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Jahr: 2017

/ Ausgabe: 09-Protokoll__13.07.2017.pdf

- S.20

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Eines Tages hat mich der amtierende Präsident der Wirtschaftskammer Österreich
(WKO), Dr. Leitl gefragt, ob ich bereit wäre,
für den Oberösterreichischen Landtag zu
kandidieren. Ich wurde gewählt und bin auf
Anhieb Vorsitzender des EU-Integrationsausschusses des Oberösterreichischen
Landtags geworden. Fünf Jahre haben wir
benötigt, um Österreich in die Europäische
Union (EU) zu führen. Bei der Wahl im
Jahr 1995 war ich noch kurzfristig im Nationalrat und wurde dann in das Europäische
Parlament (EP) entsandt. Im Jahr 1996 habe ich dort begonnen.
Ich muss sagen, dass es eine riesige Umstellung war, denn ich bin eigentlich mit dem
Vorsatz gefahren, dass es etwa so sein wird
wie im Oberösterreichischen Landtag und
man zwischendurch auch viel anderes machen wird können. Es war eigentlich die
größte Überraschung, dass der Betrieb in
Brüssel jeden Tag von 08:00 Uhr morgens
bis um 23:00 Uhr abends durchgeht und
man der Politik eine 70- bis 80-Stundenwoche schuldet. Von Montag bis Donnerstag ist man drei Wochen pro Monat in Brüssel und die vierte Woche von Montag bis
Donnerstag in Straßburg. Von Donnerstag
abends bis Montag in der Früh darf man zu
Hause fleißig unterwegs sein, da natürlich
alle Ebenen daran interessiert sind, was in
Brüssel geschieht und man zahlreiche Debatten führt, was man besser machen kann.
Es gibt wahrlich sehr vieles, was man in
Brüssel besser machen könnte. Das ist auf
jeder Ebene gleich. Wir alle müssen versuchen, die Dinge zu verbessern und uns
dementsprechend Optionen überlegen, wie
wir Verbesserungen erreichen können.
Ich habe das Glück gehabt, dass ich damals
unserem Klubobmann im Europäischen
Parlament (EP), Dr. König, nachgefolgt bin
und habe von ihm den Haushaltsausschuss
übernommen. Haushalt ist deshalb so interessant, weil wir uns natürlich in der Europäischen Union (EU) nicht verschulden dürfen. Das ist in den Grundsatzverträgen so
geregelt. Wir haben in den letzten Jahren
auch das Budget ständig reduziert.
Als ich nach Brüssel kam, lag der Haushalt
des Bruttoinlandprodukts (BIP) bei 1,09 %.
Zum Vergleich dazu liegt das Bruttoinlandprodukt (BIP) der Nationalstaaten bei 30 %
bis 50 %. Wir haben uns ständig auf 1,06 %
bis 1,02 % heruntergearbeitet. Derzeit lieGR-Sitzung 13.07.2017

gen wir bei 0,98 % des Bruttoinlandprodukts
(BIP).
Außerdem haben wir von den Staats- und
Regierungschefs den Auftrag erhalten, jedes Jahr die Dienstposten um 1 % zu reduzieren. Ich muss sagen, dass man als
Haushälter weiß, dass dies in der Regel der
natürliche Abgang leisten kann. Deshalb
sind zusätzliche Wünsche, welche ständig
an uns herangetragen werden, relativ
schwer zu erfüllen - egal ob man die Europäische Agentur für die Grenz- und Küstenwache (Frontex) oder die Migrationsagentur nimmt.
Viele andere Dinge, wo der europäische
Mehrwert für die Bürgerinnen und Bürger
unmittelbar nachzurechnen wäre, könnten
wir auf EU-Ebene weit besser erledigen. Es
ist sehr schwer, das dementsprechend umzusetzen. Wir bemühen uns deshalb auch
immer wieder zu zeigen, was es der Bürgerin und dem Bürger kostet, wenn wir es
nicht auf europäischer Ebene machen.
Wir schätzen natürlich das Prinzip der Subsidiarität. Das ist das Wichtigste und kann
natürlich keine Einbahnstraße sein. Wir wollen immer wieder erreichen, dass Themen,
die man auf der jeweiligen Ebene nicht alleine bewältigen kann, auf die andere Ebene kommen und Themen wieder zu delegieren, bei denen man merkt, dass es eigentlich gar nicht notwendig ist, sie auf europäischer Ebene zu regeln.
Wir haben jetzt z. B über die zehn Gesetzgebungen der Europäischen Union (EU) eine Studie gemacht. Sie kam gar nicht gut
an und man sollte sie eigentlich dementsprechend wieder eliminieren. Ich glaube,
das ist auch eine ganz gute Übung.
Allerdings habe ich bereits damals als Mitglied im Deregulierungsausschuss im Oberösterreichischen Landtag gelernt, voller Dynamik zu sagen, dass man Gesetze abschafft. Unter anderem hat der Landtagsdirektor drei Vorschläge gemacht, was man
abschaffen könnte. Einer davon war das
Bergführerinnen und Bergführergesetz. Ich
werde nie vergessen und es war die beste
Lehre meines Lebens. Wir haben gesagt,
dass ein Bergführer eigentlich kein Landesgesetz benötigt, denn der Alpenverein (AV)
und die Naturfreunde können das selbst
weit besser und die Politik muss sich dabei
nicht einmischen.