das war aber
im Verfahren selbst kein entscheidender
Punkt.

GR-Sitzung 15.12.2011

Es ist aber wesentlich, dass sich die Konstruktion dieser Bescheide in Vill und Igls
in einem juristisch sehr wesentlichen
Punkt von den sonstigen Agrargemeinschaften, die nach dem Schema Mieders
organisiert wurden, unterschieden hat. Es
wurden so genannte Hauptteilungen konstruiert. Eine Hauptteilung wäre eine Auseinandersetzung unter den Agrargemeinschaftsmitgliedern, wo die Gemeinde mit
einem Teil des Grundeigentums herausgeht und die restliche Agrargemeinschaft
ohne Gemeinde übrig bleibt. Darin besteht
der wesentliche Unterschied bei diesen
beiden Verfahren zu den normalen Gemeindegutsagrargemeinschaften, wo die
Gemeinde in das Rennen kommt, weil sie
noch Mitglied der Gemeindegutsagrargemeinschaft ist.
In Anbetracht dieses Sachverhaltes wurde
ich von der Stadtgemeinde Innsbruck gebeten, ein Rechtsgutachten darüber zu
machen, ob man noch etwas verändern
kann. Ich bin davon ausgegangen, wenn
man die Sache von der Rechtskraftseite
betrachtet, dann geht es eigentlich nicht.
Es war klar, dass Hauptteilungen etwas
anderes sind, wie dies in Mieders der Fall
war. Das steht bei mir auch genauso im
Rechtsgutachten.
Ich habe mir dann Folgendes überlegt und
mitgeteilt: Es ist nach wie vor meine Meinung, dass es vom Unrechtsgehalt und
von der wirtschaftlichen Wirkung ganz genau das gleiche ist. Es ist nur die formelle
Vorgangsweise eine andere. Vom Ergebnis her ist es dasselbe. Vom Unrecht her
ist es insofern dasselbe, als auch hier diese Bescheide auf der Grundlage eines
verfassungswidrigen Gesetzes erlassen
wurden. Das ist ein Gesetz, welches 1982
vom Verfassungsgerichtshof (VGH), als
verfassungswidrig aufgehoben worden ist.
In dieser Situation stehe ich als Jurist vor
folgendem Problem: Ich habe eine Reihe
von Präjudizentscheidungen gekannt, die
sich auf den juristischen Alltag bezogen
haben. In diesen Präjudizentscheidungen
heißt es vereinfacht ausgedrückt, dass
Rechtskraft jeden Blödsinn heilt. Diesen
Spruch habe ich, nebenbei bemerkt, von
einem Agrarjuristen gelernt. Andere Entscheidungen sind Ihnen vielleicht bekannt,
wobei nach schwerwiegenderem Unrecht
sehr wohl Restitution verlangt und ange-