Gemeinderatsprotokolle seit 2002
Jahr: 2022
/ Ausgabe: 2022-12-15-GR-Protokoll_.pdf
- S.21
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chen und nicht Dinge überschießend machen, indem Leute, die es nicht brauchen,
zu Vergünstigungen kommen. Das ist nicht
vertretbar, denn wir müssen sehr effizient
mit den öffentlichen Mitteln umgehen, damit
diese wirklich jene Menschen bekommen,
die sie auch brauchen. Und hier bitte ich um
eine gute Kooperation.
GRin Dr.in Krammer-Stark: Warum ist es
aus unserer Sicht wichtig, nicht nur die Teuerung auf der einen, sondern auch die Armut auf der anderen Seite zu bekämpfen?
Natürlich nicht nur um individuelle Not zu
lindern, sondern im Gesamten den sozialen
Frieden und letztlich auch die Demokratie
zu sichern. Aus der Armutsforschung wissen wir - es gibt in Innsbruck das Tiroler Armutsforschungsforum (TAFF), welches gute
Vorschläge liefert -, dass die politische Partizipation, beispielsweise die Beteiligung bei
Wahlen, bei Menschen mit wenig Einkommen abnimmt.
Es geht also darum, den armutsbetroffenen
Menschen nicht nur individuell zu helfen,
sondern sie bei jeder Maßnahme oder politischem Projekt mitzudenken und jeden Beschluss, den wir fassen – und das wurde
auch schon eingefordert – einer Sozialverträglichkeitsprüfung zu unterziehen. Selbstverständlich müssen wir auch neue Beteiligungsformen für benachteiligte Gruppen andenken, aber der Sozialplan 2030 der Stadt
Innsbruck, welcher bereits vorliegt, wird dafür eine Grundlage sein. Schön, dass es ihn
gibt, und wir werden dafür sorgen, dass er
nicht in der Schublade verschwindet.
Bgm.-Stellv. Ing. Mag. Anzengruber,
BSc: Die Armut steigt und die Teuerungswelle überrollt ganz besonders einkommensschwache Menschen, daher müssen
die Maßnahmen intensiviert werden. Wie
GRin Dr.in Krammer-Stark bereits sagte, der
Armutsbericht hat gerade diesen Sommer
wieder gezeigt, dass in Tirol jede/r Sechste
von Armutsgefährdung betroffen ist, und es
sind in Innsbruck sogar noch viele mehr.
Wir sind in den letzten Wochen verstärkt mit
sozialen Institutionen und Vereinen, die sich
mit den Themen Armut, Schulden, Teuerung und Auswirkung in der Bevölkerung intensiver auseinandersetzen, im Kontakt. Wir
haben von ihnen folgende Auskunft bzw. Informationen erhalten: Beim Psychosozialen
Pflegedienst Tirol Innsbruck (PSP) wurde im
GR-Sitzung 15.12.2022
Jahr 2022 beispielsweise eine Steigerung
von über 50 % verzeichnet - das sind
820 Personen.
Des Weiteren haben wir eine Abfrage bei
den Wärmestuben der Caritas Tirol, welche
hilfebedürftige Menschen durch Essensausgaben unterstützen, gemacht. Wir sind sehr
glücklich darüber, dass Derartiges in Innsbruck angeboten wird und niemand hungern
muss.
Mittlerweile merkt man Mitte des Monats
aber verstärkt, dass auch nicht-obdachlose
Frauen für ihre Familien Essen abholen, da
sie sich das Essen nicht mehr leisten können. Wir haben Informationen von der Caritas, dass die Sozialberatung gegenüber
dem Jahr 2019 um 40 % gestiegen ist. Alleine im Zeitraum von Oktober 2022 bis November 2022 gab es einen Anstieg von 268
auf 328 Beratungen.
Nicht zu vergessen ist auch der Anstieg von
den Betriebskostenvorschreibungen. Die
Sozialberatungsstelle „Verein für Obdachlose (BARWO)" sagte uns, dass die Teuerung mehr als spürbar sei, denn es gäbe
auch dort vermehrte Anfragen und Beratungen: Waren es im Jahr 2021 noch 1.364 Beratungen, sind es im Jahr 2022 bereits
1.649 gewesen.
Leider sind auch bei den Einzelfallhilfen
enorme Anstiege zu verzeichnen. Alleine
vom Jahr 2021 auf das Jahr 2022 gab es einen Anstieg von 340 auf 564. Bei der Delogierungspräventionsstelle, ebenfalls vom
Verein für Obdachlose, sind wir in Innsbruck
noch relativ gut unterwegs. In den Umlandgemeinden gibt es dort allerdings Steigerungen von über 50 %, und das wird auch noch
in Innsbruck ankommen.
Seit wenigen Tagen, und das habe ich vorhin schon angesprochen, sind die Betriebskostenvorschreibungen für das nächste
Jahr bereits unterwegs. Erhöhungen von
über € 2,--/m² - das bedeutet für eine Familie mit 50 m² € 100,-- mehr im Monat. Wir
wissen aufgrund der Armutsgefährdung,
dass sich viele Menschen diesen Preisanstieg nicht leisten können.
Es ist mir ein großes Anliegen, dass wir, vor
allem für die kommenden Tage sowie für
diesen Winter, die Grundversorgung für das
Wohnen, den Strom und für das Heizen si-