Gemeinderatsprotokolle seit 2002
Jahr: 2013
/ Ausgabe: 16-BudgetDez-Teil1.pdf
- S.27
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oder mehrerer Budgetperioden richten. Reichen die Einnahmen nicht aus, werden die
Beiträge entsprechend erhöht.
Was bedeutet das aber nun: Es bedeutet,
dass systematische Schwierigkeiten bei der
vollständigen Erfassung des Ressourcenverbrauchs bestehen, weil grundsätzlich nur
fällige und erfolgte Einzahlungen sowie fällige und erfolgte Auszahlungen erfasst werden (Geldverbrauchskonzept).
Eine konkrete Übersicht über den tatsächlichen Stand der Gemeindefinanzen ist also
nicht vorhanden. Eine Vermögensbilanz
fehlt nämlich und damit werden etwa langfristige Investitionen und Abschreibungen,
aber auch Spekulationsverluste nicht erfasst. Diese Intransparenz wird durch das
Fehlen einer vollständigen Vermögensrechnung, durch Auslagerung von Schulden in
rechtlich selbstständige, privatrechtliche
Organisationsformen noch massiv verstärkt.
Auch eine Vergleichbarkeit verschiedener
Gemeindefinanzen ist aufgrund einer Unzahl möglicher Verbuchungskategorien für
die jeweiligen Ausgabearten nicht gegeben.
Zudem funktioniert auch der Mechanismus
der Bedarfsdeckung immer weniger, denn
die Ausgaben wachsen stetig, die Einnahmen sinken. Mangelnden Steuereingängen,
Wirtschaftskrisen, Steuer- und Standortwettbewerb stehen steigende Anforderungen für Gesundheitsausgaben und öffentliche Dienstleistungen sowie die Überalterung der Bevölkerung gegenüber.
Ein Beispiel der Auswirkungen hat die Zeitung "Die Presse" in ihrer Ausgabe vom
15. November dieses Jahres gebracht:
"Nach der Logik der Kameralistik sind Kredite beispielsweise Einnahmen, weil ja Geld
in die Kassa kommt. Dank dieses Rechnungswesens konnte auch das Land Salzburg die tatsächlichen Schulden durch die
Spekulationen lange Zeit verstecken und
geheim halten."
Schon vorher hat etwa auch "Der Standard"
diese Thematik aufgegriffen und in einem
Artikel vom 24. Januar 2013 unter dem Titel
"Wie man Länder- und Gemeindefinanzen
transparent macht" verarbeitet. Darin wird
zunächst der Präsident des Österreichischen Rechnungshofes (RH), Dr. Josef Moser, mit folgender Aussage zitiert:
GR-(Budget-)Sitzung 5.12.2013
"Im derzeitigen Rechnungswesen kann man
sich kein Bild darüber machen, wie die tatsächliche Lage von Ländern und Gemeinden ist. So kann man die Zukunft nicht gestalten."
Es kommt sodann Univ.-Doz. Dr. Peter
Bußjäger, Leiter des Instituts für Föderalismus in Innsbruck, zu Wort, der ausführt,
dass die Kameralistik zwar die Ein- und
Ausgaben im Staatshaushalt aufzeigt, aber
Änderungen in den Vermögenswerten, etwa
aufgrund von Veränderungen der Werte von
Veranlagungen, nicht erfasst.
Auch Univ.-Prof. Dr. Stefan Pichler, Finanzexperte der Wirtschaftsuniversität Wien,
wird zitiert:
"Die Kameralistik ist absolut nicht zeitgemäß. Es werden zwar Einnahmen und Ausgaben ordnungsgemäß verbucht, aber das
Vermögen und die Schulden werden nicht
dargestellt. Wenn jetzt jemand am Ende des
Jahres weniger Vermögen als am Anfang
hat, dann ist diese Vermögensänderung
nicht als Verlust dargestellt, wie das in einer
normalen doppelten Buchhaltung der Fall
wäre."
Im Prinzip ist das eine vernichtende Bilanz,
die eigentlich schon längst entschlossenes
Handeln und eine Umstellung des Systems
erfordert hätte, auch ohne dass diese vom
Bundesministerium für Finanzen (BMF)
nach § 16 Finanzverfassungsgesetz (F-VG)
vorgeschrieben wird.
Allerdings stellt sich die Frage, in welche
Richtung eine Reform gehen soll: So brächte die Umstellung auf die doppelte Buchhaltung durchaus Vorteile, hätte man doch
jederzeit genaue und aussagekräftige Informationen über Vermögen, den Schuldenstand und die eigene wirtschaftliche Effizienz. Auch die Belastungen der Zukunft und
die nötigen Investitionen wären bekannt,
planbar und kontrollierbar.
Die Vorteile der kameralistischen Einnahmen-Ausgaben-Rechnung gehen dabei
nicht verloren, sondern werden um wichtige
Bestandteile, wie Vermögensdarstellung
und Investitionsrechnung, ergänzt. Zusätzlich schafft die doppelte Buchhaltung die
Voraussetzung für Kostenrechnung und
Controlling, welche als Steuerungsinstrumente für eine effiziente Bewirtschaftung
heute unverzichtbar geworden sind.