Gemeinderatsprotokolle seit 2002
Jahr: 2008
/ Ausgabe: 2008_04-April.pdf
- S.32
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GRin Mag.a Mayr: Die Innsbrucker Grünen
nützen einen Antrag des Bauausschusses,
um wieder gegen die Situation in unseren
ausgezeichneten Innsbrucker Wohnheimen zu wettern. Die Heime werden als
Ghettos bezeichnet, was ich für eine
Ungeheuerlichkeit empfinde. Ich glaube,
behaupten zu können, dass ich die
Wohnheime und die Situationen kenne.
Ich bin der Woche mehrere Stunden in
den Heimen, vordergründig in einem
Heim, aber auch in den anderen Heimen.
Ich kann Ihnen allen versichern, dass
diese verqueren Ideen, die hier verbreitet
werden, weder in der Praxis noch im
Wunsch der alten Leute Platz haben.
Es gibt Ehepaare in den Wohnheimen, die
so leben, wie sie sich das wünschen. Die
meisten Eheleute, die sehr lange verheiratet sind, wollen dann im Alter jeder für sich
einen Rückzug haben. Die Ehefrau lebt im
dritten und der Ehemann im ersten Stock
und sie treffen sich beim Essen oder den
gemeinsamen Veranstaltungen. Das ist
eine Möglichkeit, die sie zu Hause, neben
all dem anderen nicht haben. Grundsätzlich möchte ich dieses Thema jetzt nicht
zusätzlich ausweiten, aber es ist schon
ärgerlich, wenn ein Antrag des Bauausschusses dazu missbraucht wird, wieder
diese Ideen hier einzubringen.
in
GR Wanker: Ich sage einmal GR
Dr.in Krammer-Stark, dass diese Wortmeldung unter diesem Tagesordnungspunkt
überhaupt nichts verloren hat, weil wir
über etwas ganz anderes diskutieren.
Zweitens wollte ich Ihnen nur ganz kurz
zur Aufklärung sagen, weil Sie die kleinen
Einheiten mit Werkstatt und Garten so
idyllisch geschildert haben. Ich war öfters
in Skandinavien, wo solche Projekte
immer wieder gestartet wurden und immer
Schiffbruch erlitten haben, weil sie
wirtschaftlich nicht zu führen sind. Vor
zwei Jahren in Stockholm, in Malmö in der
Heimat vom lieben Johann war das der
Fall. Ich kenne mich diesbezüglich aus. Es
wurde mit diesen kleinen Einheiten
finanziell immer Schiffbruch erlitten. Es
gibt dort private Organisationen, die auch
so etwas geführt haben und vor größten
finanziellen Problemen stehen.
Bgm.-Stellv. Dipl.-Ing. Sprenger: Wir
haben die Grundsatzdiskussion darüber
GR-Sitzung 24.4.2008
schon sehr oft geführt. Ich will mich hier
nicht verbreitern, weil dieser Tagesordnungspunkt eine Widmung zum Ziel hat
und es damit verfehlt ist, dieses Thema
breit zu diskutieren. Deshalb möchte ich
nur ein paar kurze Anmerkungen machen.
Erstens ist es das sozialpolitische Ziel in
unserer Stadt, die älteren Menschen
möglichst lange in den eigenen vier
Wänden zu halten. Wir haben deshalb in
den vergangenen Jahren die ambulanten
Dienste massiv ausgebaut, sei es bei den
Johannitern Tirol, bei der Caritas oder bei
der Innsbrucker Soziale Dienste gemeinnützige GesmbH (ISD). Die Folge davon
ist, dass die Menschen wirklich sehr, sehr
lange in den eigenen Wänden bleiben, bis
sie einfach meistens entweder durch eine
akute Erkrankung oder ansonsten sehr
betreuungs- und pflegebedürftig sind.
Dann kommen diese Menschen in ein
Heim.
Ich muss noch einmal sagen, dass wir in
den Heimen eine Sterbequote von 50 %
haben. Das heißt, dass die Menschen die
letzten Monate ihres Lebens, eigentlich
70 oder 80 % bereits dement zu uns
kommen und hier oft schon multimorbid
betreut werden, bis sie dann versterben.
Es ist eine Illusion, dass man hier in
Gemeinschaften zusammen lebt so wie
beispielsweise die Behinderten. Behinderte, die z. B. bei der Lebenshilfe in Wohngemeinschaften leben, sind junge
Menschen, die über Jahrzehnte gemeinsam zusammen leben und sind aktiv.
Ich habe erst vor einiger Zeit die Heimleiterin vom Wohn- und Pflegeheim Pradl
gefragt, warum sie nicht verschiedene
Veranstaltungen macht. Sie hat mir
mitgeteilt, dass die Leute nicht mehr in der
Lage sind, das überhaupt aufzunehmen.
GRin Dr.in Krammer-Stark, gehen Sie doch
einmal in die Aufenthaltsbereiche, dann
werden Sie sehen, dass die Kommunikationsfähigkeit dieser Menschen unglaublich
reduziert ist. Vielfach sind die Leute kaum
noch ansprechbar.
Hier zu meinen, dass man ein Gemeinschaftsleben leben kann, das ist fern jeder
Realität. Sie reden wie der Blinde von der
Farbe. Sie erkennen die Realität nicht.
Gehen Sie in die Heime und sehen Sie
sich die Situation an. Es ist einfach