Gemeinderatsprotokolle seit 2002
Jahr: 2023
/ Ausgabe: 2023-07-13-GR-Protokoll.pdf
- S.33
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Menschen dazu sind. Sie sind sehr diametral und mit einer Antwort spaltet man. Spalten will ich nicht, das ist nicht meine Aufgabe. Ich sage Ihnen jetzt also nicht meine
fachliche, sondern meine persönliche Meinung. Ich habe sogar über alkoholfreies
Bier, Stillen, Laktation und Schwangerschaft
gelesen. Da steht beispielsweise, alkoholfreies Bier fördert den Milchfluss. Ich kann
mir vorstellen, dass das alkoholfreie Bier
aus bestimmten Gründen getrunken wird.
Wir sollten das nicht werten.
Grundsätzlich glaube ich, wenn da eine Flasche steht, weiß kein Mensch, ob das Bier
alkoholfrei ist. Die Wirkung nach außen ist
vielleicht eine ungünstige. Ich verurteile
nicht die 0,5 % Alkohol, sondern was die
Botschaft bedeutet. Dazu können natürlich
die Meinungen ganz unterschiedlich sein.
GRin Dengg: Vielen Dank für den Vortrag.
Ich frage Sie, gibt es ausreichend Unterstützung gerade für Familienangehörige von alkoholkranken Menschen, seien es etwa Kinder oder PartnerInnen?
Ich glaube nämlich, dass sie oft größeres
Leid erfahren als der oder die betroffene
Person selbst. Haben wir da also ausreichend Kapazitäten, um diese Leute sehr gut
zu unterstützen?
Univ.-Prof. Dr. Haring, MSc: Es ist insofern ein Problem, da viele Angehörige die
alkoholkranke Person zu uns bringen und
sagen: Therapiert einmal, weil mit mir hat
das nicht so viel zu tun! Wenn ich die Angehörigen einbinde, vermittle ich vielleicht die
Haltung, dass ich sie in das System, in die
Therapie integrieren möchte. Das wird nicht
gerne angenommen, auch wegen des Tabus, mit dem diese Thematik verbunden ist.
Wir bieten Angehörigengruppen an und
auch Beratung für Angehörige. Das gehört
bei der Suchthilfe zum normalen Portfolio.
Aber es ist nicht so, dass Begleitung und
Betreuung von Angehörigen uns überfordern würde. Vielleicht müsste man es auch
mehr bewerben.
Die Anteilnahme der Angehörigen wird auch
deshalb nicht so groß sein, weil sie ihre
eigenen Probleme damit haben.
GRin Dengg: Meine zweite Frage betrifft
Folgendes: Erst unlängst habe ich aus einer
Dokumentation erfahren, dass seit Corona
auch der Alkoholkonsum neben anderen
GR-Sitzung 13.07.2023
Drogen sehr gestiegen ist. Haben Sie auch
diesen Eindruck betreffend die Stadt Innsbruck und das Land Tirol?
Univ.-Prof. Dr. Haring, MSc: Ich habe
keine Zahlen dazu und glaube auch nicht,
dass es diese gibt. Wenn, dann greift man
auf Zahlen zurück, die bundesweit erhoben
wurden. Die sind sehr unterschiedlich.
Einerseits wird gesagt, dass der Pro-KopfVerbrauch an Alkohol gesunken ist. Andererseits gibt es jene - meistens sind das wir
- die meinen, dass er gestiegen ist.
Ich glaube, dass grundsätzlich der Konsum
der großen Masse eher gesunken ist. Es
hat das After-Work-Bier und andere soziale
Zusammenkünfte einfach nicht mehr gegeben. Wer in einem normalen Bereich Alkohol konsumiert hat, hatte weniger Gelegenheiten dazu und damit weniger konsumiert.
Ich denke aber, bei der Gruppe dieser 15 %
mit Abhängigkeit und schädlichem Gebrauch, ist der Konsum gestiegen. Der/die
Abhängige war noch einsamer, noch zurückgezogener. Auf diese Gruppe muss
man in diesem Zusammenhang schauen.
Vielleicht ist es gar nicht interessant, den
Pro-Kopf-Verbrauch allgemein zu betrachten, sondern den in dieser Gruppe und der
ist nach oben gegangen.
GR Lukovic, BA MA MA: Vielen Dank für
die Präsentation und die Informationen. Wir
haben ja in Österreich eine sehr ambivalente Situation. Einerseits haben wir einen
sehr hohen Alkoholverbrauch pro Kopf,
auch im Europavergleich, und andererseits
dieses immense Stigma der Suchterkrankung an und für sich. Es wurde bereits gesagt, was man in der Prävention machen
kann, gerade auch im jungen Alter, um zu
verhindern, dass es überhaupt zu einer
Sucht kommt.
Mich würde nun interessieren, was diesbezüglich im Erwachsenenbereich getan wird?
Was kann man an diesem gesellschaftlichen Klima ändern, es wird doch sehr viel
Alkohol getrunken. Man wird ja schon darauf angesprochen, wenn man am Abend
kein Bier bestellt? Was kann man bei Erwachsenen tun?
Univ.-Prof. Dr. Haring, MSc: Gute Frage.
Immer wenn es um Prävention geht, um ein
Suchtproblem, schauen wir auf die Jungen.
Da haben wir vielleicht nicht so das Problem