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Jahr: 2008

/ Ausgabe: 2008_01-Jaenner.pdf

- S.35

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- 31 -

wenn es um ganz besondere Qualifikationen schöpferischer und geistiger Art geht.
Obwohl eigentlich alles innerhalb der
Bestimmungen des österreichischen
Bundesvergabegesetzes (BVergG)
gelaufen ist - zumindest faktisch -, beruft
sich die Innsbrucker Stadtbau GesmbH
ausdrücklich darauf, dass sie nicht unter
das österreichische Bundesvergabegesetz
(BVergG) fällt.
Wie wichtig das ist, zeigt sich bei dem
Aufstand, den wir jetzt gerade in Österreich anlässlich der Immobilien der
Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB)
hatten, die bei einem Milliardenprojekt,
nämlich beim Wiener Hauptbahnhof,
glauben, mit einem geladenen Verfahren
mit mickrigen acht geladenen Architekten
anstatt mit einem europaweiten Wettbewerb auszukommen. Es gibt mit Recht
darüber Empörung, dass sich Bundesgesellschaften um Wettbewerbe drücken und
mit der Flucht aus dem österreichischen
Vergaberecht prominent voranstehen.
Unsere Kontrollabteilung sagt gegenüber
der Innsbrucker Stadtbau GesmbH, dass
gerade solche ausgegliederten Betriebe
der öffentlichen Hand - die Innsbrucker
Stadtbau GesmbH ist zu 75 % im Besitz
der Stadt Innsbruck und zu 25 % im Besitz
des Landes Tirol -, eigentlich mit gutem
Beispiel vorangehen sollten und sich im
öffentlichen Auftragswesen an die
gesetzlichen Normen halten.
Sie berufen sich darauf - das nehme ich
sehr stark an -, dass in den Bestimmungen des § 3 Abs. 1 Ziff. 2, die den
persönlichen Geltungsbereich festlegen,
drei Bedingungen angeführt sind, die
kumulativ zu erfüllen sind. Eine dieser drei
Bedingungen trifft möglicherweise nicht
auf die Innsbrucker Stadtbau GesmbH zu,
nämlich "Gesellschaften, die zu einem
besonderen Zweck gegründet wurden und
im Allgemeininteresse liegende Aufgaben
zu erfüllen haben, die nicht gewerblicher
Art sind." Jetzt ist die Innsbrucker Stadtbau GesmbH der Meinung, dass sie
gewerblich tätig ist.
Ich möchte darauf aufmerksam machen,
dass zu dieser Definition, was die im
öffentlichen Interesse liegenden Aufgaben
nicht gewerblicher Art sind, es ein EuGHUrteil aus dem Jahr 2003 gibt, und zwar
GR-Sitzung 31.1.2008

genau ein Jahr nach dem Gutachten, auf
das sich die Innsbrucker Stadtbau
GesmbH beruft. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) ist mit Urteil
C-18/01 vom 22.5.2003 aufgrund des so
genannten Falles "Riitta Korhonen" zu
folgendem Ergebnis gekommen: Bei der
Beurteilung, ob ein solches Unternehmen
im gewerblichen oder eher im nicht
gewerblichen Bereich tätig ist, kommt es
im Einzelfall auf die Umstände die zur
Gründung dieser Gesellschaft geführt
haben, auf die Voraussetzungen unter
denen sie ihre Tätigkeit ausübt, auf die
Risiken denen sie in ihrer Tätigkeit
unterliegt und die etwaige Finanzierung
der Tätigkeit aus öffentlichen Mitteln, an.
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) stellt
sich wieder einmal auf den Standpunkt,
den er immer einnimmt, wenn es irgendwo
Trennung von staatlichem und privatwirtschaftlichem Bereich heißt, dass es nicht
auf Formalitäten ankommt - 27 Mitgliedsstaaten definieren nämlich anders, was
formalrechtlich Staat ist -, sondern auf
eine funktionale Betrachtungsweise, ob
der Staat als solcher in Verfolgung von
Allgemeininteressen tätig ist.
Das ist bei der Innsbrucker Stadtbau
GesmbH - das sagt die Kontrollabteilung
sehr richtig - gerade aufgrund ihrer
Satzung und der eingeschränkten
Tätigkeit ihrer unternehmerischen Ziele
durch die Satzung der Fall. Die Innsbrucker Stadtbau GesmbH ist nach der
funktionalen Rechtssprechung des
Europäischen Gerichtshofes (EuGH)
vielmehr im staatlichen Bereich als im
privatwirtschaftlichen Bereich tätig.
Ich unterstreiche das und die Kontrollabteilung sagt völlig zu Recht, dass solche
zu 100 % im öffentlichen Eigentum
stehende Gesellschaften, die Angelegenheiten vom öffentlichen Interesse oder im
Allgemeininteresse liegende Aufgaben
erfüllen, sich eigentlich hinsichtlich der
Auftragsvergabe an das österreichische
Bundesvergabegesetz (BVergG) halten
und nicht mit windigen Gutachten versuchen sollten, sich aus dem österreichischen Vergaberecht zu schleichen.
Mir ist klar, dass das österreichische
Bundesvergabegesetz (BVergG) in
Einzelfällen nicht leicht zu handhaben ist.