Gemeinderatsprotokolle seit 2002
Jahr: 2013
/ Ausgabe: 09-Juli-geschwaerzt.pdf
- S.38
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buhlte. Niemand hat aufgezeigt, dass es so
nicht gehen kann. Der eingeschlagene Weg
wurde weiter beschritten. Insofern möchte
ich ein bisschen differenzieren, damit wir
nicht verharmlosen. Unter den Hunderten
von Beschlüssen, die wir hier fällen, werden
auch Fehler sein. Die Nachwelt wird das
eine oder andere Mal sagen, dass es ein
Blödsinn war, wie damals entschieden wurde.
Heute haben wir es aber mit systematischen Fragen zu tun. Vielleicht sind wir zur
Zeit in systemhaften Bereichen auch mit
Fehlern unterwegs. Aber man soll mit dem
jetzigen Gemeinderat der Stadt Innsbruck
nicht das damalige Systemversagen, das
kein Parteiversagen war, relativieren. Damals ist nicht einfach ein Fehler passiert,
sondern das Ganze war Ausdruck eines
systematischen Versagens zweierlei Façon.
GR Haager: Vieles von dem, was heute
berichtet wurde, hat man früher schon gerüchteweise gehört. Dienstlich habe ich mit
Einvernahmen in Bezug auf die "Bubenburg" zu tun gehabt. Ich habe mich damals
schon gewundert, was auf diesem Gebiet
alles möglich ist.
Mir wäre es auch lieber, so wie
StR Pechlaner gesagt hat, wenn die Betroffenen noch leben würden. Auch
GR Dr. Stemeseder hat das erwähnt. Den
größten VerbrecherInnen wird heute die
Möglichkeit eingeräumt, sich zu rechtfertigen. Die beiden zur Diskussion stehenden
Personen haben diese Chance nicht. Das
trifft auch die Angehörigen, für die das keine
angenehme Sache ist. Lieber wäre mir, wir
könnten über Lebende richten.
Mir stellt sich die Frage, wie es jetzt weitergeht. Wann kann man einer Ehrung durch
die Stadt Innsbruck, die es ja auch in Zukunft geben wird, beipflichten?
Wir haben die Zustimmung gegeben, dass
Ehrenzeichen der Stadt Innsbruck wieder
aberkannt werden dürfen. Für mich kommt
eine Aberkennung primär in Frage, wenn
die ordenswürdige Tat nicht vorhanden ist.
Solche Fälle hat es auch schon gegeben,
wenn sich jemand mit fremden Federn geschmückt hat. Das Verdienst muss auf alle
Fälle im Auge behalten werden. Der frühere
Gemeinderat der Stadt Innsbruck,
Dipl.-Vw. Murauer, hat in der Tiroler Tageszeitung geschrieben, dass er unter HerGR-Sitzung 11.7.2013
mann Hermann Pepeunig gedient hat und
ihm nichts vorwirft.
Wie werden wir zukünftig vorgehen? Es
wurde ja angekündigt, dass weitere Überprüfungen erfolgen werden. Ich frage mich,
ob wir damit nicht auf eine Spaltung der
Gesellschaft zusteuern. Es geht dabei nämlich auch um prominente Persönlichkeiten,
die von der Stadt Innsbruck hochdekoriert
wurden.
Ich fange mit dem letzten Ausgezeichneten
an, Hermann Buhl, Soldat der deutschen
Wehrmacht. Nach ihm wurde ein Platz benannt. Wurde alles zu seinem Leben erforscht? Möglicherweise hat er den einen
oder anderen Gegner "erledigt"? Oder Hermann Gmeiner, der Gründer der SOSKinderdörfer. Er war Offizier der deutschen
Wehrmacht, was ihn den Friedensnobelpreis kostete. In der Zeitschrift ECHO habe
ich über die Exl-Bühne gelesen und dass
Gmeiner mit Hitler mittaggegessen habe.
Sie sind zum Teil Ehrenbürger der Stadt
Innsbruck, wie der ehemalige Bgm.Stellv. Ferdinand Obenfeldner. Ich habe ihn
gut gekannt und sehr geschätzt, meiner
Meinung nach war er ein hochangesehener
Mann. Jetzt weiß man, er war bei der Geheimen Staatspolizei (Gestapo).
Deshalb würde ich gerne wissen, wie man
sich in diesem Bereich die zukünftige Vorgehensweise vorstellt. Wie wird jemand
überprüft, dem man einen Orden verleihen
will? Können wir heute als Gemeinderätin
oder Gemeinderat mit ruhigem Gewissen
die Hand bei der Abstimmung heben, wenn
wir Gefahr laufen, dass in 20 Jahren ein
Gremium urteilt und feststellt, wir haben
falsch entschieden - eventuell sogar wissentlich?
Zum Thema, warum man damals so gehandelt hat, könnte ich einiges sagen. Dabei
ging es beiden großen Parteien auch um
Wählerstimmen. GR Kritzinger, Du weißt
das besser als ich. Es herrschte damals
eine andere Zeit und es wehte ein anderer
Zeitgeist. Man kann nicht alles nach heutigen Maßstäben beurteilen.
Noch einmal: Mich interessiert brennend,
wie man in Zukunft mit Ordensverleihungen
umgehen möchte. Ich kann mir vorstellen,
dass Einzelne sich überlegen werden, einen
Orden überhaupt anzunehmen. Wenn sie