Gemeinderatsprotokolle seit 2002
Jahr: 2020
/ Ausgabe: 2020-06-25-GR-Protokoll_kl.pdf
- S.14
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Dass eine solche Ideologie alles andere als
demokratisch ist - wie die FPÖ gerade versucht, dazustellen -, das müsste man eigentlich nicht extra ausführen. Ich mache es
trotzdem kurz, um es einmal getan zu haben:
Die Philosophin Hannah Arendt sagt, dass
der Sinn der Politik mit der Freiheit gleichzusetzen ist. Der Sinn von Politik ist Freiheit
und dies bedeutet dann auch, frei für den
politischen Widerstreit zu sein, frei zu sein,
niemandem gehorchen zu müssen bzw. gehorchen zu dürfen. Es bedeutet, den freien
Widerstreit und die Freiheit von allen und
die Macht bei allen zu lassen, anstatt sie auf
einige wenige zu reduzieren - wie es sich
die FPÖ und andere Fraktionen in diesem
Gemeinderat allzu oft herbeisehnen.
In diesem Sinne kann nichts demokratischer
sein als das, was wir oftmals im Gemeinderat haben, nämlich ein freies Spiel der
Kräfte. Diesen antagonistischen Widerstreit,
diesen zwanglosen Zwang des besseren
Arguments, dieses durch und durch demokratische Agieren in Zeiten der Postdemokratie und Postpolitik, all das müssen wir in
der Stadt Innsbruck beibehalten, um dem
Sinn der Politik gerecht zu werden.
GR Mag. Falch: Wir haben schon gehört, in
einer Demokratie geht die Gewalt, die
Macht der Regierung vom Volke aus. In einer Demokratur macht aber das politische
System die BürgerInnen nur glauben, dass
die Macht vom Volke ausgeht! Tatsächlich
entscheidet da das politische System aber
was es will.
Demokraturische Tendenzen - wir haben es
gerade vorhin gehört - gibt es mittlerweile
wirklich vielerorts, auch in Europa. Dazu
braucht man nur über die Grenzen zu blicken, nach Ungarn, nach Russland oder in
die Türkei. Man muss aber sagen, die Stadt
Innsbruck ist von Demokratur weit entfernt.
(Beifall)
Freiheit, Rechtsstaatlichkeit und Demokratie
sind in Innsbruck nicht in Gefahr. Allerdings,
das muss man erwähnen, die Corona-Krise
hat schon gezeigt, wie rasch eine Diskussion über eine Bedrohung unserer rechtsstaatlichen Ordnung, unserer Grund- und
Menschenrechte aufkommen kann. Prinzipien und Werte, die liberale Wertebasis, für
GR-Sitzung 25.06.2020
die wir uns ja lange eingesetzt haben, könnten eingeschränkt werden. Ich sage ganz
bewusst könnten!
Was sich im Gemeinderat der Stadt Innsbruck derzeit politisch abspielt, ist aber
keine Demokraturisierung Innsbrucks! Wir
haben in der Stadt auch kein Demokratiedefizit - so sehe ich es auf jeden Fall. Es kann
hier jeder seine Meinung sagen, ohne dass
er verhaftet wird. Aber - und das ist mir
ganz wichtig - wir sollten die Stärken der
Demokratie wieder viel mehr schätzen und
energisch verteidigen. Die Demokratie ist
keine Selbstverständlichkeit, sie ist für mich
alternativlos.
GR Mag. Fritz: Danke an GR Mag. Falch
für seine klaren, deutlichen und offenen
Worte.
Die deutsche Bundeskanzlerin hat die harten Maßnahmen, mit denen wir es in Österreich allgemein und in Innsbruck im Besonderen geschafft haben, mit der ersten Welle
von Corona fertig zu werden, eine demokratische Zumutung genannt. Ich gebe ihr
Recht.
Die Maßnahmen waren aber ebenso eine
Zumutung, wie sie nötig waren. Da möchte
ich mich vor allem bei unserem Herrn Bürgermeister und Herrn Bürgermeisterstellvertreter, als Leiter der Einsatzleitung, bedanken, dass sie uns in den Wochen des Lockdowns gut durch diese Krise und aus der
Krise geführt haben. Teilweise waren es ja
Maßnahmen, die noch schärfer und restriktiver waren, als jene auf Bundesebene.
Vor wenigen Tagen kam die Nachricht, dass
wir in der Stadt Innsbruck keine Ansteckungen mehr haben. Auch das ist ein Erfolg der
Politik Innsbrucks. Ich glaube, dieser geht
zurück auf das richtige Verhältnis von "wenn
es nötig ist, schnell und auch hart entscheiden" und "so viele Menschen wie möglich in
die Meinungsbildung und Umsetzung von
Beschlüssen einzubeziehen". Das ist der
Stil dieser Stadtregierung.
Dass das der FPÖ nicht gefällt, ist mir
schon klar. Aber es ist nicht alles undemokratisch was GR Lassenberger oder
StR Federspiel nicht in den Kram passt.
(Beifall)