Gemeinderatsprotokolle seit 2002

Jahr: 2014

/ Ausgabe: 07-Protokoll_12_06_2014.pdf

- S.30

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heitsfördernd ist. Das machen wir aber
nicht, aus guten Gründen. Also ist die Frage, ob man ohne Alkohol genau so gut lustig sein kann wie mit Alkohol, nicht die Frage, die heute zur Debatte steht.
Heute diskutieren wir darüber, was im öffentlichen Raum passiert. Der französische
Historiker und Urbanist Jacques Le Goff hat
ein dickes Buch geschrieben "Die Liebe zur
Stadt". Der Autor ist mit Herz und Seele ein
städtischer Mensch - so wie ich, der ich im
Stadtzentrum geboren bin und nicht vom
Land komme. Le Goff schildert auf über
hundert Seiten auch, welch grauslige Zumutung Städte manchmal waren und warum
man Städte trotzdem liebt. Eine Stadt ist
eben bitte nicht Disneyland!
Eine Stadt ist etwas, in der es viele tolle
Chancen und Erlebnisse gibt, aber auch
manche Dinge, die einem auf die Nerven
gehen und die stellenweise an die Grenze
dessen gehen, was auszuhalten ist. Ohne
diese Zumutungen, die es in einer Stadt halt
auch gibt, ist eine Stadt keine Stadt, sondern bestenfalls ein Potemkinsches Dorf,
das so tut, als wäre es eine Stadt.
Ich glaube, es ist ganz wichtig, dass man
das ernst nimmt und sagt - jawohl, städtisches Leben ist toll, bietet viele Entwicklungschancen, hat aber auch manche Zumutungen, mit denen ich umgehen muss.
Nun komme ich zum rechtlichen Kern: Nicht
alles, was mir, unserer Frau Bürgermeisterin oder GR Federspiel auf die Nerven geht
(in jedem Fall zurecht auf die Nerven geht),
ist ein Missstand im Sinn des Artikels 118
Absatz 6 Bundesverfassungsgesetz (B-VG).
Ich sage nun noch etwas sehr Persönliches.
Ältere KollegInnen wissen das, die jüngeren
vielleicht nicht: Ich bin ja nicht als "Grüner"
auf die Welt gekommen, sondern habe eine
andere Vergangenheit - nämlich eine linksextreme. Ich habe mich mühsam zum Begriff der Rechtsstaatlichkeit und der demokratischen Reformen hin entwickelt - mit
gutem Grund, sage ich heute.
Gerade deswegen ist für mich Rechtsstaatlichkeit etwas Wichtiges! Das ist kein formaler Begriff, sondern ein zutiefst inhaltlicher
Begriff. Deshalb sind mir Urteile des Verfassungsgerichtshofs (VfGH) vielleicht wichtiger als manch einer/m Kollegin/en im Gemeinderat!
GR-Sitzung 12.06.2014

Der Verfassungsgerichtshof hat eine Reihe
von Urteilen zum Artikel 118 Absatz 6 gefällt. Aus meiner Sicht wenig überraschend
hat er diese Verordnungsermächtigung immer relativ eng ausgelegt und hat sehr viele
dieser Ortspolizeilichen Verordnungen verworfen. Unter anderem auch mit dem Argument, dass das Vorliegende kein Missstand im Sinne der Bundesverfassung sei,
sondern vielmehr ein nicht gesetzeskonformer Zustand. Daher bestehe die Möglichkeit, ihn durch andere Gesetze zu ahnden.
Das ist einer der ganz entscheidenden
Punkte: Alles und jedes, was zugegebenermaßen an Störendem manchmal in der
Maria-Theresien-Straße passiert, ist schon
verboten! Es sage keiner, wenn man gegen
das Alkoholverbot ist, dann ist man gleichzeitig dafür, dass Frauen begrapscht oder
angemacht werden bzw. herumgepöbelt
wird! Ich bin gegen jede dieser Handlungen,
aber sie können schon jetzt exekutiert werden!
Die Befürworter des Verbots führen ins Treffen, dass das Ahnden furchtbar schwierig
sei. Im Akt steht, man müsse die ganze Zeit
daneben stehen, um just in dem Moment
eingreifen zu können, in dem die verbotene
Handlung begangen wird. Daher wolle man
größerflächig vorgehen und durch dieses
Verbot bewirken, dass es erst gar nicht zu
solchem Fehlverhalten kommt. Dieses Verbot sei leichter zu exekutieren.
Ich frage mich aber, wie leicht wird das zu
exekutieren sein? Muss die Mobile Überwachungsgruppe (MÜG) an jedem ColaFlascherl schnuppern, ob da vielleicht auch
Rum drin ist? An jeder Red Bull-Dose riechen, ob vielleicht auch Wodka dazugemischt ist? Von jeder Bierflasche, die kein
Etikett mehr hat, kosten, ob es sich um ein
"Clausthaler alkoholfrei" handelt und ergo
erlaubt ist? Redet Euch doch nicht ein, dass
das Kontrollieren dieses Verbots viel leichter sei als das schwierige Ahnden verbotener Handlungen!
Noch einmal: Jede einzelne dieser Handlungen ist zu verurteilen, ist gesetzeswidrig
und ist zu exekutieren! Deswegen aber jeder/m, die/der überhaupt nichts anstellt, in
einem bestimmten Teil des öffentlichen
Raumes ein Verhalten zu verbieten, das
ansonsten jeder Mensch überall im öffentlichen Raum setzen darf (nämlich Platz zu