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Jahr: 2008

/ Ausgabe: 2008_02-Feber.pdf

- S.108

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Der Vorstandsvorsitzende Dr. Schmid hat
zu mir gesagt, dass die Investitionskosten
bei einem Kohlekraftwerk pro Megawatt
etwa ein Drittel der Investitionen in ein
neues Wasserkraftwerk betragen. Ich
muss zugeben, dass das ein handfestes
Argument ist.
Es gibt noch ein paar andere Argumente:
Erhöhung des Eigenstromanteils erhöht
die Manövrierfähigkeit der Stadtwerke.
Weiters die Kooperation mit anderen
Stadtwerken und einem Energiekonzern,
der anders als die großen vier, die den
Energiemarkt in Europa monopolartig
beherrschen, mit Stadtwerken auf
Augenhöhe kooperiert, weil er in einen
Markt eindringen will, den sich diese vier
großen Energiekonzerne aufgeteilt haben.
Das sind alles gute Gründe die für eine
Stadtwerke-Kooperation sprechen. Man
kann auch sagen, dass alte Kohlekraftwerke durch neue ersetzt werden, die
technisch besser sind und einen höheren
Wirkungsgrad sowie geringere Emissionen
haben.
Es handelt sich hier erstens in Wahrheit
nicht einmal um ein Steinkohlekraftwerk.
Nach den Deutschen Richtlinien ist der
Brennwert der Steinkohle, die dort verheizt
wird, soweit am untersten Rand, dass es
fast schon ein Braunkohlekraftwerk ist.
Zweitens, liegt der Wirkungsgrad dieser
Anlage netto bei 44 %. Das heißt, dass
56 % der Heizenergie dafür verwendet
wird, die Ostsee aufzuheizen, nämlich
einem sehr flachen Meerbusen zwischen
der Insel Rügen und Mecklenburg-Vorpommern also der Region Greifswald.
Diese Region war schon durch ein DDRAtomkraftwerk gestraft genug, das sie
nach der Wende zum Glück losgeworden
bzw. abgewrackt wurde. Das ist jetzt eine
Industriebrache, die sich langsam mit
einigen Unternehmen wieder zu füllen
beginnt. Es ist klar, dass auch diese
Unternehmen Strom brauchen.
Deshalb spricht ökonomisch auch wieder
einiges dafür, an dieser Stelle ein neues
Kraftwerk zu bauen, zumal man den
Kühlwasserkanal des alten DDR-Kraftwerkes sehr gut verwenden kann, um dort
Schiffe landen zu lassen und Kohle
auszulaugen.
GR-Sitzung 28.2.2008

Es gibt eine Reihe guter Gründe, aber die
Region Mecklenburg-Vorpommern ist ein
so genanntes strukturschwaches Gebiet
und die Arbeitslosigkeit beträgt durchschnittlich 20 %. Die Universitätsstadt
Greifswald ist ungefähr halb so groß wie
die Stadt Innsbruck und versucht sich als
Forschungs- und Wissenschaftsstadt zu
positionieren. Die Universität in Greifswald
hat 11.500 Studentinnen bzw. Studenten
und ungefähr 1.000 bis 1.500 Mitarbeiterinnen bzw. Mitarbeiter. Man weiß, was
sich Leute, die in einer Forschungsstadt
pro futuro angesiedelt werden sollen,
erwarten. Üblicherweise keine Kohlekraftwerk gleich vor der Haustüre.
Diese Region, vor allem um das Seebad
Lubmin - das ist der unmittelbare Standort
vor der Haustüre von Greifswald - bemüht
sich in den letzten Jahren um eine
touristische Entwicklung. Das Kapital, der
Tourismus, ist eine halbwegs intakte
Umwelt. In dieser Region haben sie
Schwerpunkte, wie nachhaltige Tourismusentwicklung, Wissenschaft und
Forschung als sozusagen Leitindustrie der
Region, um eine nachholende wirtschaftliche Entwicklung durchzuführen oder
anzugehen. Für diese Entwicklung ist
meiner Meinung nach ein Kohlekraftwerk
nicht der ideale Aufhänger.
Was wir letztlich mit dem legitimen Ziel
tun, ist, einen billigen Strompreis für die
Stadt Innsbruck zu halten bzw. den
Strompreis nicht erhöhen zu müssen, weil
wir weniger von der Leipziger-Stromdose
abhängig sind. In Wahrheit exportieren wir
die Emissionen eines Kohlekraftwerkes
aus der Region Innsbruck an die Ostsee,
wenn wir uns an einem solchen Kraftwerksbau per Option auf Schonbezugsrechte beteiligen.
Aus meiner Sicht ist es eine kaufmännisch
grundvernünftige Entscheidung, aber eine,
die ich moralisch bedenklich finde. Ich
glaube, dass wir, die Frau Bürgermeisterin
als Eigentümervertreterin, der Gemeinderat als kollektiver Souverän des Mehrheitseigentümers Stadt Innsbruck, eben
auch noch andere Dinge bedenken
sollten.
Andere Dinge vor allem, dass es nicht sein
kann, dass der Strombedarf exponentiell
wächst. Wir haben jetzt zum Beispiel