Gemeinderatsprotokolle seit 2002
Jahr: 2007
/ Ausgabe: 2007_04-April.pdf
- S.56
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dem Tiroler Landlibell 1511 bis hin zu den
Weltkriegen, zu errichten."
Das war das erste Mal, wo mir der kalte
Schauer über den Rücken gelaufen ist.
Spätestens im Zweiten Weltkrieg haben
die Tiroler, die in der Hitler-Armee
"verreckt" sind, nicht im Sinne des
Landlibells für die Heimat und für die
Tiroler Wehrhaftigkeit gekämpft, sondern
weil sie für einen verbrecherischen Krieg
gezwungenermaßen auf die Schlachtfelder geschickt und dort umgebracht worden
sind.
Dass ein Amt der Tiroler Landesregierung
unter dem Titel "jetzt steht das Jahr 2009
Andreas-Hofer-Gedenkjahr bevor" in
einem Brief an die Mag.-Abt. III, Stadtplanung, wo es um die Rahmenbedingungen
eines städtebaulichen Wettbewerbs geht,
einen derartigen Irrsinn hineinschreibt,
habe ich zum ersten Mal Angst bekommen. Ich habe mir gedacht, dass das nicht
wahr sein kann. Dies wurde dann Schritt
für Schritt abgemildert.
Plötzlich hat es "Museum der Traditionskultur" geheißen. Im Wettbewerb hat es
überhaupt nur mehr ganz unspezifisch
"Museum" geheißen. Es ist wahrscheinlich
auch dem Amt der Tiroler Landesregierung aufgefallen, dass vielleicht mit
solchen Formulierungen im Jahr 2007
keine große Begeisterung auslösbar ist.
Deshalb hat man das immer wieder
abgestuft, aber es ist immer noch so.
Wir sind hier nicht mit dem Versuch
konfrontiert, den Bergisel landschaftlich
architektonisch, stadtgestalterisch von der
Nützlichkeit der Naherholung und als
Museumsquartier aufzuwerten. Der
Anlass, warum wir das Ganze machen ist
nicht der, weil wir das brauchen, sondern
die 200-Jahrfeier 2009 in Gedenken an
das Jahr 1809.
StR Mag. Schwarzl hat schon "in Gedenken an was" gesagt. In Gedenken an eine
verlorene Schlacht, wo nachher die
Habsburger, nachdem Andreas Hofer in
Mantua geklaut und die Gebeine nach
Innsbruck transferiert wurden, ihm hier ein
Staatsbegräbnis verschafft haben, weil es
gerade in die "Ziele Fürst Metternichs"
gepasst hat. Die Tiroler haben sich gegen
die Zwangsrekrutierung durch die Bayern
gewehrt. Die Tiroler haben gegen höhere
GR-Sitzung 19.4.2007
Steuern rebelliert. Ein paar Jahre später
haben die Habsburger in Tirol mehr
Steuern eingehoben, als es sich die
Bayern jemals getraut hätten.
Es waren unter jedem Gesichtspunkt
verlorene Schlachten, und zwar nicht nur
militärisch verloren, sondern auch von der
historischen Konsequenz her. Es wird
schon sein, dass sich manche Völker ihre
historische Identität gerne auf Niederlagen
aufbauen, aber dann muss man sich
fragen, welche Werte es waren, die
verteidigt worden sind.
Es liegt mir fern, dem Andreas Hofer
vorzuwerfen, er hätte eine Einstellung
haben sollen, wie sie ein durchschnittlicher
österreichischer Demokrat im Jahr 2007
hat. Es ist klar, dass wenige Jahre nach
der französischen Revolution sich die Idee
von Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit
noch nicht bis in das hinterste Tal Tirols
herumgesprochen haben wird.
Die ganzen Inhalte der Regierungszeit von
Andreas Hofer in Innsbruck waren - ich
sage nur Umgang mit der Universität verjagen, wenn nichts Schlimmeres,
physischer Zwang gegen ungeliebte
Professoren, weil nicht ganz orthodoxkatholisch oder vielleicht zu liberal,
Unterdrückung der Religionsfreiheit der
Protestanten usw.
Was das mit der offiziellen Aussage oder
dem offiziellen Motto "Freiheit verbindet"
zu tun hat, muss mir erst jemand erklären.
(Bgm. Zach: Deshalb kommt das Museum.)
Ich glaube nicht an die vielen schönen
Worte, was dort alles passieren und wie
umfassend unsere Geschichte aufgearbeitet wird usw. Ich glaube, der Zweck ist
immer noch die Zementierung eines ganz
bestimmten Bildes der Tiroler Geschichte,
welche nicht die meine ist und deshalb
werde ich nicht zustimmen.
Ein letztes Wort zu GR Dr. Waibel:
Natürlich darf die Mehrheit machen, was
sie will. Die Mehrheit beschließt dieses
Projekt und wird es auch machen, aber sie
soll nicht von mir verlangen, dass ich dem
auch noch zustimme. Nur um das geht es.
Ich will die Mehrheit nicht daran hindern
etwas zu tun, wozu sie berechtigt ist, weil
sie eine Mehrheit hat.