Gemeinderatsprotokolle seit 2002
Jahr: 2018
/ Ausgabe: 04_Protokoll_26.04.2018.pdf
- S.26
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politisch, sondern auch wirtschaftlich sehr
gut tun würde? Ich sage es ganz offen, dass
der wichtigste Teil Russlands zu Europa
gehört. Die Fläche geht natürlich weit bis
Asien hinein bzw. ist Asien.
Bei der Türkeifrage gab es in den letzten
Wochen und Monaten auch zwischen einzelnen Ländern Europas durchaus schwierige Diskussionen. Es betrifft vor allem die
Frage der Flüchtlingskrise. Das nicht nur,
weil es in der letzten Woche die Vorfälle in
der Atib-Moschee in Wien gab. Wie seht Ihr
im Europäischen Parlament (EP) die Integration in Europa? Das betrifft vor allem
die Kommunen im Zusammenwirken mit
den Nationalstaaten. Ich bin in der Stadt
Innsbruck auch für das Flüchtlingswesen
zuständig und habe eine breite Themenpalette. Wie siehst Du den aktuellen Stand der
Flüchtlingspolitik in Hinsicht auf die Verfahren und die Integration als Zukunftsperspektive? Wir wissen, wie sich das in den letzten
Jahren ergeben hat.
Mag. Mandl: Danke für die Fragestellung.
Wir haben uns das nicht ausgemacht, auch
wenn man das glauben könnte. Ich freue
mich über die sehr vielfältigen Diskussionsbeiträge.
Wir wissen es aus allen seriösen Quellen
und als Politikerinnen und Politiker, die präsent sind und viele Gespräche führen, dass
Migration und Integration in ganz Europa
Thema Nummer eins ist. Bürgerinnen und
Bürger erwarten und erhoffen dazu von der
Politik Lösungen. Österreich versucht hier
eine Hausverstandsposition und gleichzeitig
vor allem als incoming president mit der Österreichischen EU-Präsidentschaft im
2. Halbjahr 2018 auch eine vermittelnde
Position einzunehmen.
Was heißt das? Die deutsche Bundeskanzlerin Dr.in Merkel sagt, dass sie möglicherweise zukünftige EU-Förderungen daran
knüpfen möchte, wie viele Flüchtlinge ein
Mitgliedsstaat aufzunehmen bereits ist
(Konditionalität). Dazu ist einerseits zu sagen, dass es auf den ersten Blick eine gute
Idee ist. Auf den zweiten Blick - das ist der
Diskussionsstand und keine fertige Botschaft - muss man zweierlei sehen. Wohin
führt das dann auch im Blick auf die Geschichte Europas? Es gibt Gesellschaften,
die nicht bereit sind, Flüchtlinge aufzunehmen und Flüchtlinge, die nicht willig sind irGR-Sitzung 26.04.2018
gendwohin zu gehen, da sie ganz klare Ziele haben. Das wird manchmal vergessen.
Wir haben jetzt lange daran gearbeitet und
müssen weiter daran arbeiten, dass sich
diese Ziele verbreitern und nicht die Route
Österreich - Deutschland - Schweden bestehen bleibt, wie das im Jahr 2015 der Fall
war.
Wir sind nicht soweit. Dabei würden wir soziale Konflikte geradezu auf Knopfdruck
produzieren, wenn wir sagen, dass der
Flüchtling X in das Land Y gehen muss und
es noch quasi mit dem Damoklesschwert
möglicher Kürzungen bei Förderungen verknüpfen.
Ich kann für mich sagen, dass ich nicht nur
in diesem Bereich, sondern auch in anderen
für Konditionalität bin. Am wichtigsten wird
es in den wirtschaftlichen Bereichen sein.
Wir sehen es über Jahrzehnte in Italien und
laufen in der Europäischen Union (EU) auch
Gefahr, es so zu sehen, dass Förderungen
in Entwicklungsregionen nicht unbedingt
bedeuten, dass diese Regionen sich dann
auch tatsächlich entwickeln.
Die Mehrheit im Europäischen Parlament
(EP) ist sich dessen bewusst, dass die
größte Herausforderung für die Europäische
Union (EU) - in ihrer Gesamtheit von den
Kommunen über die Regionen, über die
Mitgliedsstaaten bis zur Unionsebene - in
der Frage der Migration und Integration
liegt.
Der weitere, angesprochene Bereich ist
Russland. Schön zu hören, dass ein so
westliches Land wie Tirol sich auch um die
Russland-Frage kümmert. Das war nur
scherzhaft gemeint. Eines ist ganz wichtig.
Wir leben in einer Phase der Zuspitzung eines Konflikts zwischen der westlichen Welt,
zu der wir als Österreich gehören, wie das
lange nicht der Fall war. Unmissverständlich
in unserer Realität, unseren Werten, unserer Geschichte und Zukunftsoption, gehören
wir zum politischen Westen. Manche sagen,
wir seien das östlichste Land des Westens.
Das bedeutet dann wiederum, dass wir diese Vermittlerrolle haben.
Man muss nur einen Schritt weiterdenken.
Ihr kennt das alte Sprichwort: "Was auch
immer du tust, tue es klug und bedenke das
Ende." Das Ende wird irgendwann sein,
dass der Streit mit Abzug von Diplomatinnen und Diplomaten und anderen Maßnah-