Gemeinderatsprotokolle seit 2002
Jahr: 2007
/ Ausgabe: 2007_11-Dezember-Budget.pdf
- S.74
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- 1058 -
Texte vorlesen, die zwei Mitglieder der
"baettlegroup for art", Barbara Hundegger
und Arno Ritter, bei der letzten Arbeitskonferenz vorgetragen haben. Das wäre aber
zeitlich nicht möglich und deshalb kann ich
alle bitten, diese Texte auf der Homepage
der "baettlegroup for art" nachzulesen. Es
sind dies nicht nur für die Kunstpolitik,
sondern auch für die Stadtpolitik ganz
wertvolle Texte.
(Bgm.in Zach: Hat das einen Titel?)
Der Text von Arno Ritter heißt "Die Stadt
als kultureller Raum" und der Text von
Barbara Hundegger beschäftigt sich mit
den "Ermöglichungsvoraussetzungen für
Kunst im öffentlichen Raum".
Ich möchte nur ein paar Schlagworte von
Arno Ritter herausgreifen, mit denen ich
mich sehr identifizieren kann. Arno Ritter
spricht von Kulturstress der Städte im
Wettbewerb. Diesen Wettbewerb der
Kulturhauptstädte bezeichnet er als
"ephemere Flucht nach vorne", die
meistens in der kulturellen Depression
enden, so wie zum Beispiel in der Stadt
Graz.
Ich denke mir, dass wir diese "Flucht nach
vorne" Gott sei Dank nicht angetreten
haben, sondern wir haben genau dieses
Potenzial, das wir vor Ort haben, entdeckt
bzw. in Wertschätzung mehr wahrgenommen, und das finde ich gut so. Arno Ritter
spricht auch davon, dass die Städte
europaweit über Kulturevents und
Stararchitektur auf der Suche nach
Einzigartigkeit sind. Wenn sich Einzigartigkeit wiederholt, besteht natürlich die
Gefahr, dass es keine Einzigartigkeit mehr
ist. Meiner Meinung nach, müssen wir
bezüglich Architektur von hier nach dort
ein bisschen aufpassen, denn dann sind
wir nämlich nicht mehr einzigartig.
Arno Ritter plädiert natürlich für Urbanität
usw. Urbanität zeichnet sich dadurch aus,
dass es nicht ein entweder oder, sondern
ein sowohl als auch gibt, nämlich auch
gegensätzliche Kulturen. Damit meine ich
auch Hochkultur und Alternativkultur.
Wir sind in der Wahrnehmung schon auf
dem Weg dorthin, aber in der budgetären
Gewichtung noch nicht. Dazu möchte ich
noch etwas Kritisches sagen. Diese
€ 70.000,-- für die "stadt_potenziale"
GR-(Budget-)Sitzung 20.12.2007
werden wie der große Schritt der Menschheit dargestellt. Wenn ich mir aber im
Gegenzug anschaue, dass der Intendant
René Jacobs eine zweite Opernproduktion
verlangt und ohne großes "Trara", sind
zwischen der ersten und zweiten Lesung
zum Jahresvoranschlag der Landeshauptstadt Innsbruck für das Rechnungsjahr
2008 über € 85.000,-- mehr vorhanden.
Ich sehe schon ein, dass das wahrscheinlich eine Bedingung für die Verlängerung
des Vertrages war, aber hier müssen wir
uns etwas überlegen, dass die Wertigkeit
auch der Wahrnehmung und der Verbalisierung folgt.
Bgm.in Zach: Dafür hat der Intendant
René Jacobs von jeglicher Erhöhung
seiner Gage abgesehen und sogar etwas
zurückgenommen. Ja, es war eine
Bedingung.
GR Mag. Fritz: Manchmal bin ich Traditionalist und deshalb möchte ich an einer
Tradition festhalten, die Alt-StR
Dr. Gschnitzer eingeführt hat, nämlich
dass wir unter diesem Budgetkapitel auch
über die Baukultur, Architektur und
Stadtplanung reden. Deshalb werde ich
jetzt zu diesem Punkt einige Worte, und
zwar zum Beispiel Kaufhaus Tyrol, sagen:
Vor fünf Jahren habe ich in Berlin auf
einem Stadtplanerkongress einen
Stadtplaner aus der ehemaligen DDR
gehört, der in Richtung Stadtplanung
Westdeutschland Folgendes gesagt hat:
"Ihr hoheitlichen Stadtplaner seid die letzte
Bastion des realen Sozialismus im
Westen."
Unsere Stadtplanung kann er damit nicht
gemeint haben, denn diese ist schon
längst auf einer Ebene, wo sie versucht, in
einem schönen Text - der wird demnächst
als Buch erscheinen - "Win-win-Situationen" herzustellen, die das öffentliche
Interesse und das Interesse von Investoren unter einen Hut bringen.
Das finde ich gut und richtig, denn mit
Investoren muss man pfleglich umgehen.
Ein nicht ganz unbekannter Ökonom hat
vor zirka fünfzig Jahren geschrieben, dass
das Kapital ein scheues Reh und äußerst
flüchtig ist. Es kann auch zum Unterschied
von den Menschen, die nicht so flüchtig
wie das Kapital sind, überall hingehen.