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Jahr: 2007

/ Ausgabe: 2007_04-April.pdf

- S.52

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- 286 -

Wir werden darüber noch sehr viel
diskutieren und glaube, dass sich hier
einige sehr kritisch verhalten werden. Ich
glaube, dass man hier wirklich kritisch sein
soll, denn dann kann dabei etwas Tolles
herauskommen. Für diese einmalige
Chance müssen wir jetzt die Rahmenbedingungen schaffen, indem diese Fläche
umgewidmet werden muss.
Die Aussage, dass die Mag.-Abt. III,
Stadtplanung, das "verschlampt" hat, hat
mir eigentlich ganz gut gefallen. GR Mag.
Fritz, ich bin sehr oft am Bergisel, da ich
mir all diese Dinge ansehe. Wenn hier
etwas verschlampt wurde, dann ist es der
"komische" Sportplatz, den ich mit einigen
Freiwilligen aufgeräumt habe. Ich habe
mich nämlich dafür geniert, was auf
diesem Sportplatz alles herumgelegen ist.
Das wurde dort verschlampt und sonst gar
nichts. (Beifall)
StR Mag. Schwarzl: Mich interessiert an
dieser Debatte vor allen Dingen die
Wertedebatte und ich bin unheimlich froh,
dass wir heute im Gemeinderat diese
Debatte führen. Ich habe eine sehr große
Wertschätzung gegenüber den unterschiedlichsten Werten, nur um bei dem
vorhin aufgeführten Rap anzuschließen:
"Keiner ist verrückt, ist politisch verrückt,
der andere Werte als die ÖVP hat". Ich
finde diese Debatten immer notwendig.
Bgm.-Stellv. Mag. Dr. Platzgummer,
deshalb möchte ich gerne bei Ihnen
anknüpfen. Sie haben dieses Projekt mit
den vielen Architekturwettbewerbsteilnehmerinnen bzw. Architekturwettbewerbsteilnehmern eingeleitet. Der Bergisel
ist einer der schönsten Orte. Wenn ich
eine Architektin bzw. ein Architekt wäre,
würde ich mich auch daran beteiligen, da
es sich um einen ganz prominenten Ort
handelt.
Sie haben gesagt, dass wir die Traditionen
pflegen, uns auf die Werte besinnen und
um die Heimat kämpfen sollen. Das ist
sehr wichtig, nur was wird darunter
verstanden? Dies ist für mich die spannende Frage in der Diskussion, weil auf
der einen Seite immer Geschichte mit
Mythologisierung von Geschichte verwechselt wird.
Andreas Hofer mit seinen Stärken und
Schwächen ist für mich, wie viele andere,
GR-Sitzung 19.4.2007

eine historische Gestalt. Als Historikerin
muss ich ihn aus seiner Zeit heraus
beurteilen und nicht von der Jetztzeit. Das
ist das eine. Das andere ist die Geschichte
der Mythenbildung um Andreas Hofer und
wie er in der jeweiligen Zeit immer für die
unterschiedlichsten politischen Interessen
gebraucht wurde, obwohl die Tiroler von
den Habsburgern "eine aufs Dach"
bekommen haben.
All das, gegen das die Tiroler gegenüber
den Franzosen gekämpft haben, haben
ihnen dann die Habsburger aufs Auge
gedrückt, und zwar beginnend bei der
Wehrpflicht bis hin zu neuen Steuern. Sie
sind nach der Restauration von den
Habsburgern durch Fürst Metternich
instrumentalisiert worden.
Dann wurde die Bewegung von 1809
gegen den aufkommenden Liberalismus
instrumentalisiert. Erst in den 60er-Jahren
des 19. Jahrhunderts ist der AndreasHofer-Kult zu einer Massenbewegung
geworden, nämlich genau in der Zeit, wo
die Habsburger-Monarchie begonnen hat,
sich zum Verfassungsstaat zu wandeln:
Das Österreichische Staatsgrundgesetz
1867, Religionsfreiheit usw.
Damals haben sich die Tiroler, die eine
andere Geschichte hatten, eine extreme
Volksmission, noch im 18. Jahrhundert,
ganz massiv gegen diese liberalen
Tendenzen schon in der HabsburgerMonarchie gewehrt. Dafür musste wieder
Andreas Hofer herhalten.
Andreas Hofer musste im ersten Weltkrieg
zur Mobilisierung gegen die Ententemächte herhalten. Dann war er plötzlich beim
Austrofaschismus ein wichtiger Mann und
wurde auch beim Nationalsozialismus
instrumentalisiert. Nach dem Nationalsozialismus war er plötzlich der erste Tiroler
Widerstandskämpfer. Es gibt sogar Fotos,
wo der "KP-Chef Fischer" zwischen Stalin
und Andreas Hofer abgebildet ist.
Andreas Hofer ist ein breites Betätigungsfeld für jene, die gerade an der Macht
sind. Ich behaupte, dass Andreas Hofer
nach wie vor auch für die ÖVP eine ganz
wichtige Identitätsfigur ist, weil der Kult
und Mythos um Andreas Hofer ein Stück
weit die Identität der ÖVP ausmacht. Das
ist alles legitim.