Gemeinderatsprotokolle seit 2002
Jahr: 2023
/ Ausgabe: 06-2023-06-15-GR-Protokoll.pdf
- S.47
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Es wurde aber 2019 fallen gelassen und
erst jetzt, kurz vor den Wahlen, wieder aufgegriffen. Ich habe mir kürzlich erst das Ergebnis der Gemeinderatswahlen aus dem
Jahr 1989 angeschaut. Damals ist
Bgm. Willi ganz knapp als Einzelmandatar
der Vereinten Grünen Österreichs (VGÖ) in
den Gemeinderat eingezogen.
Ich glaube, wenn Menschen wissen, dass
es diese Hürde tatsächlich gibt, dann verleitet es sie eher zu strategischem Wählen
und infolgedessen Richtung Großparteien
zu tendieren. Das will heißen, wenn sie ihre
Stimme an NewcomerInnen vergeben, dann
besteht aufgrund dieser 4 %-Hürde das Risiko, dass ihre Stimme dadurch in flöten
geht.
Wodurch wiederum die Gefahr besteht,
dass so manches politische Talent für die
Stadt Innsbruck verloren geht. Deshalb
habe ich vorhin auch die Wahl 1989 angesprochen, bei der Bgm. Willi mit 4,19 %
ganz knapp - als Einzelmandatar - den Einzug in den Gemeinderat geschafft hat.
Ich kann mich einem Argument von GR
Mag. Fritz vollkommen anschließen, und
zwar, dass es so dargestellt wird, als wäre
das die Lösung für die Zersplitterung und
die wenig funktionierende Zusammenarbeit
in diesem Gremium - zumindest in dieser
Periode.
Dieser Meinung bin ich ganz und gar nicht.
Vielmehr sind die Führungsfähigkeiten dafür
verantwortlich, dass wir keine Koalition
mehr haben. Das wurde schlicht und ergreifend sabotiert. In dieser Periode wurden
sehr grobe politische Fehler begangen. Das
löst man allerdings auch nicht mit der Änderung der Wahlordnung. Tut mir leid.
Zudem finde ich auch den Zeitpunkt extrem
ungünstig gewählt. Ich bin durchaus bereit
über dieses Thema zu debattieren. Es gibt
sehr gute Pro- und Kontra-Argumente. Ich
finde es immer gut, sich mit so einer spannenden Materie auseinanderzusetzen - allerdings nicht so kurz vor der Wahl. Es entsteht dadurch einfach die Optik, dass man
sich an die Macht klammern und die Großparteien stärken möchte.
Es hat ein wenig den "Spleen" aus den
USA. Anstatt die Menschen von sich und ihrem Wahlprogramm zu überzeugen, zeich-
GR-Sitzung 15.06.2023
nen die RepublikanerInnen mit "Gerrymandering" die Grenzen von den Wahlbezirken gerne neu oder entscheiden sich, wie
viele Wahllokale in welchen Bezirken geöffnet haben, damit man möglichst viele Leute
daran hindern kann, wählen zu gehen.
(GR Mag. Krackl: Das ist jetzt absurd, GRin
Mag.a Duftner.)
Es ist einfach die gewisse Optik, die
dadurch entsteht. Wenn ich mir das Ganze
ansehe, dann kommt mir das eben in den
Sinn. Dafür kann ich auch nichts. Mir ist
zwar bekannt, dass dieser Antrag heute im
Rechts-, Ordnungs- und Unvereinbarkeitsausschuss mit vier Stimmen gegen drei
Stimmen mehrheitlich durchgegangen ist,
allerdings ist das nicht in Stein gemeißelt,
dass es jetzt auch im Gemeinderat so sein
muss.
Wollen wir wirklich die Stadt sein, die diese
Debatte lostritt? Das wäre ein Präzedenzfall
für ganz Österreich. Wir wären die allererste
Gemeinde. Ich möchte das nur zu bedenken geben.
Wir werden heute dagegen stimmen, weil
ich es nicht für sinnvoll halte. Allerdings
wäre ich sehr gerne dazu bereit, mich dieser Debatte sachlich anzunehmen - aber
eben erst nach der Wahl, falls wir da noch
einmal vertreten sein sollten. Die Thematik
ist ohne Zweifel spannend. Aber eine Änderung der Wahlordnung so kurz vor der Wahl
anzustreben, halte ich nicht für sinnvoll und
wirft auch keine gute Optik auf die Menschen.
GR Onay: Ideen sind immer gut. Ich finde
auch, dass Herr Bürgermeister diese Idee
auf keinen Fall zurückhalten sollte. Wenn er
diese Idee hat, dann soll er sie aussprechen
und wir diskutieren im Anschluss darüber,
ob es sich um eine gute oder schlechte handelt.
In diesem Fall bin ich der Meinung, dass es
für die Demokratie in dieser Stadt eine
schlechte Idee ist - sprich für die Selbstvertretung, die Minderheitengruppen, die BürgerInneninitiativen oder einfach für Menschen, die nicht so viel Geld zur Verfügung
haben wie die ÖVP, die NEOS oder die
FPÖ. Das ist nämlich wirklich eine problematische Entwicklung. (Unruhe im Saal)
Ich denke, dass sich das was hier gefordert
wird, mit einer knappen Mehrheit ausgehen