Gemeinderatsprotokolle seit 2002
Jahr: 2022
/ Ausgabe: 2022-04-20-GR-Protokoll.pdf
- S.16
Suchen und Blättern in über 500 PDFs und 44.000 Seiten.
Gesamter Text dieser Seite:
- 365 -
Warum schauen wir nicht endlich visionär
nach vorne? Wir müssten nicht einmal
selbst die Visionen haben! Wir müssten nur
auf andere Länder blicken. Die Niederlande
machen es seit zehn Jahren vor, wie Pflege
wirklich zur Zufriedenheit aller funktionieren
kann. Unter dem Motto "Würde und Stolz"
werden moderne Pflegekonzepte umgesetzt. Hierarchie und Bürokratie werden entrümpelt, wie es bei so vielen Dingen notwendig wäre. Die Individualität der alten und
der pflegenden Menschen wird in den Mittelpunkt gestellt.
Zur Prävention arbeiten selbstorganisierte
kleine Teams mit den KlientInnen zuhause,
unterstützen natürlich auch die pflegenden
Angehörigen und das in großem Stil. In den
Heimen wird mit Attrappen, Fototapeten und
Projektionen, also mit relativ günstigen Mitteln, das vertraute Leben der alten Menschen inszeniert.
Das hilft sehr und vermindert den Verbrauch
von Medikamenten. Dazu gibt es bereits
Studien! Wie schlimm ist es, wenn alte Menschen medikamentös ruhiggestellt werden,
wie das bei uns der Fall ist? Die Pflegeteams können kreativ arbeiten und eine
menschliche Herangehensweise an den
Tag legen.
Die Zufriedenheit aller Beteiligten in der
Pflege konnte in den Niederlanden sehr gesteigert werden. Auch in der Stadt Innsbruck muss sich die Haltung zur Pflege ändern. Wir brauchen dringend eine Debatte
darüber, wie wir mit alten Menschen umgehen wollen. Was wollen wir ihnen bieten?
Welchen Umgang wollen wir? Wir brauchen
die psychologischen Fakten, die den modernen Pflegemodellen zugrunde liegen.
Dazu benötigen wir ExpertInnen, müssen
uns die Gelingensbedingungen ansehen
und diese natürlich auch umsetzen. Würde
und Stolz, welch schöne Optionen wären
das für die Pflege in der Stadt Innsbruck.
Wir werden einen Antrag zur Abhaltung einer Enquete einbringen - zusätzlich zu den
runden Tischen, die alle schon im Raum
stehen! Es muss etwas passieren, denn es
gibt dazu bereits zu viele Anträge. Die
Schublade muss ausgeräumt werden,
Hauptsache es passiert etwas!
Eines ist klar, eine Aktuelle Stunde pro Jahr
zum Thema ist nicht genug. Wir werden
GR-Sitzung 20.04.2022
endlich unser Bestes geben müssen, denn
alles andere ist schlichtweg zu wenig!
GR Onay: Vielen Dank für die wertvollen
Wortmeldungen!
Ja, wir haben einen Pflegenotstand, aber
nennen wir bitte das Kind beim Namen. Wir
haben in erster Linie einen Pflegepersonalnotstand. Wir haben keinen Bettennotstand.
Es gibt ausreichend Betten und Stationen,
die aber nicht eröffnet werden können, auch
nicht bei der ISD, weil zu wenig Personal da
ist.
Dazu brauche ich nicht von einem Zettel
herunterzulesen, dazu gibt es ausreichend
Studien. Die aus dem Jahr 2019, kurz vor
Beginn der Corona-Pandemie, wurde bereits zitiert. Wir können es wie folgt grob zusammenfassen:
In Österreich arbeiten im Pflegebereich
126.000 Menschen. Ungefähr die Hälfte im
stationären, die andere im nichtstationären
Bereich. Bis zum Jahr 2030 fehlen uns österreichweit laut Studie vor der Pandemie
70.000 MitarbeiterInnen. Das kann man
jetzt, GR Buchacher hat es bereits getan,
auf Tirol herunterrechnen.
In vielen Bereichen können wir als Stadt
Innsbruck nicht viel machen. Ein Beispiel ist
der Ausbildungsbereich. Er ist sehr wichtig,
weil wir Menschen in Ausbildung brauchen!
Wir benötigen gute Arbeitsbedingungen, damit jene, die im Pflegebereich arbeiten,
auch im Pflegebereich bleiben wollen. Aktuell - dazu gibt es auch eine Statistik - will
jede/r zweite MitarbeiterIn aufhören, weil
er/sie es in der Pflege nicht mehr aushält.
All jene, die Eltern oder Verwandte in Pflege
haben, wissen, welche Problematiken es da
gibt. Wir befinden uns wirklich in einer massiven Krisensituation. Diese Krise steigert
sich noch, wenn wir nicht sofort handeln.
Wenn wir wollen, dass in Einrichtungen der
ISD Betten und Stationen belegt sind, müssen wir jetzt reagieren.
Als Stadt Innsbruck haben wir eigentlich nur
beschränkte Möglichkeiten. Viele Dinge
werden auf Bundesebene geregelt. Ein Beispiel ist die Finanzierung der Ausbildung.
Genau wie bei der Polizei könnte man im
Bereich der Pflege monatlich € 1.700,-- den
Auszubildenden bezahlen.