Gemeinderatsprotokolle seit 2002

Jahr: 2006

/ Ausgabe: 2006_10-Dezember.pdf

- S.83

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- 836 -

wichtiger und zentraler Teil der Evaluierung einer Videoüberwachung im öffentlichen Raum sein.
Ich gehe schon davon aus, dass es für die
Stadt Innsbruck interessant wäre, eine
Studie zu machen, wie sich die Kriminalitäts- und Deliktsentwicklung in Kooperation mit der Polizei - die Stadt Innsbruck hat
mit der hiesigen Polizei und den Sicherheitsorganen eine gute Kooperation - im
privaten Bereich, gerade am Bahnhof,
auswirkt und welche Mechanismen es hier
gibt.
Die Österreichischen Bundesbahnen
(ÖBB) planen, den Bahnhof zur Gänze zu
überwachen. Ich bin mir nicht ganz sicher,
ob das schon voll umgesetzt ist. Daraufhin
wird sich sehr viel von dem, was diese
Videoüberwachung vom Bahnhof wegbringen will, am Bahnhof tatsächlich nicht
mehr abspielen. Das wird sich dann
woanders abspielen. Ob das jetzt verstärkt
der Westbahnhof oder andere Bereiche
der Innenstadt sind, sieht man immer erst,
nachdem das durchgeführt wird. Man kann
gewisse Prognosen machen, aber letztlich
weiß man es erst, nachdem die Videoüberwachung eingeführt ist.
Das Problem ist, und das hat sich in den
90er-Jahren in England gezeigt, dass
ganz viel von dieser Videoüberwachung
auf privater Basis eingeführt wurde. In
England - ich weiß nicht ob das alle
Mitglieder des Gemeinderates wissen wird ein Großteil der Innenstädte von
größeren und mittleren Städten mittels
einer Videokamera überwacht. Das war
ursprünglich in der Entwicklung zu einem
guten Teil auf private Überwachungssysteme zurückzuführen und wird zum Teil
auch noch privat betrieben.
Ich denke mir schon, dass punktuelle
Evaluierungen einer mobilen Kamera, die
zum Beispiel der Stadt selbst gehört,
letztendlich wahrscheinlich wenig aussagekräftig sind, weil sie wieder nur punktuelle Momentaufnahmen wären. Das
Problem daran ist, dass dies insgesamt
ein sehr komplexes Thema ist.
Den Effekt der Videoüberwachung auf das
subjektive Sicherheitsempfinden gibt es.
Ich sehe das aber insgesamt trotz allem
kritisch. Anders als bei der Entschärfung
der Angsträume, wo auch das subjektive
GR-Sitzung 14.12.2006

Sicherheitsempfinden massiv gestärkt
wird, hat man bei der Videoüberwachung
auch eine negative Seite, und das ist der
Eingriff in Bürgerinnen- bzw. Bürgerrechte.
Das Deutsche Bundesverfassungsgericht
hat sinngemäß dazu erkannt, dass der
Mensch ein Recht darauf hat, in Ruhe
gelassen zu werden. Ich glaube, das war
auch die Formulierung dazu. In Ruhe
gelassen wird der Mensch bei einer
Videoüberwachung nicht. Das hat die
Wissenschaft schon vor längerer Zeit
herausgefunden.
Es gibt einen Effekt, wenn ein Mensch
weiß, dass er beobachtet wird, dann fühlt
es sich vielleicht subjektiv sicherer, wenn
er vorher Angst gehabt hat durch eine
Passage zu gehen. Er weiß, dass es
irgendwo eine Kamera gibt und dass ein
Polizist das Geschehen beobachtet.
Es gibt aber auch einen anderen Effekt.
Wenn Menschen wissen, dass sie
beobachtet werden, versuchen sie, sich
tendenziell angepasst zu verhalten, was
immer das bedeuten kann. Es kommt auf
das Umfeld an. Menschen verhalten sich
anders, wenn sie beobachtet werden als
wenn sie nicht beobachtet werden, und
zwar rabiat anders.
Es ist weniger kommunikativ und es gibt
weitere Auswirkungen dabei sowie eine
Menge Studien dazu. Ich glaube, es wird
seit 150 Jahren zu diesem Thema
geforscht.
Daher ist im Prinzip eine Videoüberwachung kritisch, aber wenn sie eingeführt
wird, wäre es jetzt für uns als Politiker ein
sehr guter Zeitpunkt, ein sehr wachsames
Auge darauf zu haben, was sich bei
privaten Videoüberwachungssystemen tut.
Unter anderem auch weil, wenn eine
Videoüberwachung an einem Ort eingeführt ist, sie dazu neigt, sich auszubreiten.
Wenn die Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB) den Bahnhof zur Gänze mit
Videokameras überwachen, werden sich
die Probleme auf den Westbahnhof
verlagern. Wird dann der Westbahnhof zur
Gänze überwacht, breitet sich das Ganze
irgendwo auf den städtischen öffentlichen
Bereich aus. Dann wird es dort den Druck
geben, entweder massive Polizeistreifen
zu machen oder, wenn das irgendwann