Gemeinderatsprotokolle seit 2002
Jahr: 2022
/ Ausgabe: 2022-12-15-GR-Protokoll_.pdf
- S.78
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die Problematik erkennen kann. Es gibt
Schulen, die nur verschränkt unterrichten.
Wer die Anfragebeantwortung gelesen hat,
weiß, dass in diesem Jahr schon zwei Kinder die Schule wechseln mussten, gerade
bei diesem "heiligen" Sprengelsystem, bei
dem normalerweise fast nichts möglich ist!
Im Volksschulalter ist es für Kinder ein
Drama, wenn sie in eine andere Schule
wechseln müssen, auch wenn sie dann vielleicht wieder zurückkommen dürfen. Das ist
schon ein Hin- und Herzerren in einem pädagogischen Bereich, der einfach abgekoppelt sein müsste.
Es kommt jetzt noch die Zeit der Krisen
dazu. Daher möchte ich schildern, was ich
tagtäglich erlebe. Ich möchte von einem
Schüler erzählen, den ich hier Paul nenne.
Ich wurde informiert, dass Paul auf der
Mahnliste steht und wir ihn in der Nachmittagsbetreuung nicht mehr aufnehmen dürfen. Die Kommunikation mit der Mutter war
sehr schwierig, da bei ihr ein Trauma am
Wirken ist und wir von ihr nicht einmal erfahren konnten, wie hoch ihre Außenstände
sind.
Wir mussten das Kind täglich heimschicken.
Jeden Tag wollt Paul mittags in die Nachmittagsbetreuung und zum Mittagstisch. Alle
Kinder der Klasse waren dabei. Jeden Tag
fragte er wieder, ob er bitte in die Nachmittagsbetreuung darf. Er erklärte, dass er
Hunger habe. Ein anderes Kind meinte,
dass oben ein Kübel steht, in den immer so
viel übriggebliebenes Essen geworfen wird.
Nein, Paul musste heimgehen.
Da ist viel Verständnis irritiert, das Kinder
haben. Uns Lehrpersonen und FreizeitpädagogInnen bricht das Herz, denn wir wissen,
dass Paul in sehr ärmlichen Verhältnissen
lebt. Der Lehrerin hat er erzählt - weil er
nicht mehr in die Nachmittagsbetreuung
darf -, dass er daheim keinen Schreibtisch
habe. Paul besucht jetzt die 4. Klasse. Er ist
eines jener Kinder, die sehr lange in der
Nachmittagsbetreuung sind. Er hat sich dort
sehr gut entwickeln können.
Paul hat ein Level erreicht, von dem man
sagen muss, dass wir als Stadt Innsbruck
dem Kind tatsächlich Chancen eröffnet haben. Durch die Ausgrenzung aufgrund der
Mahnliste wird ihm das genommen. Es
GR-Sitzung 15.12.2022
muss andere Wege geben, die Beiträge einzuholen. Vielleicht kann man Stundungsmodelle oder was auch immer anbieten.
Jedenfalls bitte ich inständig, dass wir dieses Prozedere prinzipiell abstellen. StRin
Mag.a Mayr hat ja schon geschildert, dass
im Einzelfall sehr viel möglich ist. Man sollte
das auch hier tun, um die Rechnung irgendwie zu begleichen. Aber bitte schließen wir
nicht die Kinder aus der Nachmittagsbetreuung aus. Schauen wir, dass es irgendwie
anders geht.
Bei Paul weiß ich, dass die Mutter die aktuellen Beiträge bezahlen könnte. Sie tut sich
nur schwer bei der Rückzahlung der eingemahnten. Wie Sie wissen, bin ich beim Jugendrotkreuz Bezirksleiterin und wir hätten
diesen Beitrag gerne übernommen. Aber es
ist gar nicht so einfach herauszufinden, wie
hoch der offene Betrag ist und wohin er einbezahlt werden soll.
Das ist nun aber erledigt und man braucht
sich nicht mehr darum zu kümmern. Ich
wollte dieses Beispiel bringen, damit klar
wird, was in einer Schule "abgeht", was da
in Kinderherzen von Freunden "abgeht" und
auch in dem Kind, das dann heimgehen
muss.
Ich ersuche, den
beiliegenden Antrag anzunehmen,
damit dieses Prozedere geändert wird. (Beifall)
GRin Dengg: Ich werde mich bemühen, ruhig und sachlich zu bleiben.
Wir haben erst über die Erfüllung der
Flüchtlingsquoten gesprochen und dann
kommt Paul ins Gespräch. Das ist einer
Stadt wie Innsbruck nicht würdig. Mich
würde interessieren, ob StRin Mag.a Mayr
als Zuständige für Bildung über diesen oder
ähnliche Fälle Bescheid weiß. Das ist ja hanebüchen! Ein Kind muss hungrig in die
kalte Wohnung heimgehen. Wir sprechen
hier von der Stadt Innsbruck!
Kann mir jemand sagen, was da an Kosten
pro Monat anfällt? (Unruhe im Saal)
GRin Mag.a Klingler-Newesely, sei mir nicht
böse, aber Du schaust da noch jeden Tag
zu. Du bräuchtest nur zu StRin Mag.a Mayr
gehen! Da hört sich doch alles auf.