Gemeinderatsprotokolle seit 2002
Jahr: 2023
/ Ausgabe: 2023-07-13-GR-Protokoll.pdf
- S.32
Suchen und Blättern in über 500 PDFs und 44.000 Seiten.
Gesamter Text dieser Seite:
- 769 -
15.
Vortrag zum Thema "Alkohol"
durch Suchthilfe Tirol
Bgm.-Stellv. Ing. Mag. Anzengruber,
BSc: Ich begrüße Herrn Univ.-Prof.
Dr. Christian Haring, MSc sehr herzlich und
bedanke mich für sein Kommen.
Univ.-Prof. Dr. Haring, MSc referiert beiliegende Präsentation und beantwortet im Anschluss folgende Fragen aus dem Plenum:
GR Wallasch: Herzlichen Dank für Ihren
Vortrag. Er war sehr spannend, denn Sie
als Koryphäe sehen das Thema vielleicht
etwas anders als wir.
Mir ist aufgefallen, dass Sie bei der Prävention immer im Konjunktiv gesprochen haben. Es gibt zwei Arten von Prävention: Die
primäre und die sekundäre. In der Primärprävention wird momentan absolut
nichts getan. In den Schulen gibt es keine
Prävention. Vermutlich gibt es auch in anderen europäischen Ländern an Schulen keine
Aufklärung was Alkohol und Drogen betrifft.
Sehen Sie das auch so?
Univ.-Prof. Dr. Haring, MSc: Sie haben
Recht. Wir müssen noch viel mehr investieren. Wir haben kontakt+co des Österreichischen Roten Kreuzes. Über diese Organisation laufen für unsere Verhältnisse vielen
Schuleinsätze. Diese sind aber nicht strukturiert. Man besucht die Schulen und gibt Informationen weiter. Man könnte die Programme modifizieren, denn in Schulen kann
man nicht nur eine Stunde über ein Thema
sprechen. Man müsste versuchen, über fünf
Stunden einen Prozess einzuleiten oder sogar bestimmte Fächer in den Stundenplan
zu implementieren.
Die Prävention gehört ganz stark gefördert
und dafür braucht es Geld.
GR Wallasch: Wäre das für Sie ein verpflichtendes Schulfach? Ich denke, nur so
könnten wir etwas bewirken. Ich habe die
Erfahrung gemacht, dass Schulen diese
Präventionsvorträge nicht anfordern, weil
sie fürchten, in Verruf zu geraten. Das
könnte man durch verpflichtenden Unterricht vermeiden. In Finnland oder auch in Island erfolgt das bereits verbindlich im Unterricht.
Univ.-Prof. Dr. Haring, MSc: Wir haben
Untersuchungen über Risikoverhalten
durchgeführt. Erst europaweit, aber bei der
GR-Sitzung 13.07.2023
Präsentation hieß es, dass wir nur als VertreterInnen Tirols dabei sind. Daher wurden
die Untersuchungen auf Österreich ausgeweitet.
Wir haben dadurch gesehen, dass das Konsumverhalten an den Schulen vergleichbar
ist. Da denke ich mir, eine Schule die einen
Vortrag anfordert, ist eine Schule, die hinschaut und eine Schule, die keinen anfordert, ist eine Schule, die nicht hinsieht. Ich
empfehle Eltern immer, die Kinder in eine
Schule zu schicken, in der es ein Drogenproblem gab. Denn dieses Problem wurde
nur erkannt, weil darüber gesprochen
wurde.
In der Prävention ist offene Kommunikation
sehr wichtig und wir müssen dahingehend
viel mehr tun.
GR Buchacher: Vielen Dank für die Präsentation. Die Sitzung wird ja via Livestream
übertragen. Insofern werden vielleicht einige
BürgerInnen doch mit Interesse diesem kurzen Vortrag gefolgt sein. Ich beginne mit einem Geständnis: Mein Vater war schwerer
Alkoholiker, der schlussendlich an Leberzirrhose verstorben ist. Ich bin etwas empfindlich, wenn dieses Thema angesprochen
wird. Daher meine Frage zum Stichwort
Vorbildwirkung in der Öffentlichkeit, denn
wir befinden uns hier im Innsbrucker Gemeinderat.
Inwieweit ist es akzeptabel, dass GemeinderätInnen in einer öffentlichen Sitzung aus
einer Bierflasche trinken? Was hat das für
eine Wirkung nach außen?
Univ.-Prof. Dr. Haring, MSc: Ich möchte
erst auf den Beginn Ihrer Wortmeldung eingehen, wenn Sie sagen: "Ich muss zugeben, dass mein Vater …" Es ist sehr
schade, dass man das so formulieren muss.
Ich würde auch nicht sagen: "Ich muss zugeben, dass mein Vater an einem Schlaganfall verstorben ist." Oder an welcher
Krankheit auch immer. Wenn es dieses
Tabu gibt und wir darüber nicht als Erkrankung reden können, finde ich das schade.
Eine Leberzirrhose entwickeln Menschen
meistens nicht nur wegen des Alkohols,
sondern weil sie eine zusätzliche Erkrankung haben.
Ihre Frage habe ich befürchtet. Ich habe
mich umgehört, wie die Meinungen der