Gemeinderatsprotokolle seit 2002
Jahr: 2018
/ Ausgabe: 09-Protokoll_11.10.2018.pdf
- S.30
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stellen würden, weil dies den Preisdruck erhöhen würde.
Grundsätzlich interessiert mich die Thematik der Unterschiede zwischen konventioneller und biologischer Landwirtschaft, da ich
darüber ein Buch verfasst habe. Es geht gar
nicht so sehr darum die biologische der
konventionellen Landwirtschaft gegenüberzustellen. Unsere Lebensmittelqualität in
Österreich ist sehr hoch und auch sehr gut
kontrolliert - selbst im konventionellen Bereich.
Sie haben ein Beispiel von Ihrer holländischen Kollegin dargeboten. Sie hat erwähnt,
dass sie einen kleinen landwirtschaftlichen
Betrieb hat, in dem 200 Kühe im Stall stehen. Möglicherweise gibt es im Land Tirol
jemanden, der 200 Kühe besitzt. Ich persönlich kenne niemanden. Die meisten haben 10 bis 15 Kühe. Es gibt auch größere
Betriebe mit 25 Kühen, aber selbst die sind
nur im landwirtschaftlichen Nebenerwerb tätig, weil es sich vom Einkommen her nicht
ausgehen würde.
Das ist der Grundkonflikt, der in dem riesigen Agrarbudget abgebildet wird. Es ist der
größte Posten im Budget der Europäischen
Union (EU). Diese extrem klein konzipierte
Landwirtschaft, wie wir sie in Tirol kennen,
ist schon viel kleiner als in Ost-Österreich
und wesentlich winziger als in Deutschland,
Osteuropa usw. Die LandwirtInnen mit großen Betrieben können sich nicht vorstellen,
wie bei uns eine Bauernschaft aussieht und
genau gleich können wir uns eine ausgedehnte industrialisierte Landwirtschaft nicht
vorstellen. Das ist der eigentliche Konflikt.
Es geht natürlich um Preise und wie man
dies mittels Förderpolitik von der Europäischen Union (EU) aus steuern kann.
Ich bin sehr dafür, dass KonsumentInnen im
Supermarkt eigenverantwortlich einkaufen.
Alle Discounter haben eine eigene BioEcke, wo die Produkte Informationen über
den Hersteller enthalten. Damit kann man
besser aussuchen, ob man Bio möchte oder
nicht. Aber alle Verantwortung auf den/die
KonsumentInnen abzuschieben finde ich billig.
Die Europäische Union (EU) regelt die Agrarpolitik. Also tut verdammt nochmal etwas
dafür, dass es die Normalität wird, regionale
Lebensmittel aus den regionalen Nischenproduktionen zu kaufen. Ich finde es total
GR-Sitzung 11.10.2018
toll, dass ich in Österreich eine portugiesische eingelegte Sardelle bekommen kann.
Das ist schön, aber in erster Linie möchte
ich Produkte aus meiner Umgebung mit
kurzen Transportwegen und zu einem Preis
erwerben, der leistbar ist. Die kleinen
LandwirtInnen bei uns haben überdies landschaftspflegerische Funktionen inne. Hier
hängt sehr viel dran.
Amüsant finde ich Ihren Optimismus, was
den BREXIT betrifft. Als sehr anglophiler
Mensch verfolge ich den Verlauf sehr genau. Ich sehe keinerlei Anzeichen dafür,
dass uns die BritInnen erhalten bleiben. Auf
die UK Independence Party (UKIP) könnten
wir gern verzichten, aber ein Austrittsdatum
wurde bereits festgelegt. Es würde mich
sehr wundern, wenn dies rückgängig gemacht werden würde. Dies nur in Klammer
dazu gesagt.
Bgm. Willi: Ich mache einen Vorschlag: Es
gibt noch zwei Wortmeldungen. Ich möchte
beide Wortmeldungen jetzt gleich zulassen
und Du, MEP Waitz, könntest zum Abschluss alle Fragen zusammenfassend beantworten.
GRin Bex, BSc: In der Stadt Innsbruck sind
wir in einer besonderen Lage. Bei uns sieht
man noch einen Traktor auf der Straße. Also man kann den Kindern noch erklären,
woher die Lebensmittel stammen. Es gibt
immer mehr landwirtschaftliche Betriebe,
die ihre Produkte in Kühlschränken zur Verfügung stellen.
Zum Stichwort Direktvermarktung möchte
ich Folgendes festhalten: Es gibt mehrere
"FoodCoops", wo von den Bauern und Bäuerinnen Lebensmittel direkt bezogen werden können. Es gibt mehr solidarische
LandwirtInnen, aber um die Stadt Innsbruck
herum eher weniger. Welche Bestrebungen
von Seiten der Europäischen Union (EU)
gibt es solidarische Landwirtschaft zu unterstützen?
Es gibt ein wunderbares Projekt im Land Tirol, welches sich Charakterernte nennt. Dieses besteht seit dem Frühjahr 2018. Produzierende Betriebe haben ein Netzwerk aufgebaut, um Lebensmittel, die gar nicht in
den Handel gelangen, für KonsumentInnen
bereitzustellen. Den KonsumentInnen ist es
oft nicht bewusst, dass 40 % der Nahrungsmittel als Müll gelten, obwohl sie eigentlich keine Abfälle sind. Welche Bestre-