Gemeinderatsprotokolle seit 2002
Jahr: 2021
/ Ausgabe: 2021-11-17-GR-Protokoll.pdf
- S.86
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durchschnittlichen Innsbrucker schlicht nicht
leistbar ist. Es ist nett, dass gebaut wird,
aber solchen Wohnbau kann sich die
Durchschnittsbevölkerung nicht leisten. Wir
wissen auch, dass sehr viele dieser Wohnungen von Fonds aufgekauft und ins Ausland als Anlageobjekte weitergegeben werden.
Daher braucht es ein Angebot von öffentlicher Seite. Wir müssen die knappen Flächen, die wir als Stadt in dieser besonderen
Lage haben, dafür nutzen, öffentlichen
Wohnraum zu schaffen. Was bedeutet die
derzeitige Situation für die jungen Menschen dieser Stadt? Eigentum ist - wenn
man nicht geerbt hat - komplett illusorisch.
Jeder Mensch, der mir etwas anderes sagt,
ist nach meiner Meinung hoffnungslos optimistisch.
Das leistbare Eigentum, das Herr Bürgermeister propagiert hat, liegt schon vor dem
Verfassungsgerichtshof (VfGH). Wir wissen,
dass wir da auch nicht sehr weit kommen
werden. Ganz unabhängig davon, dass wir
uns als SPÖ immer dagegen ausgesprochen haben, privates Eigentum mit öffentlichem Geld zu subventionieren.
Was macht nun eine junge Familie, die daran denkt, längerfristig sesshaft zu werden?
Sie hantelt sich von Drei-Jahres-Mietvertrag
zu Drei-Jahres-Mietvertrag, hat ständig Steigerungen des Mietpreises zu verkraften und
doch keine sichere "Bleibe". Sie sucht eine
Wohnung irgendwo zwischen Mötz und
Wörgl - wenn nicht noch weiter weg. Die demografische Entwicklung sieht dann in der
Stadt Innsbruck so aus, dass die Hauptwohnsitze stagnieren und die Nebenwohnsitze durch die Decke gehen. Die Mittelschicht, von der so viele in diesem Haus
gerne reden, wandert ab.
Ich darf ein Beispiel aus meinem erweiterten Umfeld bemühen: Eine junge Krankenschwester und ihr Partner mit gutem Einkommen konnten sich ihre Wohnung in der
Stadt nicht mehr leisten, weil sie das Pech
hatten, dass die Miete nicht so hoch war,
um für eine städtische Wohnung vorgemerkt
zu werden. Wohin sind sie gezogen? Natürlich ins Umland.
Wir verlieren also eine gesamte junge Generation, die entweder nicht das Privileg
hat, zu erben oder es früher oder später in
eine durch die Stadt Innsbruck geförderte
GR-Sitzung 17.11.2021
Wohnung zu schaffen. Wir kennen die
Folge. Die stagnierenden Hauptwohnsitzzahlen habe ich schon angesprochen, die
Thematik mit den PendlerInnen verschärft
sich, wichtige Bevölkerungsgruppen ziehen
aus der Stadt und wir sehen, dass der freie
Markt in diesem Bereich versagt hat.
Was können wir nun als Stadt Innsbruck
tun? Wir als SPÖ haben schon mehrere
Maßnahmen auf den Tisch gelegt, von den
Vorbehaltsflächen bis zu einer aktiven Bekämpfung des Leerstandes. Aber wir müssen auch weitere Schritte setzen, um dem
Notstand, den wir im Wohnungsbereich haben, angemessen begegnen zu können.
Ein weiteres Instrument beantragen wir
heute, nämlich die Anwendung des Bodenbeschaffungsgesetzes. Was sagt dieses
Gesetz? Wenn mehr als 10 % der Wohnungen in einer Stadt desolat sind oder mehr
als 2 % der Bevölkerung einer Stadt anerkannt wohnungssuchend ist, dann sieht das
Gesetz vor, dass wir als Gemeinde nach
Verordnung des Landes Maßnahmen ergreifen können, um gewisse Vorrechte zur
Mobilisierung von Flächen für den Wohnbau
zu generieren.
Desolate Wohnungen treffen auf die Stadt
Innsbruck natürlich nicht zu, da sind wir
lange darüber hinaus. Aber wir wissen, dass
weit mehr als 2 % unserer Bevölkerung anerkannt wohnungssuchend ist, obwohl die
Voraussetzungen für die Vormerkung äußerst strikt sind: Fünf Jahre durchgehend in
der Stadt Innsbruck gemeldet
oder sechs Jahre in Innsbruck beschäftigt
oder im gesamten Leben 15 Jahre in Innsbruck wohnhaft. Das heißt, viele haben aus
diesen oder anderen Gründen gar nicht die
Möglichkeit, sich vormerken zu lassen.
Ich höre schon, dass es dann heißt, die sind
ja nicht alle wirklich obdachlos. Ja, aber ich
glaube, in unserem Haus - im Jahr 2021 in
der Stadt Innsbruck - sollten wir nicht warten, bis Tausende Menschen in unserer
Stadt auf der Straße stehen, bevor wir mutige Maßnahmen ergreifen.
Was können wir tun? Wir können als Gemeinderat einen Antrag an das Land Tirol
stellen, um eben diese Bestimmungen auf
unser Stadtgebiet anwenden zu können.
Das ermöglicht uns, dass wir für sämtliche
unbebaute Grundstücke, die dann als
Wohnbeschaffungsgebiete ausgewiesen