Gemeinderatsprotokolle seit 2002
Jahr: 2020
/ Ausgabe: 2020-12-10-GR-Protokoll.pdf
- S.78
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durchzuführen. Als wir das erste Mal wirklich ernsthafte Gespräche darüber geführt
haben, waren schon die ersten Fotos von
den Markierungen in der Presse.
Für mich ist nicht nur die rechtliche Perspektive wichtig, sondern es gilt auch eine
politische Bewertung vorzunehmen, denn
wir sind - wie Herr Bürgermeister selbst oft
sagt - ein politisches Gremium.
Ich komme nun kurz zur Genese. Im
März 2012 hat der Gemeinderat einen Beschluss gefasst, wie man zukünftig mit kleinen verkehrspolitischen Maßnahmen umgeht und damit eine Vereinfachung herbeiführt. Es sind schon damalige Protagonisten
zitiert worden. Ich darf aus dem Protokoll
der Sitzung des Gemeinderates vom
29.03.2012 den damaligen Vorsitzenden
des Verkehrsausschusses, Bgm.Stellv. Gruber, zitieren:
"Diese Verordnung stellt eine Erleichterung
für die Arbeit im Verkehrsausschuss dar.
Wir können uns dann inhaltlich intensiver
mit den Themen auseinandersetzen. Die
jetzt nur noch im Verwaltungsverfahren abzuwickelnden Themen hat der zuständige
Stadtrat bereits angeführt. Das ist eine sinnvolle Lösung, die wir hier getroffen haben."
Damit ist ein Punkt klar, der für mich in dieser Bewertung schon auch wichtig ist, nämlich die Intention von damals. Sie war eindeutig: Alle Dinge, die eine politische Tragweite haben, die vielleicht danach zu einer
Irritation führen können, wie wir sie leider
heute diskutieren müssen, dass im Nachhinein das Ganze neu aufgerollt wird und
großer Wirbel entsteht, genau diese Sachen
wollte man schon damals vermeiden. Man
hat sich überlegt, was in den Ausschuss
und dann in den Gemeinderat gehört. Dort
wird es beschlossen und dann verordnet.
In aller Kürze zur rechtlichen Situation: Das
Stadtrecht der Landeshauptstadt Innsbruck (IStR) sagt generell - genauso wie die
Verfassungsnormen, die dahinterstehen -,
dass, wenn in unserer Stadt etwas nicht klar
geregelt ist, immer die Zuständigkeit beim
Gemeinderat liegt. Dann gibt es noch ganz
besonders wichtige Dinge, bei denen der
Gemeinderat zuständig sein muss. Bei anderen Dingen kann diese der Gemeinderat,
im Sinne der Einfachheit - wie damals im
Jahre 2012 geschehen -, an ein anderes
GR-Sitzung 10.12.2020
Organ, an die Bürgermeisterin, den Bürgermeister übertragen.
Was ist nun passiert? Diese Delegationsvereinbarung ist verwendet worden, um die
temporäre Begegnungszone zu erlassen.
Man hat die politische Tragweite nicht so
gesehen, wie es der Gemeinderat damals
beschlossen hatte.
Ich komme nun zu den Rechtsmeinungen.
Im Übrigen, weil ich da so oft genannt
werde, würde ich mir selbst niemals anmaßen, mich in einem Satz mit em.o.Univ.Prof. DDr. Mayer oder em.O.Univ.-Prof. Dr.
Weber zu nennen. Ich kann nur versuchen,
zu verstehen, was uns die Gutachten sagen.
Em.o.Univ.-Prof. DDr. Mayer sagt dezidiert,
dass er aufgrund der sich direkt auf ein
Bundesgesetzblatt beziehenden Verweisung davon ausgeht, dass es sich um eine
statische Verweisung handelt. Das vielzitierte Gutachten von em.O.Univ.-Prof. Dr.
Weber sagt dazu, ich darf zitieren:
"Diese Rechtsauffassung ist sicherlich zutreffend, wenn auch nicht absolut zwingend
..."
Das ist die Crux! Wir haben ohne Not eine
Verordnung im verkürzten Verfahren über
den Bürgermeister erlassen. Nun müssen
wir uns damit auseinandersetzen, wie dies
zu interpretieren ist. Em.O.Univ.-Prof.
Dr. Weber hängt eher der Meinung an, dass
es sich um einen dynamischen Verweis
handelt und sagt, man könnte das auch auf
die geltende Fassung beziehen. Wobei
em.o.Univ.-Prof. DDr. Mayer den ganz klaren Standpunkt hat, dass es damals den
Tatbestand der Begegnungszone noch nicht
gab und er daher nicht umfasst sein kann.
Das bringt mich zu einem Gedankenexperiment, mit dem, glaube ich, diese juristische
Thematik, mit der wir uns als politisches
Gremium leider so intensiv auseinandersetzen müssen, auf eine andere Ebene übertragen wird. Was heißt diese dynamische
Interpretation? Was würde sie bedeuten?
Zwei Personen in einem Haushalt vereinbaren, wie gewisse Dinge durchgeführt werden - Person A übernimmt primär den Abwasch, Person B kümmert sich primär um
die Wäsche. Wenn nun etwas dazukommt,
nämlich ein Fahrrad wird angeschafft, das
immer wieder gewartet werden muss, dann