Gemeinderatsprotokolle seit 2002

Jahr: 2015

/ Ausgabe: 03-Protokoll_19.03.2015_gsw.pdf

- S.31

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stimmung gefunden. Ich habe aber zugesagt, von Amts wegen eine Prüfung vornehmen zu lassen, so wie es das Tiroler
Landes-Polizeigesetz (T-LPolG) vorsieht.
Für die Erlassung einer derartigen Verordnung müssen ja zunächst Erhebungen über
einen längeren Zeitraum an verschiedenen
Orten gemacht werden.
In den Unterlagen ist ersichtlich, wo diese
Untersuchungen stattgefunden haben. Der
heutige Antrag stellt eine Möglichkeit dar,
auf die Entwicklung, die man auch in vielen
anderen Städten vorfindet, zu reagieren. Ich
habe in den Diskussionen immer gesagt,
dass eine Kontingentierung für mich eine
optimale Variante wäre. Wenn die Anzahl
reguliert werden könnte, könnten auch BettlerInnen während der Marktzeiten anwesend sein. Bei der Einführung einer Kontingentierung müsste man natürlich auf eine
faire und gerechte Aufteilung achten. Diese
zahlenmäßige Einschränkung ist mit der
derzeitigen Gesetzeslage allerdings nicht
vereinbar. Da Gesetze aber von Menschen
gemacht sind, sind sie auch abänderbar.
Die ÖsterreicherInnen sind ja grundsätzlich
sehr spendenfreudig. Momentan haben
aber viele das Gefühl, wenn sie Geld geben, dann kommen noch mehr BettlerInnen
nach. Das ist die große Problematik. So sehen es auch die VerkäuferInnen der Straßenzeitung "20er". Sie waren früher in der
Bevölkerung anerkannt. Dadurch, dass jetzt
auch andere Zeitungen verkauft werden,
wie das "MO", und so viele BettlerInnen hier
sind (die meisten stammen aus Rumänien),
werden sie oft von den BürgerInnen in einen
Topf geworfen. Niemand bekommt mehr
etwas, weil es Bedenken gibt, dass durch
eine Spende noch mehr BettlerInnen angelockt werden.
Mit der derzeitigen gesetzlichen Lage ist eine Kontingentierung wie gesagt leider nicht
umsetzbar. Ich würde das als sinnvollste
Lösung erachten. BettlerInnen gehören zu
einer Stadt dazu, das ist gar keine Frage.
Es geht aber immer auch um das Ausmaß.
Wie bei einem Medikament ist letztlich die
Dosis das entscheidende Kriterium.
Noch einmal: "Generell" bedeutet im Hinblick auf den gegenständlichen Antrag, dass
während der Marktwochen auch das stille
Betteln verboten ist. Ich denke, das ist ein
guter Weg, einmal einen ersten Schritt zu
GR-Sitzung 19.03.2015

setzen. Ich hoffe aber darauf, dass es irgendwann eine andere gesetzliche Regelung geben wird. Vielleicht fällt anderen
Städten auch noch eine bessere Lösung
ein.
Die InnsbruckerInnen sind prinzipiell ja sehr
spendenfreudig und hilfsbereit. Wenn sie
aber den Eindruck haben, dass die BettlerInnen in großen Scharen kommen, dann
kippt die Stimmung und es hat letztendlich
niemand etwas davon. Der Zweck des Bettelns, nämlich Geld zu lukrieren (teilweise
ist das der einzige Lebensunterhalt), ist damit auch nicht mehr erfüllbar. Insofern bitte
ich, diesem Antrag zuzustimmen. Ich halte
die Verordnung für ausgewogen. Es ist ein
erster Schritt, durch den man viel Erfahrung
sammeln kann.
Ich kenne die Kritikpunkte. Diese Verordnung bezieht sich aber nur auf einen abgegrenzten Straßenbereich. Wir werden die
Entwicklung beobachten. Letztlich glaube
ich, dass dieser Vorschlag gut ist und vom
Gemeinderat so beschlossen werden sollte.
StR Pechlaner: Die vorliegende Verordnung erlaubt einen kurzen Blick hinter die
BettlerInnenszene. Wir leben in einem Europa der drei Geschwindigkeiten. Es wurden
Staaten in die Europäische Union (EU) aufgenommen, ohne dass es wirkungsvolle
Entwicklungs- und Förderprojekte für alle
Menschen in diesen Ländern gegeben hätte. Im Vordergrund dieser Politik steht die
Profitmaximierung für ganz wenige. Verschärft wird das Ganze durch die staatlichen Administrationen, die überhaupt kein
Interesse daran haben, gesellschaftlichen
Randgruppen eine Chance oder Perspektive für ein besseres Leben zu ermöglichen im Gegenteil. Sie sind froh, dass sie die
Randgruppen los sind. Davon können wir
uns tagtäglich auf unseren Straßen ein Bild
machen.
Diese Politik führt bekanntermaßen auch zu
jenen Wanderbewegungen, die wir kennen
und die nicht nur Innsbruck, sondern prinzipiell die Städte vor große und schwer lösbare Probleme stellen. Unterstützung gibt es
dafür keine. Die Städte werden in dieser
Frage wirklich allein gelassen. Das ist nicht
das Europa, das wir meinen. Wir wollen ein
soziales Europa, das die gesellschaftliche
Verantwortung ernst nimmt und wahrnimmt,
was momentan leider nicht der Fall ist. Ös-