Gemeinderatsprotokolle seit 2002
Jahr: 2022
/ Ausgabe: 2022-07-14-GR-Kurzprotokoll.pdf
- S.22
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In den Bodenbeschaffungsgebieten kann die Gemeinde dann in Kaufverträge über unbebaute
Grundstücke anstelle des/der Käufers/in eintreten, sofern sie diese Grundstücke für Wohnbauzwecke oder für öffentliche Zwecke, die sie wahrzunehmen hat, benötigt (§ 6 Abs. 1).
Gemäß 4 Abs. 1 Bodenbeschaffungsgesetz liegt ein quantitativer Wohnungsbedarf vor, wenn
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in einer Gemeinde die Zahl der vorhandenen und der im Bau befindlichen Wohnungen
die Zahl der Haushalte um nicht mehr als 3 % übersteigt oder
in einer Gemeinde 2 % der Wohnbevölkerung als Wohnungssuchende gemeldet und von
der Gemeinde als solche anerkannt sind.
Unter Zugrundelegung der Haushaltszahlen von Statistik Austria ergäbe sich für die Stadt Innsbruck ein Wohnungsüberhang über die Haushaltszahl von 21 % und würde somit kein quantitativer Wohnungsbedarf im Sinne des ersten Anwendungsfalles des § 4 Abs. 1 Bodenbeschaffungsgesetz bestehen.
Mit Stichtag 01.02.2022 betrug die Zahl der anerkannten Wohnungssuchenden 5.112 Personen.
Diese Anzahl übersteigt sowohl die 2-Prozent-Zahl der Hauptwohnsitzbevölkerung von 2.632 als
auch die 2-Prozent-Zahl der Gesamtwohnbevölkerung von 3.177.
Es liegt nach diesen Berechnungen ein quantitativer Wohnungsbedarf vor und könnte somit bei
der Landesregierung ein Antrag gestellt werden, zum Zwecke der Bodenbeschaffung durch Verordnung festzustellen, dass in der Stadt Innsbruck ein quantitativer Wohnungsbedarf gemäß § 4
Abs. 1 leg. cit. besteht.
Ein qualitativer Wohnungsfehlbestand gemäß 4 Abs. 2 Bodenbeschaffungsgesetz liegt vor,
wenn in einer Gemeinde die Zahl der mangelhaft ausgestatteten Wohnungen mehr als 10 % der
Zahl der vorhandenen Wohnungen beträgt. Als mangelhaft ausgestattet gelten Wohnungen mit
Wasserentnahme oder Abort außerhalb derselben.
In der Beantwortung der dringenden GR-Anfrage "Bodenbeschaffungsgesetz, Anwendung in der
Stadt Innsbruck" Zahl GfGR/268/2021 wurde hierzu bereits mitgeteilt, dass mit 01.11.2021 laut
Gebäude-und Wohnungsregister in Innsbruck nur 0,1 % aller Wohnungen über keine Wasserentnahmestelle bzw. 1,1 % über kein WC in der Nutzungseinheit verfügten.
Ein qualitativer Wohnungsfehlbestand im Sinne des 4 Abs. 2 Bodenbeschaffungsgesetz liegt somit in Innsbruck nicht vor.
Zusammenfassend hält die Mag.-Abt. I, Präsidialangelegenheiten, fest, dass aufgrund der obigen Berechnungen bei der Landesregierung ein Antrag nach § 5 Abs. 2 Bodenbeschaffungsgesetz gestellt werden könnte, zum Zwecke der Bodenbeschaffung durch Verordnung festzustellen, dass in der Stadt Innsbruck ein quantitativer Wohnungsbedarf gemäß § 4 Abs. 1 leg. cit. besteht. Für diese Antragstellung ist ein Gemeinderatsbeschluss erforderlich.
Da das Bodenbeschaffungsgesetz bisher aber nicht angewendet wurde, fehlt es diesbezüglich
an Judikatur, insbesondere im Hinblick auf die Verfassungskonformität der Bestimmungen über
die Zwangsmaßnahmen. Mangels Erfahrungswerten lässt sich nicht abschätzen, inwieweit es
bei der Anwendung dieses Gesetzes zu Vollzugsschwierigkeiten kommen könnte.
Die Mag.-Abt. III, Stadtplanung, Stadtentwicklung und Integration, gibt in ihrer Stellungnahme
vom 30.05.2022 zu bedenken, dass aufgrund fehlender Evaluierungen und Erfahrungswerte sowie mangelnder Klärungsmöglichkeiten der offenen Rechtsfragen keine belastbaren Auswertungen vorliegen, welche potenzielle Flächen unter das gegenständliche Gesetz fallen würden.
Auch kann fachlich noch keine seitens der Gemeinde zu verordnende Gebietsfestlegung gemäß
§ 5 Abs. 3 Bodenbeschaffungsgesetz zur Diskussion gebracht werden.
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