Gemeinderatsprotokolle seit 2002
Jahr: 2009
/ Ausgabe: 2009_11-Dezember.pdf
- S.68
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in Frage stellt, - was aber auch legitim
wäre - sondern dass man der Erinnerungskultur, welche die Burschenschaft
Suevia dort pflegt, einen Hinweis hinzustellt, welche auf die Rolle des
Dr. Lausegger als Täter hinweist.
Es ist wichtig, dass wir solche Spuren in
der Stadt Innsbruck anbringen, da es
immer weniger Zeitzeugen von damals
gibt. Durch die lange Opferrolle, die wir in
Österreich pflegten, haben wir im Gegensatz zu Deutschland eine wenig ausgeprägte Tätererinnerungskultur. Ich sehe
darin überhaupt keinen Denkmal- oder
Grabsturm, sondern einfach einen Schritt,
der Erinnerungskultur der Burschenschaft
Suevia unsere Erinnerungskultur entgegenzusetzen, welche dem moralischen
Anspruch, auf dem unser System aufbaut,
gerecht wird. Das ist für mich ein ganz
legitimes und vor allem notwendiges
Ansinnen.
StR Dipl.-HTL-Ing. Peer: Die Problematik
liegt in der Kombination der Begriffe "Ehre,
Treue, Vaterland" und dem Namen von
Dr. Lausegger, wie es GR Mag. Fritz
bereits gesagt hat. In dem Antrag geht es
um die Anbringung einer Tafel und um die
freie Meinungsäußerung. Ich kann mich an
eine andere, ähnliche Diskussion erinnern,
wo die ÖVP ganz klar für die freie
Meinungsäußerung plädiert hat - ich sage
nur als Stichwort "Los von Rom". Deshalb
denke ich, dass man diesem Antrag ohne
Probleme zustimmen kann.
GR Grünbacher: Mich hat die Aussage
von GRin Dr.in Waibel ein wenig aus der
Fassung gebracht, wenn sie von Angst
bezüglich Reaktionen irgendwelcher
Skinheads spricht. Liebe KollegInnen, was
wir hier brauchen, ist Haltung. Ich kann
doch nicht aus dem Grund keine Aktionen
setzen, weil ich Angst vor der Reaktion
irgendwelcher Typen habe. Es geht hier
um basisdemokratische Werte und darum,
eine historisch und sachlich objektive
Darstellung anzubringen.
Wenn wir als Gemeinderat aus Angst vor
irgendwelchen rechten Reaktionären
kapitulieren würden, dann wären wir
wahrlich ein falsches Gremium.
GRin Dr.in Waibel: Zur tatsächlichen
Berichtigung! Soviel Blödsinn, wie in den
Wortmeldungen bezüglich meiner
GR-Sitzung 10.12.2009
Aussagen habe ich schon lange nicht
mehr gehört. Wenn es darum geht, dass
man eine geschichtliche Aufbereitung mit
Hilfe einer Tafel bietet und dies dann
vielleicht im Aktionismus endet, wäre das
meiner Meinung nach kontraproduktiv. Es
geht nicht um Mut oder Feigheit.
GR Gruber: Ich möchte noch einmal
versuchen, das Denken des Gemeinderates genau in dem Sinne zu erweitern, das
der Antrag eigentlich mit sich bringt. Wenn
man es durchdenkt, sollte man eine
derartige Tafel nicht anbringen.
Ich habe persönlich mit der Burschenschaft Suevia überhaupt nichts zu tun und
meine Weltanschauung entspricht nicht
jener, welche die Burschenschaft Suevia
vertritt. Die Aufarbeitung der Geschichte
des Nationalsozialismus und der agierenden Personen, welche sich quer durch alle
Parteien rekrutierten, ist notwendig und
richtig. Ich finde die Diskussion auch
wichtig, aber in Wahrheit wird mit diesem
Antrag das Kind mit dem Bade ausgeschüttet bzw. die falsche Maßnahme
gesetzt.
Es gibt ein Denkmal, welches einem
privaten Verein gehört. Der Verein steht
auf Basis der Gesetze und der Verfassung
der Republik Österreich. Die Burschenschaft Suevia hat schon seit über 250
Jahren die beiden Begriffpaare "Ehre,
Treue, Vaterland" und "Ehre, Freiheit,
Vaterland" verwendet. Dafür kann man sie
auch nicht bestrafen oder es wäre eine
Aufgabe für den österreichischen Verfassungsschutz.
Die Anliegen von GRin Eberl sind inhaltlich
korrekt, aber ich finde es nicht richtig, dass
man dieses eine Beispiel herauspflückt
und damit die Schuldigkeit in der Gedenkkultur als getan ansieht. Das ist zu kurz
gegriffen, denn dann müssten wir alle
Gedenkmäler bzw. Grabsteine quer durch
Europa durchforsten und mit solchen
Hinweistafeln ausstatten.
Ich möchte einfach, dass diese Diskussion
tiefgründiger und fundamentaler geführt
wird. Die ÖVP verurteilt diese damaligen
Geschehnisse genauso wie die anderen
Fraktionen. Aber die Konsequenz in
punkto Erinnerungskultur führen wir
offener und nachhaltiger. Ich glaube nicht,
dass es bezüglich der Erinnerungskultur