Gemeinderatsprotokolle seit 2002
Jahr: 2013
/ Ausgabe: 14-November-gsw.pdf
- S.15
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lerweile kritisch beleuchtet, so sollten wir
trotzdem regelmäßig ansprechen, dass es
damals einen Freiheitskampf gab, der sich
gegen die Aufklärung richtete. Er richtete
sich gegen eine Gesetzgebung, die uns
allen Freiheiten garantierte, auf denen wir
jetzt aufbauen können und die massive
Schritte in Richtung Gleichheit und Gerechtigkeit gebracht haben.
GRin Moser: Als ich den Titel des Themas
sah, sind mir sehr viele Gedanken durch
den Kopf gegangen. Das betraf vor allem
"Zukunft hat Geschichte". Es wurde bereits
sehr viel gesagt. Man kann dieses Thema
nicht nur auf Erinnerungskultur herunterbrechen. Es lässt sich für mich nicht nur auf
Pogrom und Verfolgung der jüdischen MitbürgerInnen reduzieren.
Es gab auch einen Freiheitskämpfer Andreas Hofer, der immerhin Friedensverträge
ignoriert hat und illegitim zu den Waffen
griff. Damit war er ein Vertragsbrecher.
Unbestritten ist, dass es in der Stadt Innsbruck nicht nur Arbeitslager, sondern auch
ein Konzentrationslager gegeben hat. Unbestritten ist, dass es viele Schauplätze in
und um die Stadt Innsbruck gab, an denen
Gräueltaten geschahen.
Nun, die Skepsis kommt! Ich bin der Ansicht, dass wir in der Politik genau diese
Themen wertfrei und ohne Murren und ohne
dieses ständige Geraune und Kommentieren diskutieren müssen. Das, damit irgendwann einmal auch Taten folgen können, um
Möglichkeiten und Wege zu bereiten, es
zukünftig etwas neutraler begreifen zu können. Wir müssen unseren Kindern auch die
Möglichkeit geben, wissenschaftliche Aufarbeitung in den Geschichtsbüchern zu finden
und nicht mehr dieses traditionsbewusste,
zum Teil geschichtsverfälschende "Geschreibsel", das man derzeit oft vorfindet.
Wir haben dementsprechend die Verpflichtung, der nachkommenden Generation, den
Kindern und Jugendlichen generell, diese
Aufarbeitung zu garantieren. Die wissenschaftliche Aufarbeitung deshalb, damit sie
auch wissen, welche Musikstücke sie spielen oder singen. Denn ich denke, dass es
auch oft Unwissen ist, welche Musikstücke
heute noch in diversen Liederbüchern vorhanden sind.
Aber genau dieses Wissen müssen wir
ihnen mitgeben. Genau so, wie wir diese
Präsenz der Geschichte, der Verbrechen im
alltäglichen Leben, in den öffentlichen Gebäuden anbieten. Wir müssen die wissenschaftliche Aufarbeitung weiter fordern und
den nächsten Generationen das Handwerkszeug schaffen, dass sie in Zukunft
eine solidarische Gesellschaft haben können, in der eben Verbrechen der Vergangenheit nicht mehr passieren können.
Dementsprechend ist die Bedeutung der
Aufklärung über die Erinnerungsarbeit für
die Stadt Innsbruck. Es ist aber vor allem
eine Verpflichtung, die uns alle trifft, bei der
sich aber noch viele an der eigenen Nase
nehmen können.
GR-Sitzung 21.11.2013
Schade finde ich, dass es bald keine ZeitzeugInnen mehr geben wird. Man muss
jetzt ganz schnell sein, um das, was diese
Generation noch weiß, worüber sie meist
nicht gerne spricht, in die Erinnerungskultur
einzubringen.
Die Auseinandersetzung mit der Geschichte
hat immer eine sehr gegenwartsbezogene
Perspektive. Es gibt viele Staaten, die angesichts des zunehmenden Rechtsextremismus und der Feindlichkeit gegenüber
AusländerInnen Gedenktage machen. Tage
zum Gedenken an den Holocaust, zur Aufarbeitung und zur Verhütung von weiteren
Verbrechen.
In Österreich ist das z. B. der 5. Mai zum
Andenken an die Befreiung aus dem Konzentrationslager Mauthausen. Tirol hat etwa
unter der Federführung von LRin Dr.in Palfrader Förderschwerpunkte zur Erinnerungskultur initiiert. Die Stadt Innsbruck hat
ja mit dem Stadtarchiv - und allem, was da
in letzter Zeit passiert ist - ganz viel zur Aufarbeitung beigetragen. Viele Studien unter
Federführung von Univ.-Doz.
Mag. Dr. Schreiber, die jeden von uns aufrütteln und zu tiefst berühren, liegen vor.
Ich wünsche mir noch vieles, was hier passieren soll. Zum Beispiel ist es für eine Gedenktafel am Landhaus - dem ehemaligen
Gau Haus - höchste Zeit.
Wilhelm von Humboldt hat schon gesagt:
"Nur wer die Vergangenheit kennt, hat eine
Zukunft." In diesem Sinne wünsche ich mir
einen wertneutralen Zugang zur Erinnerungskultur. So wie wir mit der Vergangenheit umgehen, so werden die nächsten Ge-