Gemeinderatsprotokolle seit 2002

Jahr: 2013

/ Ausgabe: 02-Feber_geschwaerzt.pdf

- S.31

Suchen und Blättern in über 500 PDFs und 44.000 Seiten.





vorhergehende ||| nächste Seite im Dokument

Zur letzten Suche
Diese Ausgabe – 02-Feber_geschwaerzt.pdf
Ausgaben dieses Jahres – 2013
Alle Ausgaben

Dieses Bild anzeigen/herunterladen
Gesamter Text dieser Seite:
- 98 -

sondern nur darauf hinweisen, dass hier
eine neue Kriteriengruppe zur Anwendung
gelangt.
Das sind die so genannten Selektionskriterien. Auch diese müssen objektiv und nicht
diskriminierend sein und mit dem Auftragsgegenstand zusammenhängen. Dies jedoch
nicht in dieser Dimension, wie es bei den
zuvor angesprochenen Zuschlagskriterien
der Fall ist. Die Selektionskriterien sind sehr
auftragsgeberinnen- bzw. auftragsgeberfreundlich, da sie nicht der Anfechtung nach
der Verordnung des Tiroler Vergabenachprüfungsgesetzes 2006 unterliegen.
Der Status quo bei den vergabefremden
Kriterien (soziale Kriterien) ist derzeit jener,
dass man die Grundsätze des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) zu beachten
hat. Das bedeutet, dass Zuschlagskriterien
projektstreng und sachbezogen zu sehen
und für die Umsetzung von sozialen Kriterien nicht geeignet sind. Allerdings bestehen
auf europäischer Ebene Reformbestrebungen. Es gibt einen Richtlinienvorschlag für
den klassischen Auftraggeberinnen- und
Auftraggeberbereich, wie zum Beispiel die
Stadtgemeinde Innsbruck, wonach soziale
Kriterien auch in die Richtlinie bzw. Verordnung Eingang finden sollten. Die derzeitigen
Verhandlungsstände sind uns mit heutigem
Datum leider nicht bekannt.
Auch auf Bundesebene gibt es Bestrebungen, so genannte vergabefremde Kriterien
stärker zu berücksichtigen. Es gibt einen
nationalen Aktionsplan für eine nachhaltige,
öffentliche Beschaffung, wobei die soziale
Beschaffung ein Teil dieses Planes ist.
Zusammenfassend bedeutet das, dass sich
eine öffentliche Auftraggeberin, wie die
Stadtgemeinde Innsbruck, wenn sie soziale
Kriterien berücksichtigen möchte, einem
sehr hohen Anfechtungsrisiko aussetzt und
als Verfahrensarten eigentlich derzeit auf
der rechtskonformen und sicheren Seite nur
die Direktvergabe, allenfalls die Direktvergabe mit vorheriger Bekanntmachung,
anbietet. Die anderen Bestimmungen sind
derzeit noch sehr wenig durch die Judikatur
ausgelegt.
Wenn die Stadtgemeinde Innsbruck soziale
Kriterien in Angriff nimmt, betritt sie vergaberechtliches Neuland, da hier ein bestimmter Gesetzesbegriff besteht. Wenn man es,
wie vorher angesprochen, bei zweistufigen
GR-Sitzung 21.2.2013

Verfahren zur Anwendung bringen möchte,
hätte man in der ersten Stufe zur Beurteilung der Unternehmen eine starke Verlängerung der Verfahrensdauer in Kauf zu
nehmen, was natürlich mit einer starken
Kostensteigerung und einem erhöhten Verwaltungsaufwand, sowie mit einem erhöhten Anfechtungsrisiko verbunden ist.
Bei zweistufigen Verfahren können sowohl
die Kriterien zur Beurteilung der Unternehmen als auch die später zur Anwendung
kommenden Zuschlagskriterien einzeln gesondert angefochten werden. Schwierigkeiten für die Verwaltung bereitet allenfalls
auch die Überprüfbarkeit der aufgestellten,
sozialen Kriterien. Dabei denke ich an den
Frauenanteil. Eine Baufirma, die im Winter
wesentlich weniger Mitarbeiterinnen aufweist, als in den Sommermonaten, wird in
den Wintermonaten die Frauenquote durch
Sekretariatspersonal allenfalls wesentlich
leichter erfüllen können als in den Sommermonaten.
Hier ist die Vergleichbarkeit und Überprüfbarkeit in sehr eingeschränktem Maße gegeben. Bewusst muss man sich auch sein,
dass soziale Kriterien den administrativen
Aufwand für Vergabeverfahren erhöhen.
Das würde unmittelbar auch eine Kostensteigerung in der öffentlichen Beschaffung
für die Auftraggeberin selbst bedeuten. (Beifall)
Bgm.in Mag.a Oppitz-Plörer: Ich bedanke
mich auch im Namen des Gemeinderates
für diese Präsentation. Sie sehen, dass diese Arbeitsgruppe bereits vor diesem Antrag
tätig war. Auch im Ausschuss für Arbeit,
Wirtschaft und Tourismus wurde dementsprechend auch berichtet. Den Vorschlag
aus dem Ausschuss könnte GR Buchacher
referieren. Falls es noch Fragen gibt, könnte
die Arbeitsgruppe den Versuch starten, diese Kriterien zu definieren, wobei festgestellt
werden muss, dass wir uns hier zu einem
großen Teil auf Neuland begeben.
GR Buchacher: Es stimmt, dass wir uns
auf Neuland begeben. Wenn es um soziale
Kriterien und um das Wohl des Menschen
geht, sollten wir uns die Mühe machen und
nicht darüber nachdenken, dass eventuell
die Kosten gesteigert werden.
Wir haben den Antrag eingebracht, im Ausschuss für Arbeit, Wirtschaft und Tourismus
beraten und sind der Meinung, dass diese,