Gemeinderatsprotokolle seit 2002
Jahr: 2022
/ Ausgabe: 2022-10-25-GR-Protokoll.pdf
- S.113
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keine fünf Jahre ununterbrochen in einer österreichischen Gemeinde den Hauptwohnsitz hat, ist in den Gemeinderat nur unter
der weiteren Voraussetzung wählbar, dass
er nach dem Recht seines Herkunftsmitgliedstaates nicht infolge einer strafrechtlichen Entscheidung von der Wählbarkeit
ausgeschlossen ist.
(2) Zum Bürgermeister wählbar sind alle
nach Abs. 1 wählbaren Personen, die
die österreichische Staatsbürgerschaft
besitzen und die nicht innerhalb der
letzten sechs Jahre vor dem Wahltag
ihres Amtes als Mitglied des Gemeindevorstandes verlustig erklärt wurden.
(3) Das Vorliegen der Voraussetzungen
nach Abs. 1 und 2 ist, abgesehen vom
Wahlalter, nach dem Stichtag zu beurteilen.
Depaoli, eigenhändig
Bei der Tiroler Gemeindewahlordnung 1994
(TGWO) hat man sich etwas dabei gedacht.
Ich finde die Regelung auf Landesebene
einleuchtend.
Irgendjemand wandert in unser Land ein. Es
braucht erst einmal etwas Zeit, um sich zu
akklimatisieren. In dieser Zeit kann die zugezogene Person die Gegend kennenlernen, mit Herrn Bürgermeister einige Worte
tauschen und mit einer Musikkapelle ein
nettes Fest verbringen. Nach einem Jahr
weiß die Person, wie es bei uns läuft und
kann eine beliebige Fraktion wählen.
Bei uns ist es leider anders! Jemand zieht in
die Stadt. Diese Person kennt sich in Innsbruck nicht aus, hat noch nie die Annasäule,
oder das Goldene Dachl gesehen, aber darf
bereits bei uns wählen! Ich glaube, das ist
nicht gut.
Ich behaupte, man hat sich bei der Tiroler
Gemeindewahlordnung 1994 (TGWO) etwas gedacht. 276 Gemeinden in Tirol können sich nicht irren. Vermutlich hat sich die
Stadt Innsbruck beim Verfassen der Innsbrucker Wahlordnung 2011 (IWO) geirrt. Wir
sollten uns den Tiroler Gemeinden angleichen. Lasst uns den Antrag inhaltlich annehmen.
GR Gasser: Ich glaube, hier liegt ein großes Missverständnis vor. Es ist nicht so,
dass man erst nach einem einjährigen Aufenthalt wahlberechtigt ist. Die Regelung in
GR-Sitzung 25.10.2022
der Tiroler Gemeindewahlordnung 1994
(TGWO) ist identisch mit einer entsprechenden Vorgabe im Bundes-Verfassungsgesetz. Es stimmt nicht, dass Personen in anderen Tiroler Gemeinden erst nach einjährigem Aufenthalt wählen dürfen.
(GR Depaoli: So steht es hier!)
Nein, das tut es nicht! Es stimmt einfach
nicht. Lieber GR Depaoli, ich erkläre es Dir
gerne.
In der Tiroler Gemeindewahlordnung 1994
(TGWO) steht, ich zitiere:
"Zur Wahl des Gemeinderates und zur Wahl
des Bürgermeisters wahlberechtigt ist jeder
Unionsbürger, der …"
Jetzt beginne ich ganz am Anfang. Wer
zählt eigentlich zu den UnionsbürgerInnen?
Wir alle! ÖsterreicherInnen sind UnionsbürgerInnen! Diese Regelung betrifft also nicht
nur EU-AusländerInnen! (Beifall)
Ich fahre mit der Tiroler Gemeindewahlordnung 1994 (TGWO) fort:
"Zur Wahl des Gemeinderates und zur Wahl
des Bürgermeisters wahlberechtigt ist jeder
Unionsbürger, der in der Gemeinde seinen
Hauptwohnsitz hat, es sei denn, dass er
sich noch nicht ein Jahr in der Gemeinde
aufhält und sein Aufenthalt offensichtlich nur
vorübergehend ist."
Dieses Wort "und" vor dem Nebensatz ist
sehr wichtig! Juristisch bedeutet dieses
"und" ganz klar, dass beide Bedingungen
erfüllt sein müssen, damit jemand wahlberechtigt ist. Die Person darf sich noch nicht
ein Jahr in der Gemeinde aufhalten und der
Aufenthalt offensichtlich nur vorübergehend
sein! Nicht nur das Wort "und", sondern
auch das Wort "offensichtlich" muss hier betont werden.
Was bedeutet diese Aussage im juristischem Sinne? Ein vorübergehender Aufenthalt ist laut der Rechtsprechung des österreichischen Verfassungsgerichtshofes
(VGH) ein Aufenthalt, der von Anfang an auf
eine Dauer von wenigen Wochen bis maximal Monaten angelegt ist.
In einer entsprechenden Erkenntnis des
Verfassungsgerichtshofes (VGH) wurde ein
Aufenthalt von fünf Monaten als gerade
noch "vorübergehend aufgehalten" akzeptiert.