Gemeinderatsprotokolle seit 2002

Jahr: 2009

/ Ausgabe: 2009_12-Dezember-Budget-Teil2.pdf

- S.70

Suchen und Blättern in über 500 PDFs und 44.000 Seiten.





vorhergehende ||| nächste Seite im Dokument

Zur letzten Suche
Diese Ausgabe – 2009_12-Dezember-Budget-Teil2.pdf
Ausgaben dieses Jahres – 2009
Alle Ausgaben

Dieses Bild anzeigen/herunterladen
Gesamter Text dieser Seite:
- 924 -

stadt, Sportstadt und vor allem eine
Kulturstadt. (Beifall)
GRin Marinell: Ich möchte meine Rede auf
das Gedenkjahr 2009 beziehen, das sich
zu Ende neigt. Das Jahr war meiner
Meinung nach vordergründig von einem
konservativen Kulturverständnis mit viel
historischer Folklore geprägt.
Es haben Umzüge, Feiern, Feste,
Ausstellungen stattgefunden und Schokolade sowie Käse wurden unter dem
Namen "Gedenkjahr" produziert. Damit
wurde viel Umsatz gemacht. Auf einem
Foto war sogar die Kulturlandesrätin mit
einem Andreas-Hofer-Bier dargestellt. Das
ist nicht mein Ansatz zu einem Gedenkjahr.
Insgesamt gab es für mich zu wenig
kritische Reflexion und Auseinandersetzung zur Geschichte, zum Heldentum und
zum Mythos Andreas Hofer. Dennoch wird
das Bild des Freiheitskampfes ein
bisschen verändert, weil doch einige gute
Veranstaltungen stattgefunden haben und
die Person bzw. der Freiheitskampf etwas
differenzierter betrachtet wurden.
Beeindruckend war für mich die Ausstellung und Installation vom Arbeitskreis
KUNSTRAUM KIRCHE, welche von
mehreren Künstlerinnen und Künstlern
initiiert wurde. Unter anderem von Künstler
Franz Wassermann vor dem Innsbrucker
Dom unter dem Titel "Freiheit zwischen
Selbstbehauptung und Verblendung". Dort
habe ich heftige Kritik an der Verherrlichung und Mythisierung von Krieg und
Gewalt verspürt, das durch die Aufstellung
von Fahnen und Kreuzen symbolisiert
wurde. Das Gedenkjahr hat mich dann
etwas versöhnt, da es dazu doch noch
andere Ansätze gegeben hat.
Hervorheben möchte ich die Ausstellung
"HeldenFrauen-FrauenHelden - Kunst,
Kultur, Geschichten von Frauenzimmern",
die im Barockkeller und Gotischen Keller
der Hofburg stattgefunden hat. Diese
Ausstellung stellte das Frauenleben dar
und in den Mittelpunkt, in dem sie
versuchte das "Heldische" an sich zu
hinterfragen. Diese Helden-Entmystifizierung hat an mehreren Plätzen stattgefunden.

Unter dem Titel "Heimat - eine Suche?!
Frauen beheimaten?" fand ein fast
einzigartiges festliches Symposium statt.
Frauenorganisationen aus ganz Tirol mit
einem christlich-ökumenischen Hintergrund, Frauen aus der autonomen Szene
und aus vielen Organisationen haben im
"Haus der Begegnung" in einer Veranstaltung über den Begriff "Heimat" abseits von
Heldentum und Vaterland diskutiert. Es
war interessant, sozusagen einen neuen
Begriff für Heimat, Vergangenheit und
Heldentum ohne Kitsch zu finden. Mir hat
der Zusammenschluss der vielen Organisationen und Frauen sehr gut gefallen.
Es gab auch kleinere originelle Aktionen,
wie zum Beispiel die Umbenennung der
Andreas Hofer-Straße in Pippi Langstrumpf-Straße. Das hat mir sehr gut
gefallen, weil es wirklich originell war.
Eines ist in diesem Gedenkjahr völlig
untergegangen, nämlich das Gedenken an
die Ereignisse vor siebzig Jahren - den
Überfall Hitlers auf Polen, der am 1.9.1939
war und wodurch der zweite Weltkrieg
ausgelöst wurde. Der erste September ist
seit geraumer Zeit der internationale
Antikriegstag. Im September wird auch ein
internationaler Friedenstag der UNO
begangen.
Ich möchte darauf hinweisen, dass wir im
Kulturausschuss sehr wohl differenziert,
konstruktiv und auch innovativ über
unsere Vergangenheit bzw. die Geschichte Innsbrucks diskutieren. Zum Einen ist
auf Grund unserer Initiative über eine
Gedenktafel diskutiert worden. Hier geht
es darum, all jenen Innsbrucker Frauen
und Männern des politisch weltanschaulich motivierten Widerstandes gegen das
NS-Regime eine Gedenktafel zu widmen,
die nach Verhören oder Folterungen
Selbstmord verübten, während der Haft in
Konzentrationslagern verstarben oder
durch das Todesurteil hingerichtet wurden.
Mir ist bewusst, dass Tafeln und Schilder
alleine nicht genügen und nur wenig
bewirken können. Ich gehe aber davon
aus, dass es weder eine bequeme
Abkürzung noch einen Königsweg in der
Erinnerungskultur gibt, aber ich plädiere
für eine konsequente Friedensarbeit auch
in unserer Stadt. Das können Kulturprojekte und pädagogisch historische Projekte

GR-(Budget-)Sitzung 11.12.2009 (Fortsetzung der am 10.12.2009 vertagten Sitzung)