Gemeinderatsprotokolle seit 2002
Jahr: 2006
/ Ausgabe: 2006_08-Oktober.pdf
- S.116
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- 647 -
telefonieren, wie dringend dieses Problem
ist. Ich habe weder eine Volksschule noch
ein Gymnasium gefunden, wo mir der
Direktor bestätigt hat, dass das ein Thema
ist. Das heißt jetzt nicht, dass es dieses
Thema nicht gibt, aber ich glaube, dass
man es den Lehrern, die für den Unterricht
zuständig sind, zutrauen kann, dass sie
merken, wenn es dieses Problem gibt. Die
Lehrer werden sich darum auch kümmern.
Das traue ich den Lehrern auf jeden Fall
zu.
Drittens möchte ich es überhaupt nicht
unterschätzen, dass diese Bevölkerungsgruppe die höchste Suizidrate in Österreich hat. Ich möchte das Problem auch
nicht herunterspielen, aber ich möchte
darauf mit einem Auszug aus einer
Untersuchung im Auftrag der österreichischen Gesellschaft für Familienplanung
aus dem Jahre 2001 antworten. Dort steht,
dass Jugendliche Informationen zur
Sexualaufklärung in hohem Ausmaß von
Gleichaltrigen oder dort, wo Anonymität
wichtig erscheint, z. B. im Internet,
erhalten.
Ich bezweifle, dass eine Schulbibliothek
ein anonymer Ort ist, wo sich Jugendliche
Informationen holen können.
GR Altmann: 50 % meiner Freunde sind
homosexuell. Ich habe mit ihnen die
Jugend durchlebt und auch jetzt im Alter
muss ich sagen, dass sich Gott sei Dank
keiner meiner schwulen Freunde und
lesbischen Freundinnen umgebracht hat.
Die Problematik war vor Jahren vielleicht
noch eine wesentlich stärkere wie heute.
Ich bin der Meinung, dass es nicht
unbedingt notwendig ist, Bücher aufzulegen, wo diese Problematik behandelt wird,
denn bei Leuten, die davon betroffen sind,
sprich bei Familien, wo man merkt, dass
ein Kind zum Schwulsein tendiert, muss
ein Elternteil so viel Initiative aufbringen,
sich diesem Thema zu widmen und damit
auseinander zu setzen.
Weiters bin ich auch der Meinung, dass
bei uns an den Schulen damals viel und
offen darüber gesprochen wurde. Ich
besuchte eine römisch-katholische Schule.
Ich glaube auch nicht, dass es notwendig
ist, in sehr sehr frühen Jahren damit zu
beginnen. Ich habe eine zehnjährige
Tochter und ich weiß, dass sie weiß, was
GR-Sitzung 19.10.2006
es bedeutet homosexuell zu sein, weil sie
einen Onkel hat, der homosexuell ist. Wir
sprechen offen darüber, das heißt aber
nicht, dass meine Tochter das Thema mit
ihren Freundinnen schon angehen muss.
Ich glaube, dass man mit 14 oder
15 Jahren immer noch jung oder alt genug
dafür ist, mit diesem Thema umzugehen.
GR Mag. Schindl-Helldrich: Ich glaube,
dass gerade das Argument, dass es in
den Schulen, wenn man herum telefoniert,
niemanden bis jetzt besonders aufgefallen
ist, dass das ein Thema ist, gerade das
Argument sein muss, das Thema hineinzutragen. Hineinzutragen heißt für mich
nicht, es ihnen aufzuoktroyieren. GR Mair
muss dazu selber Stellung nehmen. Ich
könnte mir sehr wohl ein Mitspracherecht,
natürlich auch seitens der Schulgemeinschaftsausschüsse vorstellen.
Ich kann mir nicht vorstellen, wenn die
Stadt Innsbruck den Schulen etwas
anbietet und finanziert, dass diese das
nicht wollen. Das Internet ist sicher ab
einem gewissen Alter eine Möglichkeit,
aber für jüngere Kinder ist es schon
wesentlich, dass es vollkommen normal
ist, in Büchern darüber zu lesen.
Genau dasselbe ist es, wie wir jahrelang
gegen bestimmte Rollenbilder gekämpft
haben, dass nicht immer Mädchen beim
Puppen spielen und Buben beim Auto
fahren dargestellt werden. Es sollten den
Kindern auch andere Rollenmöglichkeiten
gezeigt werden. Darum geht es. Einfach
zu sagen, dass es so normal ist, verschieden zu sein, dass man eigentlich gar nicht
darüber diskutieren muss, dass dieser Teil
der Literatur auch hin gehört, wo Kinder
ganz normal auf das Zugreifen können,
egal ob sie selber davon betroffen sind
oder nicht. Die Kinder können damit ganz
normal aufwachsen.
Ich finde es hervorragend, dass das bei
Ihnen, GR Altmann, und in Ihrer Familie so
selbstverständlich ist. Ich bezweifle, dass
das überall so selbstverständlich ist, sonst
könnte es solche Probleme nicht geben.
Das sind Selbstwertprobleme, dass
Menschen daran zweifeln, ob es lebenswert ist, so zu leben. Wenn das überall so
normal und selbstverständlich ist, gäbe es
dieses Problem nicht.