Gemeinderatsprotokolle seit 2002
Jahr: 2020
/ Ausgabe: 2020-12-10-GR-Protokoll.pdf
- S.37
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und in den Arbeitsmarkt einsteigen wollen,
nun wieder kritisiert werden.
Hier wird sichtbar, dass es um Macht geht!
Rechte müssen wirklich für alle gelten. In
vielen Bereichen werden Menschen vernachlässigt. Das trifft vor allem auf Frauen
zu. Beim Integrationsleitbild möchte ich die
wichtige Weiterentwicklung in den Vordergrund stellen.
Integration heißt nicht nur Deutsch zu lernen. Wir haben viele Menschen hier, die
perfekt Deutsch sprechen, aber immer noch
daran gehindert werden, in Österreich ihre
Potentiale auszuleben. Man sollte es nicht
als eine Bringschuld von zugewanderten
Menschen sehen, sondern als Raum, in
dem sich die Gesellschaft weiterentwickeln
kann.
In Tirol und speziell in der Stadt Innsbruck
kann es sehr schwer sein! Ich habe bei
Dr. Gstir mein Verwaltungspraktikum absolviert. Im Rahmen eines Projektes ist uns
eine Geschichte zugetragen worden. In
einer Gemeinde gibt es einen Bürgermeister, der 40 Jahre zuvor in einer Nachbargemeinde aufgewachsen ist. Er zog später in
eine Gemeinde, die innerhalb von nur 5 Minuten erreichbar war. Er lebte dort 40 Jahre
und hat Kinder bekommen. Später wurde er
zum Bürgermeister gewählt.
Im Rahmen seiner Tätigkeit ließ er eine
Straße erneuern. Eine ältere Frau kam zu
ihm und sagte ihm, dass es gut sei, dass er
das nun umsetzte. Sie meinte, da muss erst
ein Fremder kommen, damit die Straße errichtet wird.
Das ist typisch Tirol! Wir reden über die Integration in Tirol, wo selbst Menschen die
nur fünf Minuten weiter weg geboren wurden, auch als Fremde angesehen werden.
Ich könnte weitere tausende Geschichten
erzählen. Während meines Praktikums
habe ich einen Adventskranz gebastelt. Ich
habe ihn in das Büro gebracht. Er war
schön, auch wenn Dr. Gstir das bis heute
bestreitet. Das ist gelebte Integration! Wenn
wir alle, jeder/jedem den nötigen Raum lassen, schaffen wir mehr für alle, nicht nur für
neu Zugezogene. (Beifall)
GRin Duftner: Vielen Dank für die Präsentation dieses Leitbildes. Ich freue mich sehr
über den Wandel, den es vollzogen hat.
GR-Sitzung 10.12.2020
Interessanterweise startete durch das erste
Leitbild, welches das Land Tirol erlassen
hatte, meine politische Karriere. Während
eines Seminares auf der Universität Innsbruck (UNI) wurde es besprochen. Ich habe
es dort kennengelernt.
Ich wurde von einer Kommilitonin gefragt,
ob ich mich bei der sogenannten "MakiGruppe", geleitet von GRin Dr.in KrammerStark, auch beteiligen möchte. So kam ich
zu den GRÜNEN.
Ich finde, es sind sehr wichtige Themen angesprochen worden. Es ist wahr! Wir thematisieren diese Normalität, was ein gesellschaftlicher Wandel ist. Eine Gesellschaft
wandelt und verändert sich immer! Das ist
normal! Diese Tatsache kommt im Bewusstsein der Bevölkerung nicht an, doch wir
müssen es schaffen, diese Botschaft zu vermitteln.
Ein weiterer wichtiger Punkt, der uns alle
betrifft, ist die Partizipation. Wir sprechen oft
über den Frauenanteil. Selbst 100 Jahre
nach der Einführung des Frauenwahlrechtes sind Frauen in der Politik unterrepräsentiert!
Im Parlament erreichen Frauen gerade
noch 30 %. Wenn man Dr.in Bierlein mitrechnet, hatten wir erst zum zweiten Mal
eine paritätische Regierung. Erst in der letzten Regierungsperiode haben wir das im
Land Tirol erreicht.
Worüber wir nicht sprechen, ist die Stadtpolitik. Ich erinnere mich noch gut daran. Von
2012 bis 2018 hat sich die Anzahl der EUBürgerInnen, die das passive und aktive
Wahlrecht in der Stadt Innsbruck haben verdoppelt. Inzwischen machen diese Menschen ein Viertel der Stadtbevölkerung aus.
Rechnet man es auf die Mandate im Gemeinderat um, würde das 10 Mandate ausmachen.
(StR Federspiel: Ihr habt 10 Mandate!)
Wir GRÜNE haben 10 Mandate, aber wir
haben nicht so viele Nicht-EU-BürgerInnen
auf der Liste. Ich bin damals als Slowakin in
den Gemeinderat eingezogen, doch inzwischen habe ich die österreichische Staatsbürgerschaft.
Das ist ein Manko und ein brachliegendes
Potenzial. Menschen, die täglich daran erinnert werden, sie seien Fremde. Man spricht