Gemeinderatsprotokolle seit 2002

Jahr: 2020

/ Ausgabe: 2020-12-10-GR-Protokoll.pdf

- S.36

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war, viele Freunde, die gute Fußballer waren, hatte, bemerkte ich, dass meine Familie und ich nie ein Problem mit Integration
hatten, weil wir etwas konnten.
Im Integrationskonzept kam allerdings etwas anderes heraus. Es war die gleiche
Verwertungslogik wie zuvor! Zuerst wird
verwertet: Man holt Menschen, weil man Arbeitskräfte benötigt. Dann folgt die eiskalte
Logik: Integration. Wir integrieren Menschen
nur, wenn sie wirklich etwas können.
Damals dachte ich mir, nein danke! Ich bin
lieber einer der verrückten Köpfe, die niemals so sein werden, wie Ihr uns wollt!
Bgm. Willi: Ich möchte hier kurz unterbrechen. Es ist der Ausdruck gefallen, es ging
zu, wie auf einem Viehmarkt.
GR Onay: Ja, genau so war es auch.
Bgm. Willi: Ich kann mir nicht vorstellen,
dass in Österreich Menschen, die von auswärts kommen, so untersucht werden, als
wären sie auf einem Viehmarkt! Diese Aussage weise ich zurück.
GR Onay: Herr Bürgermeister, dann lernen
sie etwas über unsere Geschichte! (Beifall)
Als Betroffener kann ich Ihnen etwas anderes berichten.
Bgm. Willi: GR Onay, Du kennst dieses
Land inzwischen gut. Ich hoffe, Du warst
einmal auf einem Viehmarkt. Ich hoffe, Du
kannst unterscheiden, wie es auf einem
Viehmarkt zugeht und wie Menschen, die
nach Österreich kommen, angeschaut werden. Sie werden durchaus auch kontrolliert,
aber dass es so sei, wie auf einem Viehmarkt, weise ich im Namen - das traue ich
mir nun zu - Österreichs zurück. Unser Land
heißt Menschen, die von außen kommen
willkommen.
GR Onay: In dem Moment, in dem meine
Körperhaltung und meine Zähne kontrolliert
werden und ich körperlich untersucht werde,
entstehen für mich Parallelen. Natürlich
können Sie, Herr Bürgermeister, es anders
sehen. Ich komme zurück zum Thema.
Am neuen Integrationsleitbild gefällt mir ein
Aspekt wirklich sehr gut. Danke! Es geht
nicht mehr um diese Verwertungslogik. Es
geht nicht mehr darum, ob ein Mensch et-

GR-Sitzung 10.12.2020

was besonderes kann, damit er sich dazuzählen darf, sondern es geht um das Gemeinwesen.
GR Mag. Falch hat Zugehörigkeit in seiner
Themenwahl für die aktuelle Stunde angesprochen. Die Zugehörigkeit, das Gemeinwesen… Wir leben miteinander und atmen
die gleiche Luft. Innsbruck gestaltet uns und
wir gestalten die Stadt. Wir verändern uns
mit der Stadt. Dieser Zugang zum Thema
Integration gefällt mir sehr gut und ich
möchte das wirklich lobend erwähnen.
Ich freue mich, wenn dieses Integrationsleitbild mit Leben gefüllt wird und es sich in der
Gesellschaft wiederfinden wird. Menschen,
die hier geboren und aufgewachsen sind,
müssen sich nicht mehr rechtfertigen, wenn
sie die Stadt Innsbruck als ihre Heimat definieren. Das finde ich enorm wichtig! Vielen
Dank an alle, die an dem Integrationsleitbild
mitgearbeitet haben. So kann man mit Zuversicht gerne den Integrationsbegriff annehmen und entsprechend die Nachbarschaft und die Gesellschaft mitgestalten.
GRin Dipl. Soz.-Wiss.in Arslan: Danke für
die Weiterentwicklung des Selbstverständnisses, was Integration sein sollte. Schwerpunktmäßig kommt als erstes immer das
Thema Deutschkurse in der Debatte.
Ich wurde in Deutschland geboren, bin dort
aufgewachsen und habe mein Studium abgeschlossen. Als ich in die Stadt Innsbruck
gezogen bin, habe ich einen Sprachtrainer
besucht, der mir die Sinnhaftigkeit des Wortes "Oachkatzlschwoaf" erklären musste.
Ich wohne seit 15 Jahren in der Stadt. Ich
kenne den Unterschied zwischen "aui" und
"owi" immer noch nicht. Meine Kinder sagen
nicht Mülleimer, sondern Müllkübel. Das ist
gelebte Integration - tagtäglich.
Natürlich brauchen wir Maßnahmen, um
Menschen auf ihrem Weg in ein selbstbestimmtes Leben zu unterstützen, aber wir
müssen auch Räume schaffen, in denen
Menschen miteinander in Kontakt kommen.
Wir müssen das Fremde wegschaffen.
Was es auch braucht, ist, dass sich die Gesellschaft hier öffnet. Seit 70 Jahren begleitet uns das Thema der Kopftuch tragenden
Frauen, die hier arbeiten. Neuerdings ist es
wieder aktuell, weil Frauen mit Kopftüchern,
die hier ihre Ausbildung gemacht haben,
ihre akademische Laufbahn absolvierten